Выбрать главу

Gul’dan wartete, bis jeder seinen Platz eingenommen hatte, bevor er auf das Zelt zuging. Die Schamanen, die in dieser geheimnisvollen neuen Magie unterwiesen worden waren, folgten ihm. Sie alle bewegten sich mit Zuversicht und Stolz. Vor dem Zelt blieben sie stehen, und Gul’dan winkte ein paar der Schwarzfelskrieger heran, die vortraten.

In diesem Moment drehte der Wind. Durotans Augen weiteten sich, als er einen vertrauten Geruch wahrnahm.

Draenei...

Leises Gemurmel um ihn herum sagte ihm, dass er nicht der Einzige war, der es roch. In diesem Moment nickte Gul’dan den Kriegern zu. Sie verschwanden kurz im Zelt.

Acht Draenei mit gefesselten Hände wurden aus dem Zelt geführt. Ihre Gesichter waren geschwollen von Schlägen, Lumpen steckten ihnen im Mund, und Blut klebte auf ihrer blauen Haut und auf den Überresten ihrer Kleidung.

„Als die Schamanen des Schwarzfels-Clans jene Magie einsetzten, die ich mit euch teilen will, konnten sie sogar ein paar Gefangene machen“, sagte Gul’dan voller Stolz. „Diese Gefangenen werden mir helfen, euch zu zeigen, was wir mit diesen neuen magischen Fähigkeiten alles machen können.“

Empörung flutete durch Durotan. Einen Feind im bewaffneten Kampf zu schlagen war eine Sache, hilflose Gefangene abzuschlachten eine andere. Er öffnete den Mund, aber eine Hand auf seinem Arm stoppte ihn. Er sah ärgerlich auf und blickte direkt in Orgrim Schicksalshammers kühle graue Augen.

„Du hast davon gewusst“, zischte Durotan.

„Nicht so laut“, raunte Orgrim zurück, und er sah sich um, ob irgendjemand sie beobachtete. Aber das tat keiner, jedermanns Aufmerksamkeit galt Gul’dan und den gefangenen Draenei. „Ja, ich wusste es. Ich war dabei, als sie gefangen genommen wurden. So läuft das nun mal, Durotan.“

„Das war nie die Art der Orcs gewesen“, entgegnete Durotan.

„Sie ist es jetzt“, sagte Orgrim. „Diese Vorführung ist eine traurige Notwendigkeit. Sie mag uns jetzt nutzen, doch ich glaube nicht, dass wir so etwas öfter machen müssen. Wir wollen die Draenei töten, nicht quälen.“

Durotan starrte seinen jahrelangen Freund an. Orgrim hielt seinem Blick einen Moment stand, dann schaute weg. Durotan spürte, wie seine Empörung ein wenig abflaute. Immerhin hatte Orgrim begriffen, dass diese Veranstaltung gegen ihren Ehrenkodex verstieß, auch wenn er sie unterstützte. Aber was sonst hätte Orgrim auch tun können? Er war der Stellvertreter Schwarzfausts. Er war durch einen Eid an seinen Häuptling gebunden. Wie Durotan war er für andere verantwortlich, und vor dieser Verantwortung konnte er nicht davonlaufen. Zum ersten Mal in seinem Leben wünschte sich Durotan, ein einfaches Clanmitglied zu sein.

Er sah seine Gefährtin an. Sie schaute entsetzt, zuerst zu ihm, dann zu Orgrim. Und dann sah er, wie sich Trauer und Resignation auf ihre Züge legten, und sie senkte den Kopf.

„Diese Wesen sind momentan von Wert für uns“, sagte Gul’dan. Durotan, dessen Körper schwer wie Blei war, wandte seinen Blick dem Schamanen zu. „Wir werden sie benutzen, um unsere neuen Kräfte zu demonstrieren.“

Gul’dan nickte der ersten Schwarzfels-Schamanin in der Reihe zu, die sich verneigte. Leicht nervös schloss die Frau die Augen und konzentrierte sich. Ein Geräusch wie rauschender Wind erfüllte Durotans Ohren. Ein merkwürdiges Muster in violettem Licht erschien zu ihren Füßen und umgab sie schließlich, und über ihrem Kopf begann sich ein violetter Würfel langsam und träge zu drehen. Plötzlich erschien ein kreischendes Wesen zu ihren Füßen. Es hüpfte herum, seine Augen blitzten rot, seine kleinen, aber scharfen Zähne waren gebleckt, was fast wie ein Lächeln wirkte. Durotan hörte Murmeln und dann einige Schreckensschreie.

Andere Schamanen begannen ebenfalls, jene unheimlichen violetten Kreise und Würfel zu beschwören. Die Kreaturen erschienen aus dem Nichts. Einige waren große, formlose Wesen, blau und violett, die merkwürdig schwebten. Andere sahen weniger merkwürdig aus, abgesehen von ihren behuften Füßen und den fledermausähnlichen Flügeln. Einige waren groß, andere klein, und alle standen oder saßen still neben den Schamanen, die sie herbeigerufen hatten.

