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«Setzen Sie sie auf der Böschung ab«, sagte ich.»Wischen Sie den Schnee vom Gras. Drücken Sie sie an sich. Halten Sie den Wind von ihr ab.«

«Bob«, sagte Ingrid kläglich. Sie stand hilflos auf der Straße und schien zu denken, ihr Mann müsse sich allein um ihr Wohl sorgen:»Bob, ich brauche dich. Ich fühle mich schrecklich.«

Bob warf ihr einen Blick zu, doch er nahm mir Mackie ab und half ihr, sich hinzusetzen. Sie fing an, sich zu rühren und zu jammern und wollte wissen, was geschehen war; alles in allem willkommene Lebenszeichen.

Kein Blut, dachte ich. Nicht ein einziger Tropfen. Verdammt Glück gehabt. Meine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit.

Bereits halb von Panik ergriffen streckte mir Fiona die Arme entgegen und ließ sich ins Freie heben, leicht, graziös und sportlich wie sie war. Ich ließ sie los und beugte mich zu Harry hinab, der inzwischen seinen Gurt gelöst hatte und den Kopf über Wasser hielt; er hatte wohl den ersten Schrecken einigermaßen überwunden. Er kam aus eigener Kraft aus dem Wagen und ging triefend zu Mackie hinüber, um die er sich am meisten zu sorgen schien und die noch immer von Bob Watson gestützt wurde.

Ingrid stand auf der Straße, durchnäßt, schlotternd, verängstigt, hilflos und weinend. Der schneidende Wind blies ohne Unterlaß… unendlich gefährlich. Man unterschätzt allzu leicht, wie rasch Kälte töten kann.

«Ziehen Sie Ihrer Frau alle Kleider aus«, sagte ich zu Bob Watson.

«Was?«

«Wenn Sie ihr die nassen Kleider nicht ausziehen, gefriert sie auf der Stelle zum Eisblock.«

Er machte den Mund auf.

«Fangen Sie oben an«, sagte ich.»Ziehen Sie alles aus und packen Sie sie in meinen Anorak, schnell. Er ist warm. «Ich machte den Reißverschluß auf und zog den Anorak aus, wobei ich ihn zusammenlegte, um soviel Körperwärme wie möglich darin aufzuspeichern. Die Kälte drang mir durch Pullover und Unterhemd, als wären sie nicht vorhanden. Ich war unendlich dankbar dafür, daß ich nicht naß geworden war.

«Ich helfe Ingrid«, sagte Fiona, da Bob noch immer zögerte.

«Sie meinen doch nicht, ihren BH auch?«

«Doch, alles.«

Während die beiden Frauen zu knöpfen und zu ziehen anfingen, ging ich um den gekippten Wagen herum und stellte zu meiner Erleichterung fest, daß sich die Heckklappe öffnen ließ. Ich streifte mir die Ärmel hoch und mußte meine beiden Taschen buchstäblich aus dem Kofferraum fischen. Harry, der dicht neben mir stand, schaute mit düsterer Miene zu, wie das Wasser davon abtropfte.

«Alles naß geworden«, sagte er niedergeschlagen.

«Nein. «Wasserdicht, sanddicht, ungezieferdicht, anders ging ich nicht auf die Reise, auch nicht ins ländliche England. Ich fand den Kamerakoffer aus Aluminium unter Wasser und stellte ihn neben den Taschen auf die Straße.

«Was hätten Sie lieber«, fragte ich Harry.»Bademantel oder Smoking?«

Er fing tatsächlich an zu lachen.

«Runter mit den Klamotten«, sagte ich,»bevor der Eismann kommt. Zuerst oben.«

Sie waren alle für einen Tag im Gericht angezogen und nicht für eine Landpartie. Selbst Mackie und Bob Watson, die trocken geblieben waren, hatten unter diesen Umständen nicht genug an.

Bob Watson kümmerte sich wieder um Mackie, und Harry pellte sich aus seinem durchnäßten Mantel, aus Anzug, Hemd und Krawatte. Als die Kälte über seinen nassen Körper herfiel, krümmte er sich vor Schmerzen. Sein Unterhemd klebte an seinem Oberkörper; ich half ihm heraus.

«Wie war doch noch Ihr Name?«fragte er schlotternd und mit zusammengebissenen Zähnen.

«John.«

Ich reichte ihm ein marineblaues Seidenunterhemd und ein Paar lange Unterhosen, zwei Pullover, eine graue Hose und den Bademantel. Nie war jemand schneller in die Kleider geschlüpft. Meine Schuhe seien eine Nummer zu groß, monierte er komischerweise, zog sie jedoch auf einem Bein hüpfend schließlich über einem Paar trockener Socken an.

