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Robin bekam nichts von der unter ihm dahingleitenden Landschaft mit, und selbst den wundervollen Anblick der Berge und Gletscher nahm er kaum wahr. Er brachte es nicht über sich, die Zeit ungenutzt vergehen zu lassen. So beschaffte er sich während des Fluges über sein MobilSet Informationen über die geographischen Verhältnisse im fraglichen Gebiet, die für ihn ein Buch mit sieben Siegeln waren. Er erfuhr, dass es im zentralen Bereich der Arktis kein Festland gab und dass die Eisregion des Nordpols kein Kontinent war, sondern eine Ansammlung im Wasser schwimmender Eisblöcke, darunter solche von mehr als 100 Kilometern Durchmesser.

Es gab sogar Angaben über den Bohrturm und das Globe-Hotel. Die Insel befand sich inmitten eines der größten, langsam dahintreibenden Eismassive. Sie war durch eine künstlich induzierte Kernreaktion mit Hilfe kurzlebiger Isotope in die Eisdecke geschmolzen worden. Dabei ging es um die Suche nach Erdöclass="underline" Die Scholle befand sich nämlich über einer Gegend der unterseeischen arktischen Schichten, in denen man Erdöl vermutete, und würde nach den Berechnungen der Geologen in den nächsten Jahren weiter über erdölführende Schichten driften. Die künstliche Insel wanderte mit, wobei der Bohrturm durch eine berührungslose Verankerung auf der Basis elektronischer Sensoren in der Mitte gehalten wurde. Jedesmal, wenn er eine dafür günstige Stelle erreichte, erfolgte eine Probebohrung.

Robin merkte, dass seine Konzentrationsfähigkeit nachließ, jetzt spürte er die Folgen seiner Rastlosigkeit; er lehnte sich erschöpft im Liegesessel zurück und schloss die Augen …

Als man ihn weckte, glaubte er nur ein paar Minuten gedöst zu haben, aber es waren volle drei Stunden vergangen. Er hatte die Entfernung, die es zurückzulegen galt, erheblich unterschätzt. Und er war auch noch nicht am Ziel, sondern musste noch einmal umsteigen. Mit einem Helikopter flogen sie nun geradewegs in die Region des Polarmeers hinein. Unter ihnen lag eine Wolkendecke, doch sie hatte Lücken, und nun erregte das, was da durch sie hindurch zu erblicken war, doch Robins Aufmerksamkeit. Eine gigantische Eiswüste – das hatte er über die nun unter ihm liegenden Formationen gelesen –, doch dort unten lag keine Ebene, wie er sie erwartet hatte, sondern eine Wildnis aus emporragenden Eisbergen. Zunächst gab es noch größere Wasserflächen, doch bald schlossen sie sich zu einer zusammenhängenden Bergregion zusammen. Wo die Sonnenstrahlen hinunterreichten, präsentierte sie sich als ein Chaos aus weiß glitzernden Mustern, und wo sich die Schatten darüber breiteten, war es ein Fleckenteppich in Grau und Schwarz. Robin machte sich darauf gefasst, dass er das Bild, das er sich von der Eisinsel gemacht hatte, revidieren musste. Und er begann auch zu ahnen, wie verwegen Angelos Absicht gewesen war, ein solches Gelände auf sich allein gestellt zu durchqueren.

Draußen wanderten Wolkenschwaden vorbei, der Helikopter ging allmählich tiefer. Er durchstieß die Wolkendecke, wobei er kräftig durchgerüttelt wurde, und auf einmal war unten, am Ufer einer Wasserfläche, eine Gruppe von barackenartigen Häusern zu sehen, sowie Silos und Ölbehälter. Auf einem künstlich geebneten Platz standen Fahrzeuge, Traktoren und Motorschlitten, deren Fahrspuren nebenan im Schnee eine chaotisch verschlungene Kalligraphie hinterlassen hatten. Dazwischen erhob sich ein hoher Sendemast mit mehreren seltsam geformten Antennen.

Der mit Kufen ausgerüstete Helikopter setzte innerhalb eines mit roter Farbe auf das Eis gepinselten Kreises auf, und kurze Zeit danach konnte Robin aussteigen und ins Freie treten, wo ihm ein Schwall eisiger Kälte entgegenschlug.

Kjell Fredersen, der Leiter der Station, hatte Robin bereits erwartet. Er führte ihn in den Aufenthaltsraum und machte ihn mit einigen Mitarbeitern bekannt.

