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Für alle Fälle notierte sich Franken eine Reihe von Zahlen und Angaben, die er von den Instrumenten ablas. Eine gründliche Auswertung dieser Ergebnisse und auch die Meßwerte aller vergangenen Beobachtungen, ihr gründliches Studium, Vergleiche und eine Tabellisierung nach verschiedenen Prinzipien würde später einmal vielleicht zu Aufschlüssen führen. Heute jedoch war er keinen Schritt weitergekommen.

Franken wollte schon abschalten, weil die Schlußzeichen aus dem Tonträger prasselten. Aber seltsamerweise hörten die Töne im Lautsprecher nicht auf. Nur waren es jetzt ganz andere Funksignale, fremde, unverständliche Zeichen. Franken starrte gebannt auf den Tonträger. Es verschlug ihm die Sprache. Seine Entgeisterung wich zuerst einer großen Verwunderung und dann einer vollen Bewunderung. Was er da hörte und was da leise aus dem Tonträger tönte, war ja fast zauberhaft. Seine Sinnesorgane vermochten diese Zeichen fast nicht zu erfassen, so eigentümlich und ganz anders geartet waren sie. Franken saß unbeweglich und lauschte.

Die fremden Funkzeichen perlten weiter und weiter. Das Elektronenband, das sich bei Empfang stets selbsttätig einschaltete, registrierte sie.

Eine starke, freudige Unruhe durchpulste den Funker. Ihm schien, als müßten diese Zeichen etwas sehr Wichtiges bedeuten.

Ganz unerwartet brachen sie ab. Franken verhielt sich abwartend. Er ließ auch das Elektronenband weiterlaufen. Der Funker hoffte, daß die Zeichen noch einmal einsetzen würden, aber der Tonträger schwieg. Erst in zwanzig Stunden würde wieder mit einem Empfang des Peilechos und der fremden Signale zu rechnen sein. Der Funker schaltete bedauernd die Empfangsgeräte und das Elektronenband ab.

Gedankenvoll ging Norbert Franken in seine Wohnkabine zurück. Er hatte sich das Elektronenband mitgenommen. In der Wohnkabine nahm er sein Wiedergabegerät vor, legte das Band auf und spielte es ab, einmal und noch einmal und immer wieder. Franken hatte sich die Hörkappe aufgesetzt, um die einzelnen Zeichen eingehender zu studieren und zu beurteilen. Stundenlang hörte Norbert Franken so den seltsamen Signalen zu. Immer wieder.

Zunächst waren die fremden Signale für ihn ein rätselhafter, unentwirrbarer Tonschwall. Franken fühlte sich wie von einer Meereswelle überspült. Nach und nach gewöhnten sich seine Ohren an diese noch nie gehörten Zeichen. Nach langer Zeit konnte der Funker endlich einige der Zeichen unterscheiden. Aber zu deuten oder gar zu entziffern vermochte er sie noch nicht. Er konnte sich auch noch nicht erklären, woher diese Zeichen kamen und warum sich das Peilecho derart gewandelt hatte.

Vergeblich versuchte Franken, unter den fremden Signalen ein bekanntes, ein den Peilzeichen ähnliches zu entdecken. Ab und zu machte er sich Notizen. Soviel hatte er aber inzwischen doch schon herausgefunden, nämlich, daß der fremde Funkspruch, wenn es überhaupt einer war, nur aus wenigen, sich ständig wiederholenden Tongruppen zu bestehen schien. Je länger er sie anhörte, um so mehr verloren sie ihre Kompliziertheit und um so einfacher erschienen sie ihm. Ihre Bedeutung blieb ihm dennoch verschlossen.

Durch diese sich ständig wiederholenden Tongruppen bekamen die Signale einen rhythmischen Charakter. Sie muteten grazil und zart, fast melodisch an. Die Signale schienen ganz und gar nicht menschlichem Denken entsprungen zu sein. Was sollten aber dann diese Signale darstellen? Es konnten nur Zeichen der Menschen von der Erde oder von einer ihrer Raumstationen und Raumschiffe sein. Es gab demnach also nicht nur Erscheinungen der Frequenzwandlung im Weltraum, sondern auch Erscheinungen der Signalwandlung, eine Ton- und Geräuschverstümmelung, schlußfolgerte Franken.

Unvermutet erschrak er und fuhr hoch. Er fühlte sich nicht allein im Raum. Jemand beobachtete ihn. Sein hastig suchender Blick blieb auf einer Frauengestalt haften. Es war Sagitta, seine Schwester. Franken atmete erleichtert auf.

