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Jennings.

»Warum nicht?«

»Weil er tot ist.«

»So tot wie Mr. Lincoln, wenn jemand eine falsche Bewegung macht«, sagte Mrs. McMillan scharf, während sie ihren Umhang beiseite schlug und die darunter verborgene doppelläufige Schrotflinte auf den Präsidenten richtete.

»Also hat mich mein Gefühl nicht getäuscht«, sagte Pinkerton. »Sie sind ein Spion der Konföderierten, Jennings!«

»Nicht Jennings. Mein richtiger Name ist Marquand.«

Pinkerton konnte das Erstaunen auf seinem Gesicht nicht verbergen. »Etwa Alec Marquand aus Pittsburgh?«

Der Mann im grauen Anzug lächelte und deutete eine Verbeugung an. »Zu Ihren Diensten.«

»Wer ist das?« fragte Lincoln.

»Ein Frachtagent, den ich schon länger verdächtige, ein Spion der Konföderierten zu sein, Sir«, antwortete Pinkerton. »Ich hatte einen meiner Männer auf ihn angesetzt, der seit einigen Tagen verschwunden ist. Sie wissen nicht zufällig, wo er steckt, Marquand?«

»Wenn Sie von Ross Bowman sprechen, der liegt irgendwo auf dem Grund des Ohio. Ich habe mich bei ihm für die Kugel revanchiert, die er mir verpaßt hat.«

Bei dem Gedanken, daß der junge Bowman, der sich mit so großem Enthusiasmus für die Sache des Nordens eingesetzt hatte, sein Leben ausgehaucht hatte und daß sein Leichnam im Fluß trieb wie der stinkende Inhalt eines Abfallkübels, wurde Pinkerton von Zorn erfaßt. Er hob seinen Colt, und die Mündung zielte auf Marquand.

»Schießen Sie nur«, sagte der Südstaaten-Spion ruhig. »Sie können mich töten, sicher, aber Mrs. McMillan wird dann zwei Ladungen Schrot auf Ihren Präsidenten abfeuern.«

Unschlüssig stand Pinkerton da, zwischen Verstand und Gefühl hin- und hergerissen. Sein Verstand sagte ihm, daß

Marquand recht hatte. Aber sein Zorn drängte ihn, auf den Spion zu schießen, Bowman zu rächen und andere UnionsAgenten davor zu bewahren, von Marquand ins Jenseits befördert zu werden.

»Tun Sie es nicht, Allan«, sagte da Abraham Lincoln, der den Colt in seiner Rechten zu Boden fallen ließ. »Glauben Sie nicht, ich verlange das aus bloßer Angst um mein eigenes Leben. Aber es würde nur zu einem Blutbad führen, das niemandem etwas nützt.« Der Blick des Präsidenten war auf die drei Berittenen gerichtet, die ihre Revolver gezogen hatten und auf die Gruppe um Lincoln zielte. »Dieser Krieg hat schon zu viele sinnlose Opfer gefordert.«

»Ein weises Wort«, lobte Marquand zynisch. »Hoffentlich hören wir das auch, wenn Sie die Regierung im Norden auffordern, alle Kriegshandlungen sofort einzustellen und sämtliche Yankee-Truppen vom Gebiet der Konföderierten Staaten abzuziehen.«

»Das also wollen Sie von mir«, sagte Lincoln.

»Zunächst einmal wollen wir Ihre Waffen«, erwiderte der Mann aus Pittsburgh.

Während Clem, der älteste der McMillan-Söhne, im Sattel blieb und die Waffe schußbereit in der Hand hielt, stiegen seine Brüder Stoker und Angus ab, um die Nordstaatler zu entwaffnen. Dann wurden sie gefesselt, geknebelt, auf die Ladefläche des Wagens verladen und mit einer Plane zugedeckt. Bei Donlevy ersparten sich die Sympathisanten des Südens das Fesseln; der Pinkerton-Mann war zu schwach, um zu fliehen oder ihnen sonstwie gefährlich zu werden. Die beiden Kutschpferde wurden hinten an den Wagen gebunden, und es ging zurück zur McMillan-Farm.

Marquand grinste still vor sich hin und ergötzte sich an dem einen Gedanken: Präsident Abraham Lincoln war sein Gefangener.

*

»Lassen Sie die Waffen, wo sie sind!« befahl der kleine, breitschultrige, vollbärtige Offizier, der das Kommando über die blauen Reiter führte. »Meine Männer sind schneller.«

Er zeigte auf die schußbereiten Karabiner in den Händen der Kavalleristen, trieb seinen Rappen an und zügelte ihn erst kurz vor Hauptmann Gerber. »Was findet hier statt, Captain?«

Mit wutverzerrtem Gesicht und der Hand über dem Revolverholster an seiner Hüfte sah Gerber den Berittenen an.

