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Er stand auf, sein Körper zitterte unkontrolliert, und schon wieder verschlug es ihm den Atem angesichts dessen, was er sah.

Es türmte sich über ihm auf. Erdstücke flogen umher, als es die vier Beine schüttelte, die in Hufen endeten und verärgert die riesigen ledrigen Flügel entfaltete. Das Haar war mehr eine Mähne und floss in grünen Ranken über seinen Rücken. Grüne Augen glitzerten wie feurige Sterne, und seine schnappenden Hauer fingen das schwache Licht ein, als es sein Maul öffnete. Es hatte schier endlos viele Reihen scharfer Zähne, und sein Gebrüll wollte Gul’dan dazu zwingen, sich auf dem Boden zu wälzen und in äußerster Panik zu schreien, doch irgendwie blieb er stehen. Das Monster hob die verkrampften Fäuste und schüttelte sie heftig. Dann senkte es den Kopf und schaute sich um.

Was ist das für ein Ding!, schrie Gul’dan lautlos.

Plötzlich erschien Kil’jaeden, schaute auf Gul’dan herab und grinste. „Seht meinen Leutnant Mannoroth. Gut hat er mir gedient, und gut wird er mir dienen. Auf anderen Welten nennt man ihn den Zerstörer. Aber hier ist er der Retter, Gul’dan“, sagte Kil’jaeden, und plötzlich fühlte sich Gul’dan wieder schwach und krank. „Du weißt, welches Angebot ich für dein Volk habe.“

Gul’dan schluckte schwer. Er traute sich nicht, Ner’zhul anzuschauen, dessen Blick er auf seinem Rücken spürte.

Ja, er wusste genau, wie Kil’jaedens Angebot aussah: Macht-Macht jenseits aller Vorstellungskraft. Und ewige Sklaverei. Kil’jaeden hatte es bereits Ner’zhul angeboten, aber der Feigling hatte abgelehnt. Er wollte sein Volk nicht verdammen.

Gul’dan kannte solche Skrupel nicht. Seine Gedanken waren ausschließlich auf die Belohnung konzentriert, die Kil’jaeden ihm versprochen hatte.

„Ja, das weiß ich, großes Wesen“, sagte Gul’dan, überrascht von der Stärke und Gleichmäßigkeit seiner Stimme. „Ich weiß es, und ich nehme das großzügige Angebot an.“

Kil’jaeden lächelte. „Gut. Du bist weiser als dein Vorgänger.“

Zufrieden wandte sich Gul’dan an Ner’zhul und grinste ihn hämisch an. Der ältere Schamane starrte flehentlich auf seinen ehemaligen Schüler. Er wagte nicht zu sprechen, aber das musste er auch nicht. Selbst im schwachen Sternenglanz war der Ausdruck in seinem Gesicht deutlich zu erkennen.

Gul’dan lachte und wandte sich wieder Mannoroth zu. Er war immer noch schrecklich beeindruckend, aber Gul’dans Angst war im Angesicht seines überwältigenden Strebens nach Macht verschwunden. Er sah das Wesen an und wusste, dass es so wie er selbst hoch angesehen war bei demjenigen, dem sie beide dienten. Sie waren Waffenbrüder.

„Nur eine spezielle Klinge kann tun, was ich von dir verlange, Gul’dan“, rumpelte Kil’jaeden. Er streckte die Hand aus. Der Dolch wirkte klein im Vergleich zu der großen Hand, in der er lag. Aber er war recht groß, als Gul’dan seine Finger darum schloss.

„Er wurde in den Feuern des Berges in der Ferne geschmiedet“, sagte Kil’jaeden und zeigte auf den rauchenden Berg. „Meine Diener haben lange hart daran gearbeitet. Du weißt, was zu tun ist, Mannoroth.“

Die Kreatur nickte mit ihrem großen Kopf. Ihr Schweif bewegte sich, um seinen Körper im Gleichgewicht zu halten. Sie kniete auf ihren beiden Vorderfüßen nieder und streckte einen Arm aus. Dabei winkelte sie ihre Hand so an, dass das vergleichsweise weiche Fleisch ihres Handgelenks freilag.

Einen Herzschlag lang zögerte Gul’dan. Was, wenn das ein Trick oder Test war? Was, wenn Kil’jaeden nicht wollte, dass er das tat? Was, wenn er versagte? Was, wenn Ner’zhul recht hatte?

„Gul’dan“, sagte Kil’jaeden, „Mannoroth ist für viele seiner Eigenschaften bekannt. Geduld gehört nicht dazu.“

Mannoroth knurrte leise, und seine grünen Augen glitzerten. „Ich bin begierig darauf zu sehen, was passiert. Tu es!“

Gul’dan schluckte schwer, hob die Klinge, zielte auf das Fleisch von Mannoroths freigelegten Handgelenken und schnitt so kräftig zu, wie er konnte.

Er flog rückwärts davon, als ihn der Machtstoß der Kreatur traf, die vor Schmerz brüllte. Benommen hob er den Kopf, blinzelte und versuchte, seinen Blick zu klären.

