Dann machte Fuchs auf dem Absatz kehrt und ließ die beiden Schlägertypen stehen; sie wirkten konsterniert und unsicher. Fuchs ging ruhig und gemessenen Schritts davon und bemühte sich, möglichst wenig Staub aufzuwirbeln. Die beiden sollten nicht glauben, dass er von ihnen davonlief; sie sollten aber auch nicht sehen, dass ihm die Beine zitterten. Und sie sollten schon gar nicht auf die Idee kommen, dass die Sache mit dem Sender nur ein Bluff war, um sie loszuwerden.
Als er zu Hause ankam, zitterte er noch immer, doch nun vor Wut. Amanda begrüßte ihn vom Computerschreibtisch aus mit einem reizenden Lächeln. Fuchs sah beim Blick auf den Wandbildschirm, dass sie Waren bestellte, um das Lagerhaus damit zu bestücken. Die meisten Maschinenteile und Elektroausrüstung orderte sie bei der Astro Corporation. Und dann bestellte sie bei anderen Firmen Proviant und Bekleidung. Er ging ins Bad, als sie gerade sehnsüchtig auf die neueste Mode von der Erde schaute.
Als er den Raum wieder betrat, war sie mit dem Computer fertig. Sie legte ihm die Arme um den Hals und küsste ihn.
»Was möchtest du zum Abendessen?«, fragte sie. »Ich habe gerade eine Ladung Meeresfrüchte von Selene bestellt; ich sterbe vor Hunger.«
»Mach einfach irgendetwas«, sagte er, löste sich von ihr und setzte sich an den Computertisch.
»Wirst du fertig sein, wenn die Lieferung eintrifft?«, fragte Amanda und ging zur Tiefkühltruhe.
Fuchs, der am Computer saß und den Blick auf die Anzeige des Wandbildschirms gerichtet hatte, nickte knapp. »Ja, ich werde fertig sein«, murmelte er.
Amanda sah, dass er die Spezifikationen für tragbare Laser studierte.
»Das sieht doch wie der Laser aus, mit dem dieser Buchanan Ripley getötet hat«, sagte sie mit einem leichten Stirnrunzeln.
»Ist er auch«, sagte Fuchs. »Mich wollte er ebenfalls damit töten.«
»Ich habe schon sechs Stück bestellt und eine Option auf ein weiteres halbes Dutzend.«
»Ich spiele mit dem Gedanken, auch einen für mich zu bestellen«, sagte Fuchs.
»Für die Starpower?«
Er schaute mit grimmigem Gesicht zu ihr auf. »Für mich selbst«, sagte er. »Zur Verteidigung.«
Kapitel 23
Die Starpower drehte sich träge am dunklen Sternenhimmel über Ceres. Seltsam, sagte Fuchs sich, als er an Bord des Zubringers ging, dass der Himmel trotz der vielen Sterne immer noch so schwarz war. Das sind andere Sonnen, sagte er sich — Milliarden Sonnen, die ihr Licht seit Äonen ins All schleuderten. Und doch wirkte hier, auf der geröllübersäten Oberfläche von Ceres, die Welt dunkel und voller bedrohlicher Schatten.
Fuchs schüttelte den Kopf im Kugelhelm, erklomm die Leiter und duckte sich durch die Luke des Zubringers. Es hat keinen Sinn, den Anzug abzulegen, bevor ich in der Starpower bin, sagte er sich. Es würde nur zehn Minuten dauern, bis der Zubringer ihn von der Oberfläche des Asteroiden zu seinem wartenden Schiff gebracht hätte.
Das Habitatmodul des Zubringers war eine Kuppel aus Glasstahl. Es waren schon zwei andere Prospektoren an Bord, die darauf warteten, zu ihren Raumschiffen gebracht zu werden. Fuchs grüßte sie flüchtig über den Anzugsfunk.
»He, Lars, was gedenkst du wegen des Habitats zu tun?«, fragte einer von ihnen.
»Ja«, fiel der andere ein. »Wir haben gutes Geld in den Bau investiert. Wann wird es fertig, damit wir einziehen können?«
Fuchs sah ihre Gesichter durch die Helme. Sie schauten nicht anklagend, nicht einmal ungeduldig. Wenn überhaupt, dann wirkten sie neugierig.