„Verzeih, wenn ich dich erschreckt habe, Norbert“, sagte Sagitta. Sie saß in einer Ecke der Wohnkabine auf einer Polsterbank. „Ich bin schon seit zehn Minuten hier im Raum. Du warst ganz und gar in deine Beschäftigung vertieft und hast mich nicht bemerkt, als ich eintrat.“

Franken lächelte froh und winkte ab.

„Was fehlt dir? Du hast dich die ganze Zeit über recht eigenartig gebärdet. Du hast ganz starr und stumm dagesessen, mit der Pleone auf den Ohren. Dabei hast du ungläubig lächelnd die Wand angesehen. Was für eine Sache hast du denn da eigentlich?“

Norbert zog sie wortlos herbei, drückte sie in den Sessel und streifte ihr die Hörkappe über. Dann ließ er für sie noch einmal das Band ablaufen.

Das Gesicht seiner Schwester nahm schon nach wenigen Sekunden einen verwunderten, zutiefst erstaunten und betroffenen, fast ängstlichen Ausdruck an. Ein wenig vorgebeugt, lauschte sie gespannt mit geneigtem Kopf. Als die Spule abgelaufen war, schüttelte sie sich, als werfe sie etwas Unbehagliches ab.

Norbert nahm ihr den Kopfhörer ab. Neugierig, aber geduldig wartete er, bis sich Sagitta gesammelt hatte, um ihre Meinung zu dem Gehörten äußern zu können. Fragend ruhten seine Augen auf ihr.

„Ich habe wirklich nichts verstanden“, sagte sie schließlich bedrückt. „Ist das eine neuartige Musik? Sie verwirrt mich. Es war unsagbar fremdartig. Ich habe so etwas noch nie gehört. Die Art der Töne ist kaum zu begreifen. — Was ist das, Norbert? Wo hast du diese beängstigende Musik her? Ich weiß nicht, soll ich sie schrecklich oder soll ich sie wunderbar nennen?“

„Es ist keine Musik. Was du gehört hast, waren Funksignale. Was für welche, kann ich dir leider auch nicht sagen. Ich versuche schon seit zwei Monaten eine Erklärung dafür zu finden. — Vermutlich sind es unsere eigenen Peilzeichen beziehungsweise die Peilzeichen unserer Flottille, die als Echo aus dem Weltraum zurückkehren. Das ist alles sehr eigenartig. Die Zeichen kommen auf einer ganz anderen Frequenz zurück. Zuerst haargenau als unsere Signale und seit heute auch gleich danach in Form dieser komischen Töne. Mir scheint, daß es im Weltraum Umstände gibt, die Radiosendungen verformen. Es gibt also so etwas wie eine Frequenzwandlung und auch so etwas wie eine Tonwandlung. Möglicherweise sind es Kraftfelder, die diese Funkverformung verursachen. Aber wer strahlt diese Sendungen aus, frage ich mich? Sind es Versuchssendungen der Erde? Das alles sind Fragen, auf die ich keine Antwort weiß, auf die es aber eine Antwort geben muß.“

„Warum beschäftigst du dich allein damit, Norbert?“ fragte Sagitta. „Du wirst keine Antwort auf diese Frage finden, wenn du hier in deinem stillen Kämmerlein grübelst. Warum fragst du nicht andere nach ihrer Ansicht zu dieser Erscheinung? Mit Hilfe der anderen wirst du einer Lösung bestimmt viel schneller näherkommen.“

„Funktechnische Untersuchungen gehören nicht zu unserem Forschungsprogramm“, antwortete Norbert, während er das Wiedergabegerät wegräumte. „Bevor man sie im Forschungsprogramm aufnimmt, muß es Anhaltspunkte geben, die stichhaltig sind. Ich muß deshalb gewisse Ergebnisse und bestimmte Erkenntnisse über das Peilecho selbst finden. Es wird sich auch niemand von unseren Raumgefährten ernstlich Gedanken über diese Erscheinungen machen. So, wie Mirsanow und Lorcester mit der Erforschung der Antiteilchen voll und ganz beschäftigt sind, so haben alle anderen, ein jeder auf seinem Spezialgebiet, vollauf zu tun. Ein gelegentlicher Gedankenaustausch mit diesem oder jenem hilft mir auch nicht weiter. Man wird sich höchstens lustig über mich machen. Frequenzwandlung gibt es nicht, das ist buchstäblich Quatsch, werden sie sagen.“

„Trotzdem Norbert. Du solltest die Hilfsbereitschaft der anderen nicht unterschätzen. Du findest mit diesem Problem bestimmt Verständnis bei ihnen.“

„Nein, nein, laß es gut sein“, sagte Franken ungeduldig. Er brach die Unterhaltung über das Peilecho ab. „Ich habe noch kein Mittag gegessen. Kommst du zur Speisekabine mit?“ fragte er.