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Velen war ein exzellenter Gastgeber. Er stellte Fragen und schien an den Antworten interessiert. Wie alt die Jungen sein mussten, damit sie Oger jagen durften. Wann sie sich ein Weib aussuchten. Was ihr Lieblingsessen war, ihre bevorzugte Waffe. Orgrim taute bei dem Gespräch noch mehr auf als Durotan und erzählte, wie tapfer er wäre. Zu seiner Verteidigung sei gesagt, dass er seine Geschichten nicht groß ausschmücken musste.

„Wenn mein Vater stirbt, werde ich den Schicksalshammer erben“, sagte Orgrim stolz. „Es ist eine alte, ehrenvolle Waffe, die seit Generationen vom Vater an sein ältestes Kind gegeben wird.“

„Du wirst ihn gut handhaben, Orgrim“, gab sich Velen überzeugt. „Aber ich vertraue darauf, dass noch viele Jahre vergehen werden, bevor du den Namen Schicksalshammer übernehmen wirst.“

Die Tatsache, dass sein Vater erst sterben musste, bevor der Schicksalshammer Orgrim gehören würde, schien dem jungen Orc für einen Moment entfallen zu sein, und er verstummte augenblicklich.

Velen lächelte, mit einer Spur von Bedauern, wie Durotan glaubte. Dabei erschienen feine Risse auf Velens Gesicht, wie ein feines Spinnennetz auf der weißen Oberfläche. „Aber beschreib mir diesen Hammer. Er muss eine mächtige Waffe sein.“

Orgrim bekam wieder Farbe im Gesicht. „Er ist gigantisch. Der Stein ist schwarz und stumpf und mächtig. Und der Schaft ist aus sorgsam bearbeitetem Holz gefertigt. Über die Jahre musste der Schaft ausgetauscht werden, aber der Stein hat nicht einen einzigen Kratzer. Er wird Schicksalshammer genannt, weil jeder Gegner seinem Schicksal begegnet, wenn sein Besitzer ihn mit in die Schlacht nimmt.“

„Ich verstehe“, sagte Velen und lächelte immer noch.

Orgrim erwärmte sich für das Thema. „Und es gibt da noch eine Prophezeiung“, fuhr er fort. „Man sagt, dass der Letzte aus der Familie des Schicksalshammers ihn dazu benutzen wird, um zuerst Erlösung und dann Vernichtung über das Volk der Orcs zu bringen. Dann wird er in die Hände eines anderen übergehen, in die Hände von jemanden, der nicht vom Schwarzfels-Clan ist, und erneut wird sich alles ändern, und man wird ihn wieder einsetzen für die gerechte Sache.“

„Das ist eine machtvolle Prophezeiung“, sagte Velen. Er sagte nichts mehr, aber Durotan spürte einen Schauder. Dieser Mann wurde von seinem Volk „Prophet“ genannt. Wusste er, dass die Schicksalshammer-Prophezeiung die Wahrheit verkündete? Durotan traute sich nicht, eine entsprechende Frage zu stellen.

Orgrim fuhr fort und beschrieb den Schicksalshammer in liebevollen Details. Durotan, der die Waffe gesehen hatte, hörte nicht mehr auf Orgrims Geschwafel und konzentrierte sich auf Velen. Warum war der an dem Thema so interessiert?

Durotan war ein sensibler Junge. Er hatte ein paar Gesprächsfetzen seiner Eltern aufgeschnappt, die wegen dieser Sensibilität sehr besorgt waren. Sie hatten mit Mutter Kashur darüber gesprochen, die sich darüber lustig gemacht und ihnen gesagt hatte, sie sollten sich über wichtigere Dinge Gedanken machen und den Jungen „seinen Weg gehen lassen“.

Durotan jedenfalls erkannte vorgeheucheltes Interesse und war überzeugt, es selbst bei einem Draenei ausmachen zu können. Aber Velens helle blaue Augen strahlten, sein freundliches, wenngleich hässliches Gesicht war offen, seine Fragen aufrichtig. Er wollte etwas von den Orcs erfahren. Und je mehr er zuhörte, desto trauriger wurde er.

Ich wünschte, Mutter Kashur wäre an meiner Stelle hier, dachte Durotan auf einmal. Sie würde dies hier eher zu schätzen wissen als Orgrim oder ich.

Als Orgrim die Beschreibung des Schicksalshammer beendet hatte, fragte Durotan: „Kannst du uns von deinem Volk erzählen, Prophet? Wir wissen so wenig darüber. In den letzten Stunden habe ich mehr erfahren als alle Orcs in den letzten hundert Jahren, schätze ich.“

Velen richtete seine glühenden blauen Augen auf Durotan. Der junge Orc wollte dem Blick ausweichen. Nicht, weil er sich fürchtete, sondern weil er sich noch nie so... beobachtet gefühlt hatte.

