»Es muss gar nicht so groß sein wie die L-5 Habitate um die Erde. Nur so groß, um die paar Hundert Leute hier in Ceres unterzubringen. Fürs Erste.«
Georges schüttelte den zottigen Kopf. »Weißt du überhaupt, was für ein Riesenaufwand das wäre? Allein die Lebenserhaltungsausrüstung würde schon ein Vermögen kosten. Und das wäre erst der Anfang.«
»Aber nein. Das ist gerade der Witz bei meinem Plan«, sagte Fuchs mit einem nervösen Lachen. »Wir kaufen einfach Raumschiffe und montieren sie zusammen. Sie werden das Habitat. Die ganze Lebenserhaltungsausrüstung und den Strahlenschutz haben sie schon eingebaut. Die Triebwerke brauchen wir aber nicht, sodass der Preis viel niedriger sein wird, als du glaubst.«
»Und dann willst du den ganzen Schrott auf ein Ge beschleunigen?«
»Auf Mondschwerkraft«, antwortete Fuchs. »Ein Sechstel Ge reicht völlig aus. Dr. Cardenas sieht das genauso.«
George kratzte sich an seinem dichten, struppigen Bart. »Ich aber nicht, Lars. Wir werden doch im Innern des Felsens leben. Wozu dann der ganze Aufwand und die enormen Kosten?«
»Weil es sein muss!«, insistierte Fuchs. »Das Leben in der Mikrogravitation schadet der Gesundheit. Wir müssen ein besseres Habitat für uns bauen.«
George schien nach wie vor nicht überzeugt, aber er murmelte: »Mondgravitation, sagst du?«
»Ein Sechstel der normalen Erdschwerkraft. Nicht mehr.«
»Und wie viel wird das kosten?«
»Die vorläufigen Schätzungen belaufen sich auf …« Fuchs zögerte, holte Luft und sagte: »Wir werden es schaffen, wenn alle Prospektoren und Bergleute zehn Prozent ihres Einkommens abtreten.«
George grunzte. »Den Zehnten oder was?«
»Zehn Prozent sind nicht viel.«
»Viele Felsenratten erzielen in manchen Jahren überhaupt kein Einkommen.«
»Ich weiß«, sagte Fuchs. »Das habe ich bei der Kalkulation schon berücksichtigt. Natürlich werden wir das Raumschiff in einem Leasingvertrag mit zwanzig oder dreißig Jahren Laufzeit abzahlen müssen. Wie die Hypothek auf ein Haus auf der Erde.«
»Dann verlangst du also von jedem hier in Ceres, sich auf zwanzig Jahre zu verschulden?«
»Vielleicht können wir es auch schon früher abzahlen. Mit ein paar großen Funden könnte das ganze Projekt sich bald selbst finanzieren.«
»Ja, sicher.«
»Willst du mitmachen?«, fragte Fuchs in gespannter Erwartung. »Wenn du zustimmst, werden die meisten anderen Prospektoren auch mitmachen.«
»Wieso nimmst du nicht einen der Konzerne mit ins Boot?«, fragte George. »Astro oder Humphries …« Er verstummte, als er den Ausdruck in Fuchs’ Gesicht sah.
»Nicht Humphries«, knurrte Fuchs. »Weder ihn noch seine Firma. Kommt gar nicht in die Tüte.«
»In Ordnung. Also Astro.«
Fuchs’ grimmiger Blick verwandelte sich in ein besorgtes Stirnrunzeln. »Ich habe schon mit Pancho darüber gesprochen. Der Astro-Vorstand wird dem nicht zustimmen. Sie werden uns zwar ausgemusterte Raumschiffe verkaufen, aber sie werden sich nicht am Bau des Habitats beteiligen. Das erscheint ihnen nicht profitabel genug.«
»Es interessiert sie nicht, ob wir uns die Knochen brechen«, grunzte George.
»Aber dich interessiert es«, sagte Fuchs nachdrücklich. »Es ist unser Problem, George; wir müssen es lösen. Und wir schaffen es auch, wenn du uns hilfst.«
Big George fuhr sich mit seiner fleischigen Hand durch den roten Haarschopf und sagte: »Du wirst ein Technikteam benötigen, um die Integrationsarbeit zu erledigen. Es gehört mehr dazu, dieses Habitat zusammenzubauen als ein paar Blechbüchsen zusammenzulöten, weißt du. Du wirst ein paar Spezialisten brauchen.«
»Das ist schon in der Kalkulation enthalten«, erwiderte Fuchs.
