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Noch immer sah Mirsanow dem Piloten über die Schulter. Er konnte beobachten, wie Kioto Yokohata nach diesen Zahlenwerten und mit Hilfe des Funkleitmessers die Rakete auf den Funkleitstrahl einsteuerte. Es machte Freude, dem Piloten zuzusehen-. Kioto Yokohata ging ganz und gar in seiner Arbeit auf. Er verschmolz mit seiner Rakete zu einem Ganzen.

Mirsanow starrte ebenso wie der Pilot auf den Funkleitmesser, einen nur handgroßen opalisierenden Leuchtschirm. Auf ihm waren vier Kreise und ein Kreuz angedeutet. Als Frankens Stimme im Tonträger „vier“ zählte, begann der Schirm schwach zu schimmern. Die Rakete näherte sich demzufolge dem Leitstrahl. Bei „drei“ leuchtete der äußerste Kreis gelb auf. Bei „zwei“ flackerte der nächste, und zwar orange. Mit vorsichtigen Steuerausschlägen pendelte der Pilot die Rakete auf den richtigen Kurs ein. Bei der Zahl „eins“ glühte der innere Ring rot auf, und bei „null“ strahlte das Zentrum der Scheibe grün. Dies war das Zeichen dafür, daß der Pilot nunmehr genau auf dem Funkleitstrahl entlangsteuerte. Nur einmal flackerte noch kurz der rote Ring auf, weil der Japaner doch noch etwas vom Kurs abgekommen war.

Der Funkleitstrahl führte die Aufklärungsrakete spitzwinklig auf die Flugbahn des Asteroidenjägers 417 zu. Weit vor diesem Raumschiff schnitt der Leitstrahl den Weg des Schiffes. War dieser Schnittpunkt erreicht, mußte Yokohata auf den neuen Funkleitstrahl von AJ-417 einschwenken, den Flug abbremsen und warten, bis die Aufklärungsrakete vom großen Raumschiff eingeholt und im Rumpf aufgenommen wurde. Nach etwa zehn Minuten meldete sich ein fremde Stimme aus dem Tonträger.

„Achtung Kolibri. Hier AJ-417. In dreißig Sekunden kreuzt Kolibri unsere Flugbahn.“

Kioto hatte schon auf die Stimme des Funkers von AJ- 417 gewartet. „Hallo 417 — hier Kolibri — ich bin bereit.“

In rascher Folge wurden jetzt Zahlen und Kurswerte zur Kontrolle der Instrumente beim Einsteuern auf den neuen Leitstrahl herüber- und hinübergerufen. Mirsanow vermochte bald nicht mehr zu folgen. Die Kennwerte, die Angaben über Geschwindigkeitsdifferenzen und über Winkelverschiebungen verwirrten sich in seinem Kopf zu einem undurchdringlichen Gestrüpp. Mirsanow hatte zuwenig Übung auf diesem Gebiet der Pilotentechnik. Der Professor bewunderte Kioto Yokohata, dem dieses Zahlengewirr nicht die geringsten Schwierigkeiten zu machen schien.

Selbst das Funkleitgerät erweckte den Eindruck, als sei es völlig durcheinandergeraten. Es flackerte auf allen Kreisen wie bei einem Miniaturgewitter. Dann kam Ordnung in die bunten Irrlichter auf der opalisierenden Scheibe. Die vier Ringe zerfielen in Halbkreise, vom senkrechten Strich des Kreuzes getrennt. Auf der linken Seite wanderten die Farben von innen nach außen, von grün über rot nach orange und gelb. Sie zeigten an, daß die Rakete immer mehr vom ersten Leitstrahl abwich. Auf der rechten Seite war es umgekehrt. Dort leuchtete zuerst der gelbe, äußere Halbkreis auf, dann blinkte der apfelsinenfarbene Halbkreis, der rote, und schließlich leuchtete das grüne Zentrum.

Die kleine Aufklärungsrakete „Kolibri“ war auf den neuen Funkleitstrahl eingeschwenkt und flog nunmehr mit großem Abstand vor dem Asteroidenjäger 417 her. Kioto Yokohata schaltete das Triebwerk auf die Bugdüse um und bremste stark ab, damit das Raumschiff die kleine Rakete einholen konnte. Nach zwei Minuten war die Geschwindigkeit so weit vermindert, daß sich das große Raumschiff der kleinen Rakete rasch näherte.

Nach kurzer Zeit ließ sich wieder die Stimme des Funkers hören: „Achtung Kolibri! 417 hat bis auf wenige Kilometer Abstand aufgeholt. Unsere Geschwindigkeit beträgt 16,073 Kilometer je Sekunde. Kolibri muß seine Geschwindigkeit wieder etwas steigern, und zwar auf 16,072 Kilometer je Sekunde.“

Der Pilot tat, wie ihm geheißen. Er ließ die Heckdüse anlaufen und steigerte mit kleinen Stößen des Triebwerkes die Schnelligkeit. Kaum hatte die Aufklärungsrakete die erforderliche Schnelligkeit erreicht, als auch schon helles, scharfgebündeltes Scheinwerferlicht von weit hinten in die Kabine fiel. Das sich langsam nähernde Raumschiff suchte die kleine Rakete und steuerte sich genau auf sie ein. Näher und näher kam der Scheinwerfer. Schließlich schob sich wenige Meter über dem Kabinendach die Spitze eines gewaltigen Rumpfes heran. Ein kräftiger Stoß erschütterte das kleine Fahrzeug, und gleich darauf hatte sie der Asteroidenjäger in der Katapultkammer des Bugraumes aufgenommen.