Flüssiges Feuer sprudelte aus der Wunde, kränklich-grünlich-gelb leuchtete es, als es in das Becken der Draenei-Priester lief. Die Wunde war klein verglichen mit Mannoroths Körper, aber das Blut strömte daraus hervor wie aus einem kleinen Wasserfall. Am Rande bekam Gul’dan mit, dass Ner’zhul, der Schwächling, schrie. Gul’dan konnte seinen Blick nicht von dem Blutstrom losreißen, der floss, ohne zu versiegen, während die Kreatur brüllte und vor Schmerz um sich schlug. Gul’dan stand auf, ging zum Rand des Beckens und war dabei sehr vorsichtig, um nicht mit der Flüssigkeit in Kontakt zu kommen, die aus der Wunde strömte.

„Seht das Blut des Zerstörers!“, rief Kil’jaeden. „Es brennt alle hinweg, die dir nicht dienen wollen, Gul’dan. Es reinigt alle Gedanken von Zögerlichkeit, Verwirrung und Unsicherheit. Es generiert einen Hunger, den du in jede beliebige Richtung lenken kannst. Deine kleine Marionette glaubt, sie regiert die Horde, aber sie liegt falsch. Der Schattenrat denkt, er regiert die Horde, aber auch sie liegen falsch.“

Gul’dan hob den Blick vom Becken mit der glühenden grünen Flüssigkeit, die weiterhin aus Mannoroths verwundetem Arm strömte.

„Gul’dan“, sagte Kil’jaeden, „bald schon wirst du die Horde anführen. Sie sind bereit. Sie dürsten nach dem, was du ihnen geben wirst.“

Gul’dan senkte erneut den Blick und richtete ihn auf die glühende Flüssigkeit.

„Ruf sie zu dir. Lösche ihren Durst und wecke ihren Hunger!“

Der mittlerweile vertraute Klang des Horns weckte die Horde und rief sie bereits vor Sonnenaufgang auf dem Innenhof zusammen. Durotan hatte nicht geschlafen; er schlief nicht mehr viel. Er und Draka standen schweigend auf und begannen sich anzuziehen.

Plötzlich hörte er, wie sie scharf einatmete. Er drehte sich um und sah, dass sie ihn anstarrte. Ihre Augen waren weit aufgerissen.

„Was ist los?“, fragte er.

„Deine... Haut“, sagte sie mit hastiger Stimme.

Er sah auf seine nackte Brust. Seine Haut war trocken und fleckig, und als er sich kratzte, sah die Haut darunter grün aus.

Er erinnerte sich, dies vor nicht allzu langer Zeit auf dem jungen Ghun gesehen zu haben.

„Das ist nur das Licht“, sagte er und versuchte, sowohl seine Gefährtin als auch sich selbst zu beruhigen. Sie ließ sich aber nicht so leicht davon abbringen.

Draka hob den eigenen Arm und kratzte sich. Auch ihre Haut war grün. Sie schaute ihn aus ihren dunklen Augen an. Sie sahen es beide. Es war keine Täuschung.

„Was geschieht mit uns?“, fragte Draka.

Durotan hatte keine Antwort.

Sie zogen sich weiter an, und als er hinausging, schaute Durotan auf seinen Arm, wo der merkwürdige grüne Farbton unter der verbeulten Rüstung verborgen war.

Die Bekanntgabe der Versammlung war gestern Nachmittag während des Trainings mit einigen der jüngeren Orcs eingetroffen. Durotan konnte sich immer noch nicht daran gewöhnen, dass er Kinder sah, die vor einigen Monaten noch kaum laufen konnten, nun aber Schwerter und Äxte mit unglaublicher Kraft führten. Sie schienen zufrieden mit ihrer neuen Situation zu sein, aber Durotan musste jedes Mal gegen den Drang ankämpfen, den Kopf zu schütteln, sobald er sie sah.

Er empfand nicht einmal Neugierde wegen ihres nächsten Ziels. Es würde so wie immer sein: Kämpfen, Raserei, Schänden der Leichen. Neuerdings wurden sogar die Körper der gefallenen Mitglieder der Horde auf dem Schlachtfeld zurückgelassen, dort, wo sie gefallen waren. Ihre Waffen und Rüstungen nahm man, um sie wiederzuverwenden. Manchmal verneigte sich ein Freund oder Familienangehöriger kurz vor einem Leichnam, aber selbst das geschah immer seltener. Vorbei waren die Tage, als man die geehrten Toten nach Hause brachte, wo sie in einer feierlichen Zeremonie verbrannt wurden, damit ihre Geister mit allen Ehren zu den Ahnen gingen. Man nahm sich keine Zeit mehr für solche Rituale. Man nahm sich nicht mal Zeit für die Toten. Man nahm sich überhaupt keine Zeit mehr für irgendetwas, außer Draenei zu töten und Waffen und Rüstungen herzustellen, damit die Horde wieder ausziehen und ihre Aufgabe fortsetzen konnte.