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In der Nacht fanden ausgelassene Feiern statt. Durotan nahm an keiner teil und verbot es auch den Mitgliedern seines Clans. Als die Schamanen des Frostwolf-Clans beisammen saßen und in Stille aßen, wagte Drek’Thar die Frage zu stellen, von der Durotan wusste, dass sie ihrer aller Herzen bewegte.

„Mein Häuptling“, sagte Drek’Thar, „wirst du uns verbieten, die Kenntnisse der Hexenmeister zu erlernen?“

Es folgte langes Schweigen, unterbrochen nur vom Knacken des Feuers. Schließlich ergriff Durotan das Wort: „Ich muss euch erst eine Frage stellen. Gefiel euch, was den Gefangenen heute angetan wurde?“

Drek’Thar war offenkundig unbehaglich. „Es... wäre besser gewesen, wir hätten sie in ehrenhaftem Kampf getötet“, gab er zu. „Aber sie sind unsere Feinde. Das ist doch bewiesen.“

„Bewiesen an dem Tag, an dem sie sich zur Wehr setzten“, erwiderte Durotan scharf. „Das ist alles, was bewiesen ist.“

Drek’Thar wollte protestieren, aber Durotan gebot ihm zu schweigen. „Ich weiß, es ist der Wille unserer Ahnen, aber heute habe ich etwas gesehen, von dem ich geglaubt hatte, es nie miterleben zu müssen. Ich sah den heiligen Boden, auf dem sich seit zahllosen Jahren unser Volk in Frieden traf, besudelt mit dem Blut derjenigen, die nicht mal eine Hand heben konnten, um sich zu wehren.“

Er sah aus dem Augenwinkel eine Bewegung und roch Orgrims Geruch. Dennoch fuhr er fort: „Im Schatten des Oshu’gun selbst wurden die Draenei getötet, nicht, um die Bedrohung unseres Landes abzuwehren. Die Gefangenen wurden gemeuchelt, um unsere neuen... Talente zu demonstrieren.“

Orgrim räusperte sich, und Durotan winkte ihn zu sich. Orgrim war allen Anwesenden wohl bekannt, und er setzte sich an das Feuer mit der Vertrautheit eines willkommenen Gastes.

„Orgrim“, sagte Draka und berührte den Arm ihres Freundes sanft. „Die ersten... Hexenmeister sind von deinem Clan. Was denkst du darüber?“

Orgrim starrte in das Feuer, und seine schweren Augenbrauen zogen sich zusammen, als er seine Gedanken ordnete. „Wenn wir die Draenei bekämpfen wollen, dann sollten wir kämpfen, um zu siegen. Die Elemente haben die Schamanen verlassen. Sie waren nie wirklich verlässliche Verbündete, keine Freunde.“ Er sah Durotan an und lächelte, und trotz der Schwere in seiner Brust lächelte Durotan zurück. „Diese seltsamen Wesen und ihre seltsamen Kräfte... sie scheinen verlässlicher. Und zerstörerischer.“

„Irgendetwas stimmte mit ihnen nicht...“, murmelte Draka.

Drek’Thar sagte mit ruhiger Stimme: „Draka, ich kenne deine Bedenken. Es sind bestimmt keine Naturkräfte, zumindest nicht so, wie wir Schamanen die Natur empfinden. Aber wer sagt, dass das schlimm ist? Sie existieren, also müssen sie auch ihren Platz in der Ordnung haben. Feuer ist Feuer. Ob es aus den Fingern eines kleinen tanzenden Wesens kommt oder vom Geist des Feuersegens, es verbrennt Fleisch auf die gleiche Art. Ich stimme unserem Gast zu: Wenn wir in den Kampf ziehen, wollen wir auch siegen!“

Draka schüttelte den Kopf, und ihre schönen Augen blickten unglücklich. Ihre Hände bewegten sich, als würde sie auf diese Weise versuchen, nach den richtigen Worten zu greifen.

„Es geht um mehr als darum, Feuer zu beschwören oder die seltsamen Blitze aus Dunkelheit“, sagte sie. „Ich habe gegen die Draenei gekämpft, und nie sah ich sie sich in solcher Pein winden. Doch die Wesen, die den Hexenmeistern dienten, schienen das zu genießen.“

„Wir genießen die Jagd“, hielt Durotan dagegen. Er stritt sich nicht gern mit seiner Gefährtin, aber wie immer musste er erst alle Seiten einer Sache sehen, um zu entscheiden, was das Beste für seinen Clan war.