Die drei Raumfahrer mußten sich einige Augenblicke gedulden, bis sich die Schleusentore hermetisch verschlossen hatten und der Bugraum wieder mit Luft angefüllt war. Dann flammte das Deckenlicht des Katapultraumes auf. Man war wohlbehalten an Bord des Asteroidenjägers 417 angekommen.

Die drei schnallten sich von ihren Sitzen los, streiften ihre Raumanzüge ab und kletterten aus der Kabine.

Inzwischen waren einige Besatzungsmitglieder von AJ- 417 in den Raum getreten. Man begrüßte sich herzlich mit kräftigem Händedruck und mit den üblichen Begrüßungsworten: „Gruß unserer Erde!„

Mirsanow, der Navigator und der Pilot wurden zum Kommandanten des Schiffes geleitet. Er kam ihnen jedoch bereits auf dem Gang entgegen. Der Kommandant von AJ- 417 war erstaunlich jung. Er mochte kaum mehr als dreißig Jahre zählen. Sein Können und seine Leistungen mußten beachtlich sein, wenn man ihm in so jungen Jahren schon ein Raumschiff anvertraute.

Der junge Kommandant begrüßte seine Gäste mit einem jungenhaften Lächeln. Er hakte ganz unzeremoniell den Navigator und den Piloten unter und führte sie ohne Umschweife in die große Gemeinschaftskabine.

Diese Gemeinschaftskabine war wie der Raum der Ethik auf AJ-408 ausgestattet. Der saalartige Raum war voller Menschen. Alle, die dienstfrei waren, hatten sich eingefunden. Ein großer Teil von ihnen hatte sich aus Anlaß der Ablösung festlich gekleidet. Die übrigen Besatzungsmitglieder hatten entweder noch ihren weißen Laborkittel, ihren grauen Montageanzug oder ihren grünen Sicherheitsanzug an. Sie waren offensichtlich von ihrer Arbeit gleich hierher geeilt.

Mirsanow erkannte mit Staunen, daß nicht nur der Kommandant, sondern alle Besatzungsmitglieder des Asteroidenjägers, die Wissenschaftler wie auch die Techniker, junge Menschen waren. Er, Yokohata und der Navigator befanden sich also auf einem Raumschiff der jungen Generation. Das berührte den älteren und erfahrenen Wissenschaftler eigenartig. Er fand es großartig, daß sich hier junge Menschen furchtlos an die Front der Wissenschaft gestellt harren, um im großen Ringen der Menschheit um neue Erkenntnisse und um die Sicherheit in der Raumfahrt in der vordersten Reihe, weit weg vom Heimatplaneten, im Weltraum ihren Mann zu stehen. Auf diese neue Generation konnte man stolz sein.

„Astronauten!“ rief der junge Kommandant, energisch mit der Hand durch die Luft wischend. Augenblicklich verstummten alle Stimmen, und aller Augen richteten sich zur Tür auf Mirsanow, den Navigator und den Piloten. „Die Stunde der Rückkehr zur Erde ist nahe. Die Kameraden des Asteroidenjägers 408 sind eingetroffen und sind jetzt hier bei uns an Bord, um unsere Aufgaben zu übernehmen.„Der junge Kommandant wandte sich den Gästen zu und sagte: „Wir alle begrüßen euch herzlich und heißen euch willkommen.“

Nach dieser kurzen Begrüßung sprach er noch einmal zu seiner versammelten Mannschaft. Der Schalk saß ihm in den Augenwinkeln, als er sagte: „Ich nehme an, daß es euch sehr leid tut, zur Erde zurückkehren zu müssen. Ihr würdet sicher gern noch ein Jahr hier draußen im Weltraum bleiben, nicht wahr?“

Ein an Stimmaufwand nicht zu überbietendes Durcheinander brach los. Die jungen Raumfahrer protestierten entrüstet, schimpften auf ihren Kommandanten oder lachten. Mirsanow blickte erstaunt um sich. Die Stimmung auf diesem Schiff ist nicht besonders gut, dachte er. Doch dann wiederum schien ihm dieser Lärm gewollt. So unbekümmert konnten sich nur junge Menschen verhalten, die sich gut verstanden. Mirsanow bemerkte dann auch, wie man hier und da einander zuzwinkerte. Da stieg in ihm die Vermutung auf, daß der junge Kommandant diesen Umgangston in die Mannschaft hineingetragen hatte, weil er den jungen Kosmonauten seiner Besatzung, die doch alle das erstemal für so lange Zeit im Weltraum waren, damit am ehesten helfen konnte, über depressive Stimmungen, über Heimweh zur Erde, hinwegzukommen. Solche Depressionen waren bei fast allen Raumfahrern unausbleiblich angesichts der Leere, der Dunkelheit und der Stille des Alls. Auch später merkte Mirsanow, daß man auf diesem Schiff der jungen Generation gern lustig war und scherzte.