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»Da kommt die RAVAGER. Sind Sie sicher, daß Sie die Torpedos auf elektrische Weise zünden können, auch unter Wasser?«

Der Mann mit der Brille blickte zu ihm auf. »Keine Sorge, Captain. Die Drähte sind bestens isoliert. Ich mache so etwas nicht zum erstenmal.«

»Wären Kontaktzünder nicht sicherer gewesen?«

Der Bebrillte schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil. Im Fluß treibt allerhand Zeugs herum, Baumstämme und so weiter. Es braucht nur etwas davon gegen einen Kontaktzünder zu kommen, und wumm! Dann wäre unsere ganze schöne Überraschung dahin.«

Der Captain nickte und sah trotzdem besorgt aus. Er wußte, daß von seiner Mission unendlich viel abhing. Es lag an ihm, den Bürgerkrieg zu entscheiden. Mit dem Überfall auf die USS RAVAGER konnte die Sache des Südens, die nicht mehr so rosig aussah wie noch vor ein paar Monaten, mit einem Schlag zum Sieg geführt werden. Und - was ihm viel wichtiger war -sein ganz persönlicher Ruhm würde ins Unermeßliche steigen.

Als das Kanonenboot den Fluß vor ihm ausfüllte, schob er das Glas zusammen und zog sich ins Gehölz zurück. Die RAVAGER fuhr nah am Ufer, und ein aufmerksamer Beobachter auf dem Schiff hätte ihn hinter dem Felsen mit bloßen Augen sehen können.

Das Schiff war jetzt auf einer Höhe mit den Uniformierten.

John Kellerman, der bebrillte Sprengstoffexperte, gab ein paar Männern ein Zeichen, und sie zogen das dicke Seil mit den Torpedos straff. Das andere Seilende war an einem eisernen Pfahl befestigt, den die Männer tief in eine der Sandbänke gerammt hatten.

Der Captain zog einen seiner beiden schweren Revolver aus dem Holster und gab damit seinen Leuten einen Wink, ihre Karabiner und Revolver schußbereit zu halten.

Der flache Rumpf der RAVAGER glitt über das Seil hinweg, an dem die vier Torpedos befestigt waren. Die Augen hinter Kellermans runden Brillengläsern glitzerten, als er den Zündstab in die Zündkammer drückte. Der elektrische Impuls jagte in Sekundenbruchteilen durch die Leitung und...

*

... löste eine Kette von vier rasch aufeinanderfolgenden Explosionen aus.

Für einen Augenblick war es, als würde die RAVAGER aus dem Wasser gehoben. Dann aber brach der Rumpf auseinander wie die Schale eines rohen Eies. Binnen weniger Sekunden herrschte auf dem Kanonenboot das absolute Chaos.

Matrosen fielen um, wurden durcheinandergewirbelt und stürzten schreiend ins Wasser.

Die Feuerbüchsen der Kesselbatterie verstreuten ihre Glut über das Vorschiff und setzten es in Brand. Das Feuer breitete sich rasend schnell aus und versperrte den Menschen von den oberen Decks den Fluchtweg.

Die Dampfleitungen brachen an mehreren Stellen auf und versprühten ihren Inhalt. Ein Matrose wurde von dem heißen Dampf voll ins Gesicht getroffen, stolperte geblendet über das Hauptdeck und kippte über die Reling in den Ohio, wo seine qualvollen Schreie vom Wasser verschluckt wurden.

Mit einem letzten Ruck verstummten die Maschinen, und das Schaufelrad stand still. Es gab auch kein Schiff mehr, das es hätte antreiben können. Nur noch ein Konglomerat von Wrackteilen, einige davon lichterloh brennend, das immer tiefer in den Fluten versank. Das Schiffsheck mit dem nutzlosen, stillstehenden Schaufelrad ragte wie zum Spott aus dem Wasser empor.

Lieutenant Leonard Slyde war wie erstarrt, als die TorpedoExplosionen sein Schiff erschütterten. Jetzt wußte er, mit welcher Gefahr sein Schiff zu rechnen hatte. Aber es war zu spät.

Erst das schreckliche Schicksal des Rudergängers löste ihn aus dieser Erstarrung. Rodney wurde mit dem Gesicht in die Glasscheiben geschleudert, aus denen die Ruderhauswände etwa ab Hüfthöhe bestanden. Der Kommandant packte den Rudergänger an den Armen und zog ihn vorsichtig aus den zersplitterten Scheiben. Rodneys Gesicht war eine einzige blutende Wunde, aus denen eine Unzahl kleiner Splitter ragte.