»Willst du erst deine Kammer beziehen?«, fragte er, und als Robin den Kopf schüttelte, kam er ohne Zaudern zur Sache. »Ich muss dir etwas mitteilen, was wir uns selbst nicht erklären können. Doch es könnte mit deinem Auftrag zusammenhängen.«

Sie nahmen auf Klappstühlen Platz, die in einer Ecke des Raums um ein kleines Tischchen herum standen.

»Was ist geschehen?«, fragte Robin. »Mach es nicht so spannend.«

Kjell ließ sich nicht zur Eile drängen. Er erhob sich und holte eine Teekanne von einer Kochplatte, dann goss er die dampfende Flüssigkeit in einen Papierbecher, den er dem Gast zuschob. »Wir haben eine Druckwelle im Wasser festgestellt, und auch seismische Erschütterungen, die sicher auf dasselbe Ereignis zurückgehen. Das Zentrum scheint in jener Gegend der Bohrinsel zu liegen, in die wir dich bringen sollen.«

»Und was bedeutet das?«, fragte Robin, den eine dunkle Ahnung beschlich.

»Ein Seebeben – hätte ich normalerweise gesagt. Aber das kann man in dieser Region wohl ausschließen. Ich tippe auf eine Explosion, aber eine von ungewöhnlicher Stärke.«

»Das könnte auf der Bohrinsel geschehen sein«, sagte Robin leise – eher zu sich selbst als zu den anderen. Er mochte das, was er da aussprach, selbst nicht glauben. War es möglich, dass die Verbrecher, um die Zeugen zum Schweigen zu bringen, das Hotel gesprengt hatten?

Eine Weile war es still im Raum, und auch die Forscher, die sich zu Fredersen und Robin an den Tisch gesetzt hatten, schienen das, was sich da andeutete, nicht glauben zu können. Es waren junge, sportliche Männer und Frauen in Pullovern und wasserdichten Jeans, die sonst nichts so leicht erschüttern konnte.

»Hat man etwas davon in den Nachrichten gehört?«, fragte schließlich einer von ihnen.

»Bis jetzt ist noch nichts gemeldet worden«, antwortete Kjell. Er stand auf und rückte einen altmodischen Fernsehapparat so zurecht, dass alle die Bildfläche sehen konnten: In einem festlich beleuchteten Raum schien eine Party stattzufinden, und dann sah man Lester Hawk, der Fragen eines Reporters nach dem Ablauf der Konferenz beantwortete. Kein Hinweis auf einen Unglücksfall.

»Ist ein Irrtum möglich?«, erkundigte sich Robin, doch der Forschungsleiter verneinte entschieden.

»Ich verstehe es auch nicht«, sagte Robin. »Wenn sich dort tatsächlich eine Katastrophe ereignet hat, dann müssten es die Nachrichtendienste doch wissen. Dann sollte doch schon längst eine Rettungsaktion eingeleitet sein!«

Kjell zuckte die Achseln. »Ungewöhnlich, das Ganze. Vorhin habe ich unsere Beobachtung der Erdbebenzentrale gemeldet. Ich bin sicher, dass inzwischen alle verantwortlichen Stellen unterrichtet sind.«

»Welche Erklärungen es dafür auch immer gibt … Jedenfalls müssen wir so schnell wie möglich handeln – nach Überlebenden suchen und sie versorgen. Wir können versuchen, mit Motorschlitten an die Unglücksstelle zu kommen. Der Herd der Explosion ist nur 50 Kilometer von hier entfernt.«

»Es war doch von einem U-Boot die Rede«, warf Robin ein. Er war überzeugt davon, dass jene, die die Explosion verursacht hatten, keine Hilfsaktion mit Motorschlitten zulassen würden, und außerdem hoffte er, dass man unter dem Eis schneller vorankommen würde.

Kjell wiegte unschlüssig den Kopf. »Ein solcher Einsatz muß gründlich vorbereitet werden. Wenn die Techniker die Nacht über daran arbeiten, können wir schon morgen früh aufbrechen. Dann sind wir vielleicht schon in drei bis vier Stunden dort. Ich muss mir aber zuvor noch die Seekarten anschauen. In dieser Gegend erhebt sich der Meeresboden oft bis an die Unterseiten der Schollen heran. Es kommt darauf an, ob wir einen brauchbaren Weg finden. Ich werde gleich nachsehen. Ich schlage vor, wir treffen uns in einer halben Stunde zum Essen.«

Robin wäre am liebsten bei Kjell geblieben, aber sicher war es besser, wenn sich dieser ungestört seinem Problem widmen konnte.