George stieß einen tiefen Seufzer aus. »In Ordnung, Lars, ich bin dabei. Wenn wir schon eine Basis draußen im Gürtel haben, dann sollte sie wenigstens eine anständige Schwerkraft haben.«
Fuchs lächelte. »Dem Sex kannst du immer noch an Bord deines eigenen Schiffes frönen.«
George erwiderte das Grinsen. »Darauf kannst du einen lassen, Kumpel.«
Fuchs ging mit George zur Hauptluftschleuse des Schiffs und half ihm, in seinen Hartschalenanzug zu steigen.
»Auf Selene werden derzeit Leichtraumanzüge getestet, musst du wissen«, sagte er, als er in den starren Torso schlüpfte und die Arme durch die steifen Ärmel schob. »Sie sind flexibel und leicht anzuziehen.«
»Und der Strahlenschutz?«, fragte Fuchs.
»Der Anzug wird von Magnetfeldern umgeben. Man sagt, er sei besser als dieses Ding.« Er klopfte mit den Knöcheln gegen den Cermet-Panzer des Anzugs.
Fuchs stieß ein leises abfälliges Schnauben aus. »Diese Anzüge müssten erst jahrelang getestet werden, ehe ich mir einen kaufen würde.«
»Das gilt auch für mich«, sagte George, während er die Hände in die Handschuhe schob.
»Danke für dein Einverständnis, George«, sagte Fuchs und reichte ihm den Kugelhelm. »Das bedeutet mir viel.«
George nickte feierlich. »Ich weiß. Ihr beiden wollt Kinder haben.«
Fuchs’ Wangen röteten sich. »Das ist es nicht!«
»Wirklich nicht?«
»Zumindest nicht nur.« Fuchs wandte für einen Moment den Blick von George ab und sagte dann langsam: »Ja, ich mache mir Sorgen wegen Amanda. Ich hätte nie geglaubt, dass sie hier draußen bei mir bleiben will. Und ich hätte auch nicht geglaubt, dass ich so lang hier draußen sein würde.«
»Man kann hier im Gürtel viel Geld verdienen. Richtig viel Geld.«
»Ja, das stimmt schon. Aber ich mache mir trotzdem Sorgen wegen ihr. Ich will, dass sie an einem sichereren Ort mit einer ausreichend hohen Schwerkraft ist, um einen körperlichen Abbau zu verhindern.«
»Und der ausreichend strahlengeschützt ist, um eine Familie zu gründen«, sagte George grinsend. Dann setzte er den Helm auf, bevor Fuchs noch etwas zu sagen vermochte.
Kapitel 2
Nachdem George den Luftschleusenzyklus der Starpower 1 durchlaufen hatte und zu seinem eigenen Schiff, der Waltzing Matilda zurückgeflogen war, ging Fuchs durch den schmalen Mittelgang des Schiffs zum Abteil, wo seine Frau arbeitete.
Sie schaute vom Wandbildschirm auf, als Fuchs die Tür zum Abteil aufschob. Er sah, dass sie eine Modenschau verfolgte, die von irgendwo auf der Erde übertragen wurde: schlanke, geradezu dürre Models in bunten Kleidern in gewagten Designs. Fuchs runzelte die Stirn; die halbe Weltbevölkerung hatte durch Überschwemmungen und Erdbeben ihre Heimat verloren, fast überall herrschte Hungersnot, und noch immer spielten die Reichen ihre Spielchen.
»Ist George schon gegangen?«, fragte Amanda und schaltete den Wandbildschirm aus.
»Ja. Und er war einverstanden!«
Ihr Lächeln war sehr verhalten. »Wirklich? Du hast nicht allzu lang gebraucht, um ihn zu überzeugen, nicht wahr?«
Sie sprach noch immer mit einem Anflug des Oxford-Akzents, den sie sich vor Jahren in London zugezogen hatte. Sie trug ein zu großes ausgebleichtes Sweatshirt und eine gekürzte Arbeitshose. Das goldblonde Haar hatte sie hochgesteckt; die Frisur wirkte etwas derangiert. Sie war nicht geschminkt und dennoch viel schöner als jedes dieser abgemagerten Mannequins der Modenschau. Fuchs zog sie an sich und küsste sie zärtlich.
»In zwei Jahren, vielleicht schon früher, werden wir eine vernünftige Basis mit Mondschwerkraft im Orbit um Ceres haben.«
Amanda schaute ihrem Mann in die Augen, als ob sie etwas suchte. »Kris Cardenas wird sich freuen, das zu hören«, sagte sie.
»Ja, Dr. Cardenas wird sehr erfreut sein«, pflichtete Fuchs ihr bei. »Wir sollten es ihr sagen, sobald wir angekommen sind.«