»Wer sind Sie denn?« schnarrte der Hauptmann und sah erst dann den Generalsstern auf der Schulterklappe des Vollbärtigen blitzen.

»Meine Name ist Grant, Oberkommandierender aller Unionstruppen im Tennessee-Department.«

»General Grant!« Der Ruf ging durch die Reihen von Gerbers Infanteristen.

»General., ich.«, stammelte Gerber, ohne einen vernünftigen Satz zustande zu bringen.

»Beantworten Sie endlich meine Frage, Captain!« verlangte Brigadegeneral Ulysses S. Grant. »Wir sehen zwei unbewachte Fuhrwerke drüben auf der Lichtung und hören Kommandos aus dieser Senke. Und alles geschieht, ohne daß Wachen aufgestellt sind. Und schließlich dieses Erschießungskommando. Was haben die Männer verbrochen, daß sie erschossen werden sollen?«

»Es sind Deserteure, General.«

»So, Deserteure.« Grant musterte die vier Gefangenen eingehend. »Wer hat sie verurteilt?«

»Unser Kriegsgericht.«

»Ihr Kriegsgericht? Aus welchen Offizieren besteht es?«

»Aus mir, Sergeant Conrad und Corporal Heinz.«

»Ein Sergeant und ein Corporal? Sind das Offiziere?«

»In der Eile standen keine weiteren Offiziere zur Verfügung, Sir.«

»In der Eile?« Grant starrte den Hauptmann entgeistert an. »Seit wann verurteilt man Männer in der Eile zum Tod?«

»Es sind gefährliche Subjekte, Sir«, versuchte sich Gerber zu verteidigen. »Sie sind schädlich für die Moral der gesamten Truppe. Außerdem sind es gemeine Diebe.« Er zeigte auf Martin. »Dieser dort hat mein Pferd gestohlen.«

In diesem Augenblick steigerte Jamie sein Jammern zu einem lauten Kreischen.

Grant schien jetzt erst zu bemerken, daß ein kleines Kind anwesend war. »Was hat der Kleine?«

»Vielleicht mag er es nicht, wenn man einen General anlügt«, sagte Irene.

Der General heftete seine Augen auf Irene. »So, der Captain lügt mich also an?«

»Ja«, antwortete die junge Frau und erwiderte Grants Blick.

»Würden Sie mir die Wahrheit sagen, Ma'am?«

»Wenn ich darf.«

»Nur zu!«

Gerber wollte protestieren, aber General Grant brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.

Irene berichtete von den Ereignissen dieses Morgens, beginnend mit dem Untergang der RAVAGER bis zu dem seltsamen Verfahren durch Gerbers Kriegsgericht.

Grants Blick wurde immer düsterer. Als Irene geendet hatte, riß er dem Hauptmann wütend die Rangabzeichen von den Schultern und schleuderte sie in den Schmutz.

»Sir!« begehrte Gerber auf. »Sie beleidigen mich!«

»Sie beleidigen mich«, entgegnete Grant. »Schon allein dadurch, daß Sie die gleiche Uniform tragen wie ich. Ich werde dafür sorgen, daß Sie vor ein Kriegsgericht kommen, aber ein ordentliches!«

Der General wandte sich an Sergeant Meyer. »Sergeant, Sie sind mir persönlich dafür verantwortlich, daß Ihr ehemaliger Captain in Arrest genommen und in Ihr Lager gebracht wird. Für die Deserteure gilt dasselbe. Alle werden vor ein Kriegsgericht gestellt, aber vor ein ordentliches. Richten Sie Ihrem Regimentskommandeur aus, daß ich zuvor persönlich mit ihm sprechen werde.«

Meyer salutierte. »Jawohl, Sir.«

»Was ist mit uns?« fragte Irene und sah dabei Martin an.

»Mr. Bauer ist frei«, entschied Grant. »Unter den gegebenen Umständen kann ich in der Aneignung des Grauschimmels keine rechtswidrige Tat sehen.«

»General, Sie glauben doch nicht diese unsinnige Geschichte, daß Unionssoldaten das Kanonenboot versenkt haben!« zischte Gerber.

»Unionssoldaten wohl nicht, aber Männer in blauen Uniformen. Und wenn wir Pech haben, Gott möge davor sein, war Präsident Lincoln an Bord des Schiffes.«

»Nein«, sagte Martin. »Außer uns und unserem Freund Jacob waren keine Passagiere an Bord.«

»Sind Sie sicher?« fragte Grant.

»Vollkommen.«