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»Das Unwetter hielt zwei Tage lang an – ich kam einfach nicht rascher vorwärts.«

»Na schön – du hast ja nichts versäumt. Die Delegierten sind zwar schon hier, aber die Konferenzen haben noch nicht begonnen. Ich stand nämlich schon an den zwei vorhergehenden Abenden unten an der Anlegestelle. Nicht gerade gemütlich.«

Ich murmelte ein paar Worte als Entschuldigung. »Was ich nicht verstehe …«, sagte ich dann, »wieso hast du mich erwartet? Denn niemand konnte etwas von meiner üblen Lage wissen, ich war eine Woche lang völlig von der Außenwelt abgeschnitten.«

Sie blickte mich forschend an, als ob sie an meinem Verstand zweifelte, dann entspannte sich ihr Gesichtsausdruck, sie lehnte sich zurück und sagte: »Nun gut, jetzt bist du da, und darauf kommt es schließlich an. Ich glaube zu verstehen, wieso du nichts weißt. Das ist schließlich die sicherste Methode …«

Wenn sie es verstand, so sollte es mir recht sein – ich verstand jedenfalls nichts. Was war da geschehen? Spielte mir das Gedächtnis wieder einen Streich? Wozu hatte sie ihre Zustimmung gegeben? Ich wollte noch einmal damit anfangen, ihr zu erklären, was mich hierher geführt hatte, aber dann ließ ich es. Vielleicht sollte ich einfach so tun, als wäre alles in Ordnung.

»Gönn dir noch etwas Ruhe, aber vergiss den Besuch beim Sicherheitsoffizier nicht. Um zehn Uhr lasse ich dich abholen und in mein Büro bringen. Wundere dich nicht, wenn ich dich vor anderen Leuten offiziell anspreche. Ich bin die Einzige, die über deine Aufgabe informiert ist. Niemand anderer weiß von unserer Zusammenarbeit.«

Da waren sie wieder, diese seltsamen Andeutungen, aber ich nickte nur und ging nicht weiter darauf ein.

Ellen erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung aus dem niedrigen Sessel.

»Es wird schon alles gut«, sagte sie. Wieder musterte sie mich kritisch. Dann winkte sie mir zu und verließ den Raum.

*

Nach der langen Nachtruhe war ich gut erholt – physisch und psychisch. Ich fühlte mich wohl und ließ mich auch von dem merkwürdigen Benehmen der Managerin nicht beirren.

Ein Blick auf das Display verriet mir, dass ich noch fast eine Stunde Zeit hatte. Ich beschloss, mir zunächst ein Bad zu gönnen und nach langer Zeit wieder einmal heißes Wasser und Seifenschaum auf mich wirken zu lassen. Es war ein echter Genuss!

Da ich von der Käseschnitte nicht satt geworden war, öffnete ich den Eisschrank und stellte fest, dass mir dort ein guter Geist einige appetitlich aufgemachte Packungen mit Fertigkost hineingelegt hatte. Bald danach saß ich in einem flauschigen Morgenmantel bei einem richtigen Frühstück.

Dann sah ich nach, was für Kleidungsstücke man für mich vorbereitet hatte. Es war alles dabei, was man bei einem kurzen Aufenthalt in einem Hotel braucht: Kleidungsstücke nicht gerade von den bekannten Markenfirmen, aber bequem und genau passend. Hier war man also nicht nur über meine Ankunft, sondern auch über meine Körpermaße informiert. Mir sollte es recht sein – früher oder später würde sich das schon klären.

Ein paar Minuten später klopfte es an der Tür, draußen stand ein junger Hotelangestellter in einem schicken Dress und bat mich, ihm zu folgen. Und auch eine grau uniformierte Frau mit einer Waffe im Arm fehlte nicht. Mit dem Lift ging es einige Stockwerke hinunter, und als wir die Kabine verließen, sah ich mich erstaunt um: Hier herrschte der Luxus, der mir vorenthalten wurde: mit Samt verkleidete Wände, Teppiche dick wie der Rasen von Vorstadtgärten, wertvoll aussehende Bilder in noch wertvolleren Rahmen, gläserne Leuchter mit Goldglanz-Glühlampen und Türen, an denen man Fernsehkontakt mit den Bewohnern aufnehmen konnte. Dagegen wirkte mein Zimmer geradezu ärmlich.

In einem nicht weniger vornehm ausgestatteten Seitenteil dieses Stockwerks lagen die Räume der Direktion. Dort lieferte mich der Bedienstete ab, und ich kam in ein Zimmer, das zwar auch teuer eingerichtet war, aber mit Glas und Metall kühl und zurückhaltend wirkte: Ellens Büro. Ich betrat es von einem kleineren Nebenraum aus, in dem zwei Angestellte vor ihren Arbeitstischen saßen.

