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Er musste das Tier erlegen, allein mit einer einzigen Waffe und ohne Rüstung.

Es gab natürlich Gerüchte: Jeder durchschnittliche Talbuk reicht, um die Forderungen des Rituals zu erfüllen. Das hatte er jemanden sagen hören, als er mit verbundenen Augen im Wartezelt gesessen hatte. Sie sind alle wilde Kämpfer, aber zu dieser Jahreszeit haben alle Männchen ihre Geweihe abgeworfen.

Auch anderes Geflüster hatte er gehört: Du darfst nur eine Waffe mitnehmen, Durotan, Sohn von Garad, aber du könntest eine Rüstung in der Wildnis verstecken, niemand würde es merken.

Und der schandhafteste Rat: Der Schamane wird deinen Erfolg testen, indem er das Blut auf deinem Gesicht probiert. Das Blut von einem lang toten Talbuk schmeckt genauso wie das eines frisch erlegten.

Er widerstand all den Versuchungen. Vielleicht gab es andere Orcs, die ihnen nachgegeben hatten. Aber er würde nicht dazu gehören. Durotan würde ein Weibchen suchen, die zu dieser Jahreszeit prächtig mit Hörnern bestückt waren. Er würde die eine Waffe mitnehmen, die ihm gestattet war, und das Blut, mit dem er sich das Gesicht einschmieren würde, würde das Blut des Tieres sein, das er erlegt hatte.

Mittlerweile stand er im unerwartet frühen Schneefall, und die Axt in seiner Hand wurde immer schwerer. Durotan fror, aber er zögerte nicht.

Er war der Talbuk-Herde schon seit zwei Tagen gefolgt, und er hatte sich nur von dem ernährt, was er fand, machte kleine Feuer in der Dämmerung, die den Schnee in ein lanvendelfarbenes Licht tauchte, und schlief, wo immer es sich gerade anbot. Orgrim hatte seinen Ritus bereits erfolgreich hinter sich gebracht. Durotan beneidete seinen Freund darum, dass er im Sommer geboren war. Er hatte gedacht, dass es in diesem Herbst auch noch nicht zu schwer werden würde, aber der Winter war dieses Mal vor der Zeit gekommen, und es war bitterkalt.

Es schien, als ob ihn die Herde verspotten wollte. Er fand ihre Spuren und Hinterlassenschaften sehr leicht, er konnte sehen, wo sie nach trockenem Gras im Schnee gegraben oder Borke von den Bäumen gefressen hatten, aber die Tiere entkamen ihm jedes Mal. Es war am späten Nachmittag des dritten Tages, als die Ahnen wohl beschlossen haben, ihn für seine Hartnäckigkeit zu belohnen. Die Dämmerung kam, und Durotan hatte mit sinkendem Herzen daran gedacht, dass er wieder Schutz suchen musste, um einen fruchtlosen Tag zu beenden. Dann fiel ihm auf, dass die kleinen Kügelchen Kot nicht hart gefroren waren, sondern frisch.

Sie waren in der Nähe.

Er begann zu laufen, der Schnee knirschte zwischen seinen Fellschuhen, und eine neue Wärme durchflutete ihn. Er folgte den Spuren. wie er es gelernt hatte, erklomm eine Anhöhe...

Und sah eine ganze Herde herrlicher Tiere.

Sofort ließ er sich hinter einen großen Felsen fallen und lugte herum, um die Tiere zu beobachten. Sie waren immer noch dunkelbraun, gut zu erkennen gegen den weißen Schnee; das Winterfell trugen sie noch nicht. Es waren mindestens zwei Dutzend, vielleicht mehr, größtenteils Weibchen. Er hatte die Herde gefunden, doch nun hatte er ein anderes Problem. Er wollte nur ein Tier erledigen. Anders als anderes Wild, beschützten Talbuks sich gegenseitig. Wenn er eins attackierte, würde es der Rest der Herde verteidigen.

Schamanen begleiteten die Jäger, um die Tiere abzulenken. Durotan jedoch war allein, und plötzlich fühlte er sich sehr verwundbar.

Er fröstelte und beruhigte sich selbst. Er hatte die Tiere seit drei Tagen gesucht, und er hatte sie endlich gefunden. An diesem Abend würde er eine frische Fleischlende essen oder sein steif gefrorener Orckörper würde im Schnee verenden.

Er beobachtete sie eine Weile, während die Schatten immer länger wurden, aber er wollte nichts überstürzen, um dann einen Fehler zu begehen. Talbuk waren tagaktive Tiere, deshalb gruben sie Löcher für die Nacht in den Schnee. Er hatte gewusst, dass sie so etwas taten, und dennoch beobachtete er mit Bestürzung, wie sie sich eng aneinanderschmiegten. Wie sollte er ein Tier davon abtrennen?