„Ist es falsch, den Sieg zu wollen?“, fragte Orgrim. „Ist es falsch, Triumph zu empfinden?“

„Auf der Jagd nicht. Ich aber spreche davon, anderen Qualen zuzufügen.“

Drek’Thar zuckte mit den Schultern. „Vielleicht leben die Wesen, die die Hexenmeister beschwören, von dieser Qual. Vielleicht erhält das ihre Existenz.“

„Aber erhält es auch unsere Existenz?“ Drakas Augen blitzten im Feuerschein, und Durotan erkannte sofort, dass ihre Tränen nicht von Wut, sondern von Frustration herrührten.

„Die Draenei hatten uns immer ihre überlegene Magie voraus, selbst als wir noch auf die Hilfe der Elemente zählen konnten“, sagte Drek’Thar. „Ich bin immer ein Schamane gewesen. Ich wurde so geboren. Und jetzt sage ich euch, ich heiße den Pfad des Hexenmeisters willkommen, wenn mein Clanführer mich ihn gehen lässt. Weil ich begreife, dass uns diese Kräfte nützen, nachdem ich mit den Elementen so lange zu tun hatte. Draka, ich würde sagen: Ja, ja, es erhält auch unsere Existenz. Denn die Kräfte der Elemente stehen uns nicht mehr zur Verfügung, und wir müssen die Draenei vom Antlitz dieser Welt vertreiben.“

Draka seufzte und vergrub das Gesicht in den Händen. Schweigen legte sich über die kleine Gruppe, das einzige Geräusch war das Knacken des Feuers. Durotan wusste die ganze Zeit, dass etwas fehlte. Aber erst jetzt erkannte er, was es war. Er vermisste die Laute der nachtaktiven Tiere, der Vögel, Insekten und anderer Lebewesen. Sie waren durch die jüngsten Ereignisse an diesem Ort vertrieben worden. Er versuchte es nicht als Omen zu sehen.

„Ich werde dem Frostwolf-Clan erlauben, die neuen Künste zu erlernen“, sagte er schließlich resigniert.

Drek’Thar neigte den Kopf. „Ich danke dir, Durotan. Du wirst es nicht bereuen.“

Durotan antwortete nicht.

14

Drek’Thar weint, während er mir von diesen Dingen erzählt. Tränen fließen aus seinen Augen, die die Gegenwart nicht mehr sehen können, aber mit voller Schärfe die Vergangenheit erkennen. Ich kann ihm keinen Trost bieten. Dass die Elemente wieder seinem Ruf folgen, meinem und dem jedes Schamanen, ist ein Zeichen ihres Mitgefühls und ihrer Vergebung, ihrem Bestreben, das Gleichgewicht wiederherzustellen.

Der Berg, der immer noch die Dunkelheit beherbergt, befindet sich nicht auf diesem Kontinent. Wir sind weit weg von seiner Bösartigkeit, aber seinen Schatten haben wir noch nicht verlassen. Der Schatten, der vor so langer Zeit beschworen wurde, an dem Tag nach der Besudelung des Ortes, der einst unsere heiligste Stätte war.

Der Schatten der schwarzen Hand.

Es fiel Durotan schwer einschlafen. Ähnlich erging es Draka, wie er feststellte, da sie sich immer wieder herumwarf, drehte und seufzte. Schließlich gab er auf, lag wach und dachte über die Ereignisse des Tages nach. Alles in ihm schrie, dass es falsch war, diese Magie zu benutzen, die so offensichtlich vom Leiden anderer Wesen lebte. Aber was konnte er tun? Die Elemente hatten die Schamanen verlassen, obwohl die Ahnen selbst es gewesen waren, die den Orcs diesen Auftrag gegeben hatten. Ohne Magie als zusätzliche Waffe würde die überlegene Technologie der Draenei die Orcs auslöschen.

Er stand auf und verließ das Schlafzeit. Er machte ein Feuer, um die Kälte am frühen Morgen zu vertreiben, und aß kaltes rohes Fleisch. Als er fertig war und der Himmel allmählich heller wurde, sah er einen Kurier eintreffen. Ohne anzuhalten warf er Durotan eine Schriftrolle zu und ritt weiter. Durotan entrollte das Pergament und schloss die Augen angesichts ihres Inhalts.

In zwei Tagen würde ein neues Treffen stattfinden, und die Häuptlinge würden einen Anführer wählen, der für sie alle sprechen sollte und der in ihrem Namen Entscheidungen traf. Sie würden jemanden wählen, der fortan den Titel „Kriegshäuptling“ trug.

Eine weiche Hand strich ihm durchs Haar. Er schaute auf und sah Draka.

„Du könntest genauso gut zu Hause bleiben“, sagte sie rau. „Der Ausgang ist schon längst entschieden.“