Fiona hatte Ingrid unterdessen bis zur Hüfte umgezogen und wartete darauf, das Gleiche mit der unteren Hälfte zu tun. Ich zog mir Stiefel und Skihosen aus; Fiona gab alles an Ingrid weiter, nachdem sie versuchte, den für einen kurzen Moment entblößten Unterleib vor meinen Blicken zu schützen, was mich ziemlich erstaunte. Für derartiges Getue war nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. An Ingrid wirkten meine Stiefel gigantisch, und sie war zwanzig Zentimeter kleiner als mein Skianzug.

Für mich selbst kramte ich eine dunkelblaue Sportjacke und Reitstiefel hervor, während mir die eisige Kälte durch die Wollstrümpfe in die Zehen kroch.

«In meinen Schuhen steht das Wasser«, sagte Fiona zitternd, sehnsüchtige Blicke auf die Stiefel gerichtet.»Ich bin naß bis zur Halskrause. Haben Sie noch etwas übrig?«

«Ziehen Sie besser die hier an.«

«Aber… ich…«Sie schaute auf meine Socken und zögerte noch.

Ich drückte ihr Stiefel und Jacke in die Hand. Meine schwarzen Abendschuhe, die als einzige noch übrig waren, wären ihr bei jedem Schritt von den Füßen gefallen.

Noch einmal wühlte ich in der Tasche herum, diesmal nach Reithosen, schwarzen Socken und einem Sweatshirt.»Kann ich Ihnen damit dienen?«

Dankend nahm sie an und versteckte sich hinter Ingrid, um sich umzuziehen. Ich schlüpfte in die schwarzen Schuhe und den Smoking; besser als nichts.

Bei ihrer Rückkehr zitterte Fiona nicht mehr. Sie schnatterte vor Kälte. Sie hatte immer noch viel zu wenig an, war jetzt aber wenigstens trocken. Das einzige, was ich noch anbieten konnte, war die Plastikhülle, in der ich meinen Smoking aufbewahrt hatte. Ich stülpte sie Fiona über den Kopf und weitete das Loch aus, das normalerweise für den Bügel gedacht war. Wenn es ihr nichts ausmachte, auf Vorder- und Rückseite für >Top Reinigung< Reklame zu laufen, dann schützte sie die Hülle wenigstens vor dem Wind und staute ein bißchen von ihrer Körperwärme auf.

«Na denn«, sagte Harry erstaunlich gut gelaunt und betrachtete die in der Dunkelheit schlecht zu erkennenden Ergebnisse unserer bunt gemischten Modenschau,»dank John werden wir Shellerton wohl alle lebend wiedersehen. Ihr macht euch am besten allesamt gleich auf den Weg. Ich bleibe hier bei Mackie. Wir kommen nach, sobald wir können.«

«Nein«, sagte ich.»Wie weit ist es bis zum Dorf?«

«Ungefähr eine Meile.«

«Dann gehen wir alle zusammen los. Wir tragen Mackie. Glauben Sie mir, es ist zu kalt, um zurückzubleiben. Wie wäre es mit einem Tragesitz?«

Und so setzten Harry und ich die halb bewußtlose Mackie auf unsere verschränkten Handgelenke, jeder legte sich einen ihrer Arme um den Hals und los ging’s. Bob Watson trug eine meiner Taschen mit den nassen Kleidern, Fiona trug trockenes Zeug in der anderen Tasche, und Ingrid schlurfte vorneweg mit meinem Kamerakoffer und leuchtete uns mit der Dynamotaschenlampe aus meiner Grundausrüstung den Weg.

«Zusammenpressen. «Ich zeigte ihr, wie die Lampe funktionierte.»Sie hat keine Batterien. Leuchten Sie auf die Straße, damit wir alle etwas sehen.«

«Gott sei Dank schneit es nicht«, bemerkte Harry. Aber die Sterne wurden von unheilverkündenden Wolken verdeckt. Das wenige Licht, das die Natur uns spendete, wurde vom Weiß des Schnees reflektiert, wenn er schon sonst nichts Gutes gebracht hatte. Ich war froh darüber, daß es nicht allzu weit bis zum Dorf war. Mackie war zwar nicht übermäßig schwer, aber wir marschierten auf blankem Eis.

«Kommt denn hier niemals ein Auto vorbei?«fragte ich ungläubig, nachdem wir bereits über eine halbe Meile gegangen waren, ohne einem Fahrzeug zu begegnen.

«Es gibt noch zwei andere Straßen nach Shellerton«, erklärte Harry.»Herrgott nochmal, der Wind ist wirklich die Hölle. Mir fallen gleich die Ohren ab.«

Auch mir schmerzte der Schädel vor Kälte. Mackie und Fiona trugen Wollmützen, Ingrid hatte es am wärmsten unter der Kapuze meines Skianzuges, Bob Watson hatte eine Kappe auf. Ingrid trug meine Handschuhe. Harrys und meine Hände wurden allmählich taub unter Mackies Allerwertestem. Wenn ich nur mehr Socken mitgenommen hätte, dann hätten wir sie als Fäustlinge benutzen können.