Выбрать главу

Der junge Kommandant war mit seinen Gästen abwartend an der Tür der Erholungskabine stehengeblieben. Er schmunzelte.

Schließlich verebbten die Proteste. Einer von der Besatzung trat an die Besucher heran, gebot Ruhe und sagte: „Damit unsere Gäste, die uns ablösen, kein falsches Bild von uns bekommen, möchte ich doch im Namen aller etwas sagen. In den vergangenen Monaten hat es wohl keinen unter uns gegeben, der nicht mindestens einmal von dem Tag geträumt hat, da er wieder auf der Erde ist, sich unter blauem Himmel in den goldenen Strahlen der Sonne baden, durch grüne Wiesen und Wälder gehen und das Zwitschern der Vögel hören kann. Wir freuen uns schon alle darauf, zur Erde zurückfliegen zu können…“

Mirsanow sah sich den jungen Mann, der da für die gesamte Besatzung sprach, genauer an. Der Sprecher hatte ein frisches Gesicht, einen offenen Blick und eine sportlich trainierte, schlanke Gestalt. Seine Kleidung, Hemd und lange Hose, war einfach, zweckmäßig, leicht und etwas salopp. Unter dem offenen Hemd mit den kurzen Ärmeln trug er noch so etwas wie einen wärmenden quergestreiften Pulli, über die linke Schulter hatte er sich seinen Laborkittel geworfen.

„…Aber wir alle empfinden auch, daß die elf Monate, die wir im Verband der Flottille operierten, längst nicht ausgereicht haben, unseren Tatendurst, unsere Neugier und unseren Forscherdrang zu befriedigen. Wir haben Ergebnisse bei der Meteoritenjagd gehabt, und wir sind auch ein beträchtliches Stück bei unseren wissenschaftlichen Forschungsaufgaben vorangekommen. Jeder von uns möchte diese Erfolge fortsetzen und weiter ausbauen. Mancher von uns wird nur ungern seine Arbeit, an der er fast ein Jahr lang tätig war, aus der Hand geben. Jeder von uns nimmt Probleme mit sich zur Erde, an denen er zu Hause weiterarbeiten wird. Alles in allem, wir freuen uns auf die Rückkehr zur Erde, aber wir wären, wenn man es von uns verlangen würde, auch bereit, noch einmal ein Jahr im Kosmos zu bleiben.“

Von allen Seiten nickte man ernst und zustimmend.

„Übrigens“, nahm der Kommandant nun wieder das Wort, sich an Mirsanow wendend, „dieser junge Freund, der eben für alle gesprochen hat, fährt mit Ihnen. Es ist Henry Lorcester, Ihr neuer Mitarbeiter. Er ist bereit, mit euch zu fliegen, und mancher von uns beneidet ihn.“

Mirsanow war angenehm überrascht. Er schüttelte dem jungen englischen Wissenschaftler erfreut die Hand und schlug ihm kräftig auf die Schulter. „Es freut mich, Sie kennenzulernen, Henry. Wissen Sie schon, welche Aufgaben wir beide zu lösen haben?“

Der Kommandant unterbrach Mirsanow lachend:

„Ihr habt noch Monate Zeit, euch über eure Arbeit zu unterhalten. Jetzt will ich euch erst einmal durch das Schiff führen. Wenn AJ-408 an unsere Stelle tritt, dann sollt ihr euch auch davon überzeugen, daß bei uns alles in Ordnung ist und daß bisher alles wie am Schnürchen lief.“

Während der junge Kommandant und Henry Lorcester den Navigator und Mirsanow zum Rundgang durch das Schiff und zur Beurteilung der Forschungsergebnisse in die Laboratorien führten, zog es Kioto Yokohata vor, im Kreis der versammelten jungen Leute zu bleiben. Ihm imponierte ihre frische, unzeremonielle Art. Er fühlte sich sofort wohl unter dieser jungen Besatzung. Man nahm den Piloten der Kolibri-Rakete in die Mitte. Gleich die erste Frage, die man an ihn richtete, war typisch für ihre Wesensart und paßte so recht zu dem offenen und geraden Gebaren dieser Besatzung.

„Was habt ihr uns denn zum Abschied mitgebracht? Pack mal aus“, verlangte jemand.

„Was wünscht ihr euch denn so im einzelnen?“ antwortete Kioto mit einer Gegenfrage.

„Pilot, sei ruhig, sage nichts. Wir werden raten!“ rief es aus dem Ring, der sich um den Gast von AJ-408 gebildet hatte.

Es wurde auf einmal sehr still.