Ellen Warwick hielt sich nur kurz mit ein paar persönlichen Worten auf. »Ich hoffe, Sie hatten eine gute Nacht. Im Übrigen freut es mich, Sie persönlich kennen zu lernen. Ich erinnere mich noch an Ihren spektakulären Sprung in die Höhle, über den in allen Medien berichtet wurde. Ich habe es in Holo-Vision verfolgt. Bei diesen Aufnahmen wurde ich richtig schwindelig.«

Sie lächelte zurückhaltend, und da ich nichts dazu sagte, fuhr sie fort: »Ich werde Ihnen ein wenig über das Globe-Hotel erzählen. Sie finden es in einer besonderen Situation vor. Es ist Ihnen bekannt, dass hier der so genannte Supergipfel stattfinden wird, eine Veranstaltung, die aus verschiedenen Gründen recht ungewöhnlich ist. Auf der einen Seite ist es eine Ehre, dass wir das Hotel dafür zur Verfügung stellen dürfen. Nicht zuletzt ist es die damit verbundene Publicity, die für uns wichtig ist. Andererseits müssen wir eine Menge Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen.«

Da sie in ihren Erklärungen eine kleine Pause machte, erkundigte ich mich, worin diese bestünden.

»Es sind besonders die Sicherheitsmaßnahmen, mit denen man uns die ganze Zeit über nervt«, erklärte Ellen. »Es ist unangenehm genug, dass uns der normale Nachrichtenaustausch untersagt wurde: Wir können zwar Nachrichten empfangen, dürfen aber selbst keine Verbindung nach außen aufnehmen. Besonders störend ist es aber, dass wir außer den Politikern noch dreißig Angehörige des Internationalen Sicherheitsdienstes unterbringen müssen. Sie halten das Hotel geradezu besetzt. Sie schnüffeln überall herum. Spezialtrupps mit Suchgeräten haben alle Räume vom Keller bis zum Dach kontrolliert. Von unseren Lebensmittelvorräten wurden Stichproben entnommen und chemisch auf Gifte oder psychogene Drogen analysiert. Das gesamte Personal, ich selbst mit eingeschlossen, wurde genau geprüft – Befragungen, fast schon Verhöre. Alle Bediensteten, die erst in den letzten zwei Jahren eingestellt worden waren, mussten wir – zumindest zeitweise – entlassen. Als Ersatz kamen Leute, die von der Miliz selbst ausgesucht wurden. Ich habe meine Zweifel, dass es sich um versiertes Hotelpersonal handelt. Das ist im Übrigen das Nächste, was auch Sie über sich ergehen lassen müssen: diese Befragung. Ihre Personalien wurden ja schon bei Ihrer Ankunft geprüft, und es scheint alles in Ordnung. Aber das genügt ihnen offenbar noch nicht. Sie werden sich wundern, was diese Leute alles wissen wollen.«

Zwinkerte sie mir zu, oder bildete ich mir das nur ein? Schon sprach sie weiter. »Jetzt wird wohl noch geprüft werden, ob die Umstände Ihrer überraschenden Ankunft hier mitten im Sperrgebiet wirklich harmloser Natur sind.«

Ellen musterte mich mit einer Mischung aus Zweifel, Spott und Überlegenheit. Dann setzte sie, ohne ein Pause entstehen zu lassen, ihre Erklärungen fort. »Ich bin überzeugt davon, dass Sie diese Befragung gut überstehen. Wenn Sie das hinter sich haben, werden wir weitersehen. Bitte melden Sie sich dann gleich wieder bei mir.« Sie drückte einen Knopf, und der junge Mann, der mich hierher gebracht und im Nebenraum gewartet hatte, kam herein. »Bring Herrn Caretti in den Westflügel, wo sich die Miliz einquartiert hat. Gib ihn dort an der Sperre ab.«

Der Eintritt in jenen Teil des Hotels, in dem sich die Miliz einquartiert hatte, führte durch eine offenbar erst kürzlich eingezogene Zwischenwand; der Durchlass war durch ein bis zur Decke reichendes metallenes Drehkreuz verschlossen. Es bildete einen krassen Gegensatz zu den seidenen Teppichen und den mit Samt verkleideten Wänden.

Von der Gegenseite her hatte man offensichtlich mein Eintreffen registriert, aus der Tiefe des Gangs trat ein Uniformierter mit silbernen Spangen an den Schultern und befahl mir hereinzukommen. Ich nannte meinen Namen, worauf er einem anderen, neben ihm aufgetauchten Soldaten niedrigeren Ranges ein paar geflüsterte Anweisungen gab.