„Nette kleine Haustiere“, erklang die markante Stimme von Grom Hellschrei, die vor Sarkasmus triefte. „Aber was können sie?“

Gul’dan lächelte nachsichtig und sagte herablassend: „Geduld, werter Hellschrei, ist eine Stärke, keine Schwäche.“

Hellschrei verkniff die Augen zu schmalen Schlitzen, aber er blieb ruhig. Durotan nahm an, dass er so neugierig war wie alle anderen auch. Schwarzfaust lächelte ein wenig, schaute wie ein stolzer Vater. Er allein schien wenig überrascht von dem, was geschah, und Durotan begriff, dass er bereits die Kräfte der neu ausgebildeten Schamanen erlebt hatte.

Einer der Draenei wurde nach vorn geschoben. Seine Hände waren noch gefesselt, deshalb stolperte er ein paar Schritte auf seinen Hufen, dann stand er still. Sein Gesicht wirkte unbeteiligt. Nur sein sich langsam bewegender Schweif zeigte Anzeichen von Anspannung.

Eine Schamanin trat vor, bewegte die Hände und murmelte etwas. Die kleine Kreatur an ihrer Seite hüpfte und sprang, dann floss plötzlich Feuer aus ihren Klauenhänden, das den unglücklichen Draenei einhüllte. Im selben Moment zuckte ein Blitz aus Dunkelheit aus den Fingerspitzen der Schamanin und raste auf den Gefangenen zu. Der brüllte vor Schmerz, während sein blaues Fleisch durch den Angriff der kleinen Kreatur verbrannte. Aber er fiel erst auf die Knie, als der Schattenblitz ihn traf.

Wieder murmelte die Schamanin etwas, und Flammen züngelten direkt aus dem Fleisch des gefolterten Gefangenen. Er schrie vor Qual; seine Schreie wurden durch den Knebel in seinem Mund gedämpft. Er warf sich herum und zappelte wie ein Fisch auf dem Trockenen. Dann war er ruhig. Der Gestank von verbranntem Fleisch füllte die Luft.

Einen Moment lang herrschte Stille. Dann trafen Laute Durotans Ohren, mit denen er niemals gerechnet hätte: Rufe der Zustimmung und des Entzückens im Angesicht eines gefesselten Feindes, der hilflos zu Tode gefoltert worden war.

Durotan war vor Schreck wie erstarrt. Ein weiterer Gefangener wurde zur „Demonstration“ getötet. Dieser wurde mit einer Peitsche geschlagen, von einem der schöneren Diener der Schamanen, während gleichzeitig Feuer auf ihn herabregnete und die Dunkelheit ihn erdrückte. Ein dritter wurde nach vorn gebracht, dessen magische Essenz von einem Wesen ausgesaugt wurde, das aussah wie ein deformierter Wolf mit Tentakeln auf dem Rücken.

Durotan stieg die Galle hoch, als blaues Blut und Asche das bedeckten, was einst heiliges Land gewesen war. Land, das einst fruchtbar gewesen war, dessen innewohnende Ruhe brutal vernichtet worden war. Auf diesem Boden hatte er getanzt, hatte den Mond angesungen, hatte sich mit seinem Jugendfreund verschworen, hatte seine Geliebte geheiratet.

Auf diesem Boden hatten Generationen von Orcs ihre Einheit gefeiert, an einem Ort, so heilig, dass man jeden aufkommenden Zwist sofort unterbrach. Der Gestank des verkohlten Fleisches griff seine Nüstern an. Schlimmer noch war der Anblick seiner Brüder, davon einige sogar aus seinem eigenen Clan. Sie feierten ekstatisch die Qualen der hilflosen Wesen, die unfähig waren, auch nur auf ihre Gegner zu spucken.

Er erkannte, dass seine Hand schmerzte. Irgendwie betäubt sah er an sich herunter und bemerkte, dass Draka sie so fest drückte, dass sie seine Knochen zu brechen drohte.

„Auf die Schamanen!“, schrie jemand.

„Nein!“ Gul’dans Stimme klang über den Lärm der jubelnden Menge. „Sie sind nicht mehr länger Schamanen. Sie wurden von den Elementen verlassen, und sie werden sie nicht mehr anrufen und um ihre Hilfe betteln. Seht die, die Macht haben und keine Angst, sie zu benutzen. Seht die Hexenmeister!

Durotan löste seinen Blick von den Fingern, die sich mit denen seiner Gefährtin verknotet hatten, und sah zum heiligen Berg. Seine Flanken reflektierten den Schein der Sonne, und für einen langen Moment fragte sich Durotan, warum er nicht zerbarst wie das verschreckte Herz eines vernunftbegabten Wesens angesichts dessen, was in seinem einst tröstenden Schatten geschehen war.