Eine Bewegung fiel ihm auf. Eins der Weibchen, jung und gesund von einem milden Sommer, gab sich einem Festmahl von süßem Gras und Beeren hin. Sie schien in angriffslustiger Stimmung zu sein, stampfte und warf ihren Kopf herum, der gekrönt war von einem herrlichen Satz Hörnern. Sie tanzte förmlich um die anderen herum, schien nicht geneigt, ihnen zu folgen, und wie ein, zwei andere entschied sie sich außerhalb der Herde zu schlafen.

Durotan grinste. Die Ahnen sandten ihm ein Zeichen – die lebhafteste, gesündeste Kuh der ganzen Herde, die es nicht nötig hatte, geistlos den anderen zu folgen, sondern ihren eigenen Weg wählte. Obwohl diese Wahl wohl ihren Tod bedeutete, gab es Durotan die Möglichkeit, Ehre zu gewinnen, sodass man ihn fortan als Erwachsenen behandeln würde.

Durotan wartete. Die Dämmerung kam und ging, und die Sonne versank hinter den Bergen. Mit der Sonne schwand auch die schwache Wärme, und Durotan wartete mit der Geduld des Jägers. Schließlich legten sich auch die letzten Tiere nieder.

Endlich bewegte sich Durotan. Seine Glieder waren steif, und beinahe wäre er gestolpert. Er kroch langsam von seinem Versteck hinter dem Felsen hervor und arbeitete sich den Abhang hinunter. Seine Blicke waren auf das schlummernde Weibchen gerichtet. Ihr Kopf hing auf dem langen Hals, ihr Atem ging gleichmäßig; er konnte kleine weiße Wölkchen vor ihrer Schnauze ausmachen.

Langsam und vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend schlich er auf seine Beute zu. Er spürte die Kälte nicht; die Hitze der Erwartung, der kraftvolle Fokus auf den Angriff vertrieb alle unangenehmen Gefühle. Er kam immer näher, und immer noch träumte der Talbuk.

Er hob die Axt. Er schlug zu.

Ihre Augen öffneten sich. Sie versuchte auf die Beine zu kommen, aber der Todesstoß war bereits unterwegs. Durotan wollte den Kriegsschrei brüllen, den er von seinem Vater so oft gehört hatte. Aber er hielt sich zurück. Es würde nichts nützen, den Talbuk zu töten, nur um dann selbst von einem Dutzend der Herde aus Rache getötet zu werden. Er hatte das Axtblatt frisch geschärft, deshalb fuhr es durch den dicken Nacken, als wenn es durch Käse schneiden würde. Blut schoss hervor, die warme, klebrige Flüssigkeit bespritzte Durotan, und er lächelte grimmig. Sich mit dem Blut des ersten selbst getöteten Tiers einzureiben war Teil des Rituals; das hatte bereits die Talbukkuh für ihn getan. Auch ein Zeichen der Ahnen.

Da hörte er die Geräusche der erwachenden Herde. Er wirbelte herum, atmete schwer und brüllte den Kriegsschrei, hob die Axt. Das Blatt aus Metall war mit rotem Blut beschmiert. Er brüllte erneut.

Die Talbuks zögerten. Man hatte ihm erzählt, dass die Tiere eher flohen als angriffen, wenn sie erkannten, dass sie ihrer Schwester nicht mehr helfen konnten. Er hoffte, dass dies den Tatsachen entsprach. Einen oder zwei würde er besiegen können, aber wenn sie sich tatsächlich zum Angriff entschieden, würde er ihren Hufen nicht entkommen.

Langsam begannen sie sich zurückzuziehen, wirbelten dann herum und liefen davon. Er beobachtete, wie sie über die Anhöhe galoppierten, bis sie entschwanden. Ihre Hufabdrücke auf dem makellosen Schnee waren der einzige Beweis, dass sie überhaupt da gewesen waren.

Durotan senkte die Axt und keuchte vor Anstrengung. Er stand wieder auf und brüllte einen Siegesschrei. Sein leerer Magen würde an diesem Abend voll werden, der Geist des Talbuks würde in seinen Träumen erscheinen. Und am Morgen würde er als erwachsener Mann zu seinem Volk zurückkehren, bereit, seinen Platz im Clan einzunehmen.

Bereit, eines Tages sein Anführer zu werden.

„Warum reiten wir nicht?“, fragte Durotan gereizt und schmollte wie ein Kind.

„Weil es gegen die Regeln verstößt“, sagte Mutter Kashur knapp. Verärgert knuffte sie den Jungen. Durotan war jung und fit. Der lange Aufstieg zum heiligen Berg der Ahnen fiel ihm nicht schwer. Sie dagegen wäre sehr gern auf dem Rücken ihres großen Wolfes Dreamwalker geritten. Aber die Tradition schrieb es anders vor. Und solange sie laufen konnte, würde sie laufen. Durotan neigte den Kopf, während sie weitergingen.