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Wieso hat sie das gemacht, fragte er sich.

Sie hat doch erst gestern die Implantationsprozedur durchgemacht, sagte er sich. Und dann ist sie heute schon wieder auf den Beinen und hat einen Sonderflug für diese beiden Felsenratten arrangiert?

Seine Stimmung war aber nur leicht getrübt, als er Verwoerd anrief.

»Ich will einen Spaziergang im Garten machen«, sagte er, als ihr Bild auf dem Wandbildschirm erschien. »Möchten Sie mich vielleicht begleiten?«

»Ich versuche das aufzuarbeiten, was ich gestern liegen gelassen habe«, sagte sie reserviert.

»Das kann warten. Ein Spaziergang an der frischen Luft wird Ihnen gut tun.«

Sie zögerte für einen Sekundenbruchteil und gab dann nach. »Ich warte an der Haustür auf Sie«, sagte sie mit einem Kopfnicken.

Er hätte erwartet, dass man ihr die anstrengende Prozedur noch ansah, der sie sich unterzogen hatte, doch in Humphries’ Augen sah Diane Verwoerd nicht anders aus als vor der Implantation auch.

»Der Eingriff ist gut verlaufen?«, fragte er, während sie den gepflasterten Weg entlanggingen, der sich zwischen üppigen korallenroten Oleandern und scharlachroten Azaleen hindurchschlängelte.

Sie schaute ihn von der Seite an. »Der Bericht müsste schon vorliegen.«

»Ich habe den Bericht gesehen«, erwiderte er gereizt. »Ich möchte wissen, wie es Ihnen geht.«

»Ach«, sagte Verwoerd. »Besorgt um die Mutter Ihres Sohns?«

»Das stimmt.«

Die nächsten paar Schritte schwieg sie. »Mit geht es gut«, sagte sie dann. »Mutter und Fötus sind wohlauf.«

»Gut.«

»Ich möchte Ihnen übrigens gratulieren.«

Er vermochte ein Lächeln nicht zu unterdrücken. »Zu Amanda? Vielen Dank.«

Sie kamen an einer kleinen Bank aus Mondgestein vorbei. »Wo Sie nun in der Lage sind, ein Kind auf herkömmliche Weise zu zeugen, bestehen Sie noch immer darauf, dass ich den Vertrag erfülle?«, fragte Verwoerd.

»Natürlich«, blaffte er. »Es ist mein Sohn, von dem Sie hier reden.«

»Ihr Klon.«

»Ich werde nicht zulassen, dass Sie ihn abtreiben. Ich kann doch mehr als ein Kind haben.«

»Aber dieses Kind …« — sie klopfte sich sachte auf den Bauch — »trägt nur Ihre Gene.«

»Verdammt richtig.«

»Er wird trotzdem keine exakte Kopie von Ihnen, müssen Sie wissen«, sagte Verwoerd, wobei ein lockendes Lächeln um ihre Lippen spielte. »In genetischer Hinsicht wird er zwar identisch sein, aber er wird auch durch die Enzyme meines Körpers beeinflusst und …«

»Das weiß ich auch«, unterbrach Humphries sie.

»Da bin ich mir sicher.«

Er schaute sie finster an. »Sie sind heute wieder einmal ziemlich kratzbürstig, wie?«

»Wieso auch nicht, Martin? Ich trage schließlich Ihr Kind aus. Sie werden mich sehr großzügig dafür belohnen, nicht wahr?«

»Wenn der Junge gesund zu Welt kommt.«

»Nein, so lang will ich nicht warten. Ich will die Bezahlung jetzt. Ich will einen Sitz im Vorstand. Ich habe ihn verdient. Zumal ich ohnehin viel besser bin als die meisten dieser Fossilien.«

Macht, sagte Humphries sich. Sie strebt nach Macht. »Ist das alles?«, fragte er.

»Geld will ich auch. Ich will viel Geld, Martin. Ich weiß, dass Sie genug davon haben.«

Er blieb stehen und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Seit wann reden Sie mich denn mit dem Vornamen an?«

Sie lächelte. »Ich gehe für Ihren Fötus ein sehr großes Risiko ein. Da liegt es doch auf der Hand, dass man sich mit dem Vornamen anredet, finden Sie nicht?«

»Nein, finde ich nicht.«

»Na schön, dann werden wir uns eben auf einer rein geschäftlichen Ebene bewegen, Mister Humphries. Ich will eine Leibrente von zehn Millionen pro Jahr.«

»Zehn Mill …« Er stieß ein heiseres Lachen aus. »Sie träumen wohl. Ich könnte hundert Frauen bekommen, die für Sie einspringen, und es würde mich nicht einen Bruchteil dessen kosten.«

Verwoerd nahm die Wanderung wieder auf. Humphries musste ihr wohl oder übel folgen.