„Die Draenei haben niemals etwas über sich verheimlicht, junger Durotan. Aber... ich glaube, du bist der Erste, der fragt. Was möchtest du wissen?“

Alles, wollte Durotan sagen. Stattdessen antwortete er: „Die Orcs haben die Draenei niemals vor den zweihundert Sommern gesehen. Rastalaan sagte, ihr seid hier mit einem großen Schiff angekommen, das den Himmel bereisen konnte. Erzähl mir mehr davon.“

Velen trank einen Schluck von dem Getränk, das für Durotan nach Sommer schmeckte, und lächelte. „Ich beginne damit: Draenei ist nicht unser richtiger Name. Es ist ein Begriff unserer Sprache und bedeutet: Verbannte.“

Durotan schnappte nach Luft.

„Wir hatten eine Auseinandersetzung mit anderen in unserer Welt. Wir entschieden uns gegen die Sklaverei und wurden dafür verbannt. Wir haben lange nach einem Platz zum Leben gesucht, einem Ort, der zu unserer neuen Heimat werden sollte. Wir verliebten uns in dieses Land, und wir nannten es Draenor.“

Durotan nickte. Er hatte den Begriff schon zuvor gehört. Er mochte dieses Wort, wie es auf seiner Zunge klang, wenn er es aussprach. Die Orcs hatten keinen anderen Begriff für diesen Ort. Sie nannten ihn Welt.

„Es ist ein Begriff aus unserer Sprache, daher sind wir nicht so eingebildet zu glauben, die Orcs benützten ihn auch. Doch so haben wir das Land genannt, und wir lieben Draenor innig. Es ist eine schöne Welt, und wir haben schon viele Welten gesehen.“

Orgrim schnappte nach Luft. „Ihr habt andere Welten gesehen?“

„In der Tat, das haben wir. Und wir haben viele Völker getroffen.“

„Völker wie die Orcs?“

Velen lächelte sanft. „Es gibt nichts, das mit den Orcs vergleichbar wäre“, sagte er, und Respekt klang in seiner Stimme. „Ihr seid einzigartig auf unseren Reisen.“

Durotan und Orgritn schauten einander an und richteten sich in den Stühlen ein wenig auf.

„Aber ja, wir reisten eine ganze Weile lang, bevor wir dieses Land fanden. Hier sind wir nun, und hier werden wir sterben.“

Durotan brannte darauf, mehr zu erfahren. Er wollte fragen, wie lange sie gereist waren, wie ihre Heimatwelt gewesen war, warum sie sie verlassen hatten. Aber da war etwas in Velens zeitlosem Gesicht, das ihm sagte, dass der Anführer der Draenei ihm diese speziellen Fragen nicht beantworten würde, auch wenn er ihm zu fragen erlaubt hatte.

Stattdessen fragte er, wie ihre Waffen und ihre Magie funktionierten.

„Unsere Magie entspringt der Erde“, erklärte Durotan. „Die Schamanen und die Ahnen entlocken sie ihr.“

„Unsere Magie entspringt einer anderen Quelle“, entgegnete Velen. „Ich glaube aber nicht, dass ihr sie verstehen würdet, würde ich sie erklären.“

„Wir sind nicht dumm!“, sagte Orgrim entrüstet.

„Vergebt mir, wenn ich den Eindruck erweckte, dies zu glauben“, sagte Velen sofort, und er sagte es so offen und ehrlich, dass Durotan erneut beeindruckt war. „Euer Volk ist weise, und ihr beiden seid intelligent. Aber... ich glaube nicht, dass ich die passenden Worte in eurer Sprache kenne. Ich bezweifle nicht, dass ihr es verstehen würdet, hätte ich genügend Zeit und wüsste das entsprechende Vokabular, aber...“

Selbst in der Erklärung schien er nach Worten zu suchen. Durotan dachte an diese Magie, die ganze Städte verbergen konnte, dachte an das unheimliche weiche Metall, das irgendwie mit Edelsteinen und Stein verschmolzen war, und erkannte, dass Velen recht hatte: Es gab keinen Orc, der das alles innerhalb eines einzigen Abends begriffen hätte. Obwohl er vermutete, dass Mutter Kashur mehr Verständnis würde aufbringen können als jeder andere Orc, und er fragte sich, warum die beiden Völker nicht miteinander redeten.

Die Unterhaltung wandte sich gewöhnlicheren Dingen zu. Die beiden Jungen erfuhren, dass tief im Wald von Terokkar ein Ort lag, der den Draenei heilig war und den sie Auchindoun nannten. Dort wurden die Toten bestattet, im Boden vergraben, anstatt sie auf Scheiterhaufen zu verbrennen. Durotan hielt das für merkwürdig, doch er hielt seine Zunge im Zaum. Telmor lag dieser „Stadt der Toten“ am nächsten, und Velen war gekommen, um jemanden zu beerdigen, der im Kampf gegen jenen Oger gefallen war, der Orgrim und Durotan last getötet hatte.