Slyde drehte sich zum Maschinentelegrafen um und legte den Befehlshebel von »Ganz langsam voraus« auf »Stopp«. Das war mehr eine für den Notfall eingeübte Reflexhandlung als von tatsächlicher Bedeutung. Denn die Dampfleitungen zwischen der Kesselbatterie und den Antriebsmaschinen waren längst zerrissen, und das Schaufelrad stand still.

Als sich der Kommandant um seinen verletzten Rudergänger kümmern wollte, wurde die gesamte Brücke zur Seite geschleudert. Slyde verlor den Halt und stürzte aus dem Ruderhaus. Als er auf dem Brückendeck schwankend wieder auf die Beine kam, neigte sich die hintere Brückenhälfte, und der Offizier fiel erneut auf die Planken, wo er nach achtern rutschte und aufs Kesseldeck stürzte.

Auf dem Promenadendeck schrie Irene bei der ersten Explosion auf und drückte das Kind in ihren Armen ganz eng an sich. Sie verlor den Halt, aber Jacob fing sie auf.

»Bloß runter vom Schiff!« brüllte Martin gegen den infernalischen Lärm an.

Die drei Freunde wollten zur Treppe laufen, die hinunter aufs Hauptdeck führte. Aber unter ihnen fraß sich das Feuer voran und hatte die Treppe bereits erfaßt, die vor ihnen wegbrach und in die hungrigen Flammen stürzte.

»Zum Kesseldeck!« rief Jacob und zeigte nach hinten. »Von dort kommen wir vielleicht noch runter aufs Hauptdeck.«

Sie kämpften sich, von den Erschütterungen hin und her geworfen, denen die RAVAGER ausgesetzt war, auf der Backbordseite nach achtern durch. Da brach das Heck plötzlich vom restlichen Schiff los. Ein Beibootsdavit brach auseinander, und das herunterstürzende Ruderboot streifte Irene am Kopf. Die junge Frau stieß einen erstickten Schrei aus und stürzte dem Boot nach über Bord, im Fallen noch immer das Stoffbündel mit dem kleinen Jamie an ihre Brust gepreßt.

»Irene!« schrie Martin auf und folgte ihr ungeachtet der überall herumtreibenden Trümmer mit einem Hechtsprung.

Auch Jacob wollte ins Wasser springen, aber ein Hilferuf ganz in seiner Nähe hielt ihn zurück. Er kam von der Steuerbordseite, wo der andere Bootsdavit ebenfalls zusammengebrochen war. Aber das zweite Beiboot war nicht in den Fluß gefallen, sondern aufs Deck und hatte einen Mann unter sich begraben. Es war Lieutenant Slyde, der mit den Beinen unter dem großen Ruderboot lag.

Jacob rannte zu der Unglücksstelle und versuchte das Boot anzuheben. Obwohl er ein großer, kräftiger Mann war und er seine Muskeln bis zum Zerreißen anspannte, wollte es ihm nicht gelingen. Das Boot war einfach zu schwer. Er konnte es kaum einen Zoll bewegen.

»Geben Sie es auf, Adler«, keuchte der Kommandant des sinkenden Schiffes. »Bringen Sie sich in Sicherheit, bevor die RAVAGER Sie mit in den Fluß nimmt!«

»Ich werde mich in Sicherheit bringen«, antwortete Jacob und sah sich hilfesuchend um. »Aber Sie auch!«

Er fand eine lange, starke Holzlatte, die beim Zusammenbruch der Bootsdavits wahrscheinlich von einer der Taljen abgesplittert war. Er schob ein Ende der Latte unter das heruntergefallene und umgestürzte Boot und drückte sein ganzes Gewicht auf das andere Ende, das er - ungeachtet der zahlreichen Splitter, die in seine Haut stachen - mit beiden Händen fest umklammert hielt. Das Ruderboot bewegte sich nach oben, Zoll um Zoll, und gab den eingeklemmten Kommandanten allmählich frei.

»Jetzt!« stieß Jacob hervor, während sein ganzer Körper zu zittern begann. Er spürte, daß er das gewaltige Gewicht nicht lange würde halten können.

Langsam, wie eine verwundete Schnecke, kroch Slyde unter dem Boot hervor. Dabei zog er sich fast nur mit den Armen voran, konnte die Beine anscheinend nicht gebrauchen.

»Schneller!« ächzte Jacob, der spürte, wie ihn seine Kräfte verließen.

Slydes Gesicht war vor Schmerz und Anstrengung so angespannt, daß es wie eine Maske wirkte, wie die grausame Karikatur eines Menschen. Zoll um Zoll kroch der Offizier aus der Falle hervor, als plötzlich der hölzerne Hebel zersplitterte und das Boot wieder herunterkrachte. Nur um Haaresbreite verfehlte es den Mann in der blauen Uniform, der sich mit einer letzten Kraftanstrengung nach vorn warf und so dem Verhängnis entging.