„Ich möchte einen Schmetterling flattern sehen“, sagte leise eine Frauenstimme versonnen. „Und dann möchte ich dabei eine Weizenähre zwischen den Fingern fühlen.“

Ein junger Techniker, der dicht vor dem Piloten stand, sagte: „Hast du einen Kiesel für mich? Ich möchte mal wieder einen echten Stein von der Erde in der Hand halten, ein Steinchen, aus dem Bachbett oder einen Kiesel vom Meeresstrand.“

Ein Dicker, der etwas weiter hinten stand und der merkte, daß sich eine sentimentale Stimmung breitmachen wollte, rettete die Situation und schrie: „Eine große Torte haben sie uns mitgebracht, groß wie ein Wagenrad, und einen Ochsen am Spieß!“

Alles lachte über den eßlustigen Dicken.

„Geht doch nachsehen, was wir euch mitgebracht haben“,forderte Kioto Yokohata die gleichaltrigen Kosmonauten von AJ-417 auf. Das war ein Signal. Alles stürzte zur Tür hinaus. Es war wie auf einer großen übermütigen Geburtstagsgesellschaft. Kioto wurde mitgerissen. Lärmend und polternd lief man die Gänge entlang zum Bugraum. Kioto öffnete die Frachtluke seiner Rakete. Viele Hände griffen zu, um die Behälter herauszuheben. Gemeinsam trug man sie fort. Mit großem Hallo wurden die Blumen begrüßt. Sie wurden sogleich an Ort und Stelle verteilt. Manche, vor allem die Frauen, machten keinen Hehl aus ihren Gefühlen und aus ihrer Freude und Begeisterung. Blumen, auf der Erde gewachsen, wie schön das war. Ein jeder atmete den Duft seines Straußes tief ein.

Als alle wieder im Gemeinschaftsraum beisammen waren, wurden die Behälter geöffnet. Das ging nicht ohne Faxen und Hokuspokus. Der eine der Behälter wurde gewollt feierlich, mit gemimter Würde und übertriebenem Pathos aufgeriegelt. Eine andere Gruppe junger Kosmonauten hatte sich um einen zweiten Behälter geschart. Dieser wurde zuerst einmal mit Simsalabim und Abrakadabra beschworen. Es war eigenartig zu sehen, wie diese modernen Zauberer der Chemie und Physik tiefstes Mittelalter und fernste menschliche Vergangenheit zum Scherz nachahmten. Endlich riß jemandem die Geduld. Er griff zu und schlug den Deckel auf. Lautes Ah und Oh lief durch die Reihen.

Obenauf lagen rotbäckige Äpfel, die Kioto sofort verteilte. Darunter waren verschlossene Kunststoffschalen mit Erdbeeren eingelagert. Ein anderer Transportbehälter enthielt Birnen und Bananen, ein dritter Ananas und Apfelsinen, ein vierter Kakipflaumen und Weintrauben. Nahezu alle Sorten Obst wurden ans Licht befördert.

Die Ladung Früchte munterte die ohnehin schon lebhafte junge Gesellschaft zusehends noch mehr auf. Man begann geschäftig hin und her zu eilen. Trällernd und lärmend wurde Geschirr herbeigeschafft. Das Obst, dessen starker erfrischender Geruch sich mit dem Duft der Blumen mischte, wurde auf Schalen verteilt. Man schob die Tische zu kleinen Festtafeln zusammen, bedenkenlos die beschleunigungssicheren Ver-schraubungen der Tischbeine vom Boden lösend. Die Blumen und die übervollen Obstschalen wurden zu schönen Gruppen auf der Tafel arrangiert. Zum Schluß brachten die Gastgeber noch Gläser und Wein. Durch die tatkräftige Mitarbeit so vieler Hände war die Arbeit schnell getan, so daß man sich jetzt noch etwas gedulden mußte.

Schließlich kamen Mirsanow und Lorcester, der Navigator und der Kommandant von ihrem Rundgang zurück. Das kleine Fest, welches für die einen das Ende der Fahrt durch den Weltraum und die Rückkehr zur Erde und für die anderen der Anfang zu einer gefahrvollen und ergebnisreichen Arbeitsperiode zwischen den Sternen bedeutete, konnte beginnen.

Mirsanow, der sich dem zwangslosen Umgangston der jungen Besatzung angepaßt hatte, erhob, kaum daß man ihn zu seinem Platz geleitet hatte, sein Glas. „Junge Kosmonauten! Ich habe mich bei meinem Rundgang durch euer Schiff davon überzeugen können, daß ihr, obwohl ihr ohne kosmische Erfahrung gewesen seid, eure Arbeit als Asteroidenjäger und auch eure Arbeit als Forscher ordentlich gemacht habt. Ich bin im Namen des Kommandanten und der Besatzung von AJ-408 bereit, den Platz eures Raumschiffes in der Flottille der Asteroidenjäger einzunehmen. Ihr habt eure Raumtaufe in Ehren bestanden. Ich erhebe mein Glas und stoße auf eure Leistungen und auf eure glückliche Rückkehr zur Erde an.“