»Ja, ich bin sicher, dass Sie eine billige Leihmutter für Ihren Klon finden würden. Aber ich bin zehn Millionen wert. Eigentlich noch mehr.«

»Sind Sie das?«, fragte er mürrisch, als ihm klar wurde, worauf sie hinauswollte.

»Ich weiß eine Menge über Sie und Ihre Aktivitäten im Gürtel. Ich bin eine loyale Mitarbeiterin, Mister Humphries, und ich halte den Mund. Aber dieses Schweigen wird Sie zehn Millionen pro Jahr kosten. Sie können ein Treuhandkonto einrichten; ich werde mich für Sie um die Details kümmern.«

Seltsamerweise verspürte Humphries keinen Zorn. Eher bewunderte er sie wegen ihrer Chuzpe. »So haben Sie sich das also gedacht«, sagt er.

»Ja, habe ich.«

»Und ich hatte schon befürchtet, Sie würden dem Größenwahn anheim fallen«, sagte Humphries und schüttelte langsam und enttäuscht den Kopf. »Das ist nicht das erste Mal, dass einer meiner Mitarbeiter versucht, Geld von mir zu erpressen.«

»Finden Sie denn nicht, dass ich leicht zehn Millionen pro Jahr wert bin?«, fragte sie mit einem unverfrorenen Grinsen.

Bevor er ihr noch eine passende Antwort darauf geben konnte, fügte Verwoerd hinzu: »Und glauben Sie nur nicht, dass Sie mich einfach so abservieren könnten. Mir wird kein Unfall zustoßen, Martin. Ich bin nämlich sehr gut gegen alle Arten von Unfällen versichert.«

Nun dämmerte es ihm. »Deshalb lassen Sie Harbin also im Eiltempo herbringen.«

Sie nickte. »Dorik ist meine Lebensversicherung. Wenn Sie mir nach dem Leben trachten, wird er Sie töten. Darin ist er gut. Fragen Sie Grigor; Grigor hat eine Heidenangst vor ihm.«

»Wirklich?«

»Ja. Und aus gutem Grund. Sie sollten auch Angst vor ihm haben, wenn Sie glauben, Sie könnten mich loswerden. Es kommt Sie billiger, die zehn Millionen zu zahlen, Martin. Damit sind die Spesen für Dorik und mich abgegolten.«

»Ein echtes Schnäppchen«, grummelte Humphries.

Kapitel 57

Es war zum Verrücktwerden. Den ganzen langen Tag stapfte Lars Fuchs wie ein Tiger im Käfig in seinem Apartment umher — er stapfte zur Tür, machte kehrt und marschierte wieder zur entgegengesetzten Wand, wo der schwarze, stumme Wandbildschirm hing. Wie in einer Endlosschleife: die Tür, dann am Bett vorbei, wo er und Amanda geschlafen und sich geliebt hatten …

Er hätte am liebsten geschrien. Er hätte am liebsten gegen die Wände gehämmert, die Tür eingeschlagen und wäre durch die staubigen Tunnels gerannt, bis jemand ihn auf der Flucht erschoss und allem ein Ende machte.

Er erinnerte sich an den Begriff, den die Amerikaner einmal geprägt hatten: unnötig grausame Bestrafung. Unter Hausarrest gestellt zu sein, in dem Raum eingesperrt zu sein, der für so viele Jahre sein Zuhause gewesen war, zu wissen, dass seine Frau Millionen Kilometer entfernt war und sich anschickte, den Mann zu heiraten, der sein Leben ruiniert hatte — da wäre es doch besser, tot und von dieser endlosen Qual erlöst zu sein.

Sein Blick fiel auf sein Spiegelbild im Spiegel über der Ankleidekommode, und er hätte sich fast nicht wieder erkannt: Die Kleidung war zerknittert und verschwitzt, das Haar zerzaust, Tränensäcke unter den Augen und unrasiert. Er unterbrach seine Wanderung und starrte auf das Bild im Spiegeclass="underline" ein Mann, der in Selbstmitleid versank und sich in der Niederlage förmlich suhlte.

Nein, sagte er sich. So will ich nicht enden. Man hat mir zwar alles genommen, aber die Selbstachtung wird man mir nicht nehmen. Er sei denn, ich nehme sie mir selbst.

Er riss sich die verschwitzten Kleider vom Leib und ging unter die Dusche. Als die Brause automatisch aufgedreht wurde, machte er sich zwar Gedanken wegen der Wasserrationierung, doch dann sagte er sich, zum Teufel damit! Auch ein zum Tode Verurteilter hat das Recht auf Körperhygiene! Als der Wasserdampf ihn einhüllte, erinnerte er sich an die Zeiten, als er und Amanda sich zusammen in die enge Kabine gequetscht hatten. Er kämpfte mit den Tränen.