Er rang sich ein Lächeln für sie ab. »Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit, einen neuen Projektingenieur einzustellen, der Ripley ersetzt.«
»Ach so. Tut mir Leid um den Ripper.«
»Du hast eine gute Tat vollbracht, Lars. Dieser Bastard hat den Ripper kaltblütig ermordet.«
Fuchs quittierte ihr Lob stumm mit einem Kopfnicken. Die Stimme des IAA-Controllers ertönte und meldete, dass der Zubringer in zehn Sekunden abheben würde. Der Computer spulte den Countdown herunter.
Die drei mit Raumanzügen bekleideten Männer standen im Habitatmodul; es gab hier keine Sitzgelegenheiten und überhaupt keine Ausstattung außer einem T-förmigen Pult, das die Steuerung des Schiffs übernahm — die für diesen kurzen Flug aber nicht gebraucht wurde — und Fußschlaufen am Boden, um die Passagiere in der Mikrogravitation am Boden zu halten.
Beim Abheben war kaum mehr als ein sanfter Ruck zu spüren, doch dann löste das Schiff sich so schnell von Ceres’ vernarbter, geröllübersäter Oberfläche, dass Fuchs sich der Magen umdrehte. Ehe er die aufsteigende Galle hinunterzuschlucken vermochte, waren sie auch schon in der Schwerelosigkeit. Fuchs hatte sich in der Schwerelosigkeit noch nie wohl gefühlt; doch er fügte sich darein, während der IAA-Controller den Zubringer per Fernsteuerung zum Schiff der anderen zwei Männer manövrierte, das im Orbit geparkt war. Dann musste es den Asteroiden fast umkreisen, um zur Starpower zu gelangen.
Fuchs spielte mit dem Gedanken, einen Ersatz für Ripley einzustellen. Die Finanzierung fürs Habitat war halbwegs gesichert. Er hatte Amanda mit dieser Aufgabe betraut. Sie wird es tun müssen, sagte Fuchs sich. Sie wird sich auf ihr Urteilsvermögen verlassen müssen; ich habe genügend andere Dinge zu tun.
Andere Dinge. Er zuckte innerlich zusammen, als er sich an die Worte erinnerte, die er Humphries im Zorn entgegengeschleudert hatte: Ich habe Militärgeschichte studiert … ich verstehe es zu kämpfen. Wie pathetisch! Was wirst du nun tun; losfliegen und Humphries’ Schiffe abschießen? Seine Mitarbeiter töten? Was wirst du damit erreichen, außer dass du verhaftet oder vielleicht sogar getötet wirst? Du denkst zu viel, Lars Fuchs. Du gerätst zwar schnell in Rage, doch dann macht das Gewissen dir wieder einen Strich durch die Rechnung.
Er hatte sich mit dem Gedanken getragen, HSS-Schiffe zu zerstören. Ich sollte es Humphries mit gleicher Münze heimzahlen. Aber er wusste, dass er dazu nicht imstande war.
Nach all den großen Worten und dem heißen Zorn fiel ihm schließlich nichts anderes ein, als einen Asteroiden zu suchen, einen Anspruch darauf anzumelden und zu warten, bis Humphries’ gedungene Mörder ihn aufspürten. Dann hätte er den erforderlichen Beweis, um die IAA zu veranlassen, offizielle Maßnahmen gegen Humphries zu ergreifen.
Falls er das überhaupt überlebte.
Als das Zubringer die Starpower erreicht und an der Hauptluftschleuse angelegt hatte, betrat Fuchs sein Schiff und entledigte sich des Raumanzugs. Er war dankbar für das Gefühl der Schwere, die der Spin des Schiffs ihm vermittelte. Der kühne Rächer, sagte er sich selbstironisch. Will sich selbst als Köder anbieten, um Humphries zur Strecke zu bringen. Ein Lamm, das einem Tiger eine Falle zu stellen versucht.
Als er übellaunig die Brücke betrat, stach ihm schon der gelbe Schriftzug SIE HABEN EINE NACHRICHT ERHALTEN auf dem Kommunikationsbildschirm in die Augen.
Er wusste, dass die Botschaft von Amanda kam.
Und wirklich füllte ihr schönes Gesicht den Bildschirm aus, als er die Nachricht aufrief.
Doch sie schaute besorgt und betrübt.
»Lars, es ist wegen George Ambrose. Sein Schiff wird vermisst. Vor ein paar Tagen ist plötzlich der Funkkontakt abgebrochen. Die IAA bekommt nicht einmal mehr seine Telemetrie. Sie befürchten, dass er tot ist.«
»George?« Fuchs starrte das Bild seiner Frau an. »Sie haben George getötet?«
»Es sieht so aus«, sagte Amanda.