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Es schien eine gute Partnerschaft zu sein. Alles war besser, als auf jener Welt zu bleiben, die nichts als einen langsamen Tod verhieß. Allein dieses schöne Land, reif dafür, dass man es ausplünderte, machte den Pakt lohnenswert. Aber für ihn gab es noch so viel mehr zu gewinnen.

Er schaute den Fremden verzückt an. „Sag mir, was wir tun sollen.“

Gul’dan erwachte lang ausgestreckt auf dem Boden. Neben ihm auf dem kalten Stein lag ein Pergament mit Instruktionen, von seiner eigenen Hand geschrieben. Er las sie schnelclass="underline" Portal... Azeroth... Menschen...

Medivh.

Gul’dan lächelte.

22

Kann etwas Segen und Fluch zugleich sein? Erlösung und Verdammnis? Denn für beides halte ich das, was als Nächstes in der Geschichte meines Volkes geschah. Es ist bekannt, dass die entfesselten dämonischen Energien alles von Draenor fernhielten, was gut und lebensspendend war. Kil’jaeden hatte die Zahl der kampffähigen Orcs erhöht, um eine starke Armee zu haben, indem er die Kinder altern ließ und ihnen ihre Kindheit raubte. Jetzt war das Volk der Orcs größer als je zuvor, und es gab keinen Weg, die Hungernden zu ernähren. Wie denen, die in dieser schrecklichen Zeit gelebt haben, ist mir klar, dass unser Volk, wäre es auf Draenor geblieben, wahrscheinlich nicht überlebt hätte.

Aber wie wir unsere Welt verließen... und der Grund dafür... Diese Welt blutet noch immer aus jenen Wunden, die ihr damals geschlagen worden sind. Ich tue, was ich kann, um sie zu heilen, während ich noch immer die Interessen der neuen Horde schütze, die ich gegründet habe. Dennoch frage ich mich, ob diese Wunden je verheilen werden. Leben für mein Volk: Segen. Wie wir dieses Leben erhielten: Fluch.

Die Mitgleider des Schattenrats waren so nervös wie Gul’dan bei Kil’jaedens Verschwinden. Aber jetzt hatten sie eine Aufgabe. Er hatte den Rat einberufen und den Ratsmitgliedern von dem mysteriösen Fremden namens Medivh erzählt. Er hatte von fruchtbaren Feldern, sauberem Wasser, gesunden Beutetieren gesprochen. Und er sprach mit glühenden Worten von den Wesen, die sich Menschen nannten. Sie kämpften gut genug, um eine Herausforderung darzustellen, würden aber der Horde mit Sicherheit unterlegen sein.

„Wasser, Nahrung, Töten. Und Macht für diejenigen, die dazu beitragen, diesen Preis zu gewinnen“, hatte Gul’dan gesagt, und seine Stimme war betörend, fast schon zwingend gewesen. Er hatte sie richtig eingeschätzt. Die Blicke ihrer Augen, einige rot und glühend, andere immer noch braun und intensiv, waren auf ihn geheftet, und er sah Hoffnung in ihren Gesichtern und Gier.

Die Vorbereitungen begannen.

Zuerst mussten sie das Vertrauen der verhungernden Horde zurückgewinnen. Gul’dan wusste, dass die Orcs aufgrund der schwindenden Vorräte und angestachelt von der stetig anwachsenden Gier nach Gewalt damit begonnen hatten, sich gegenseitig anzugreifen. Er hatte Schwarzfaust Erlasse an alle Clans schicken lassen, in denen er ihre besten Krieger zu kontrollierten Schaukämpfen einlud. Die Gewinner würden Nahrung vom verlierenden Clan erhalten und sauberes Wassers sowie Ruhm und Ehre. Dankbar, weil sie damit gleich beide Begierden stillen konnten, nahmen die Orcs die Einladung an. Gul’dan war erleichtert. Medivh wollte eine Armee, die die Menschen angriff. Es durfte nicht sein, dass sich Orcs gegenseitig umbrachten, bevor die Invasion starten konnte.

Durotan machte ihm weiterhin Ärger. Der Häuptling des Frostwolf-Clans, leicht ermutigt dadurch, dass ihn Gul’dan in der Nacht des Angriffs auf Shattrath nicht getötet hatte, schwang nun häufiger in der Öffentlichkeit Reden. Er bezeichnete den Krieg als ehrlos. Er forderte, dass man einen Weg finden müsse, das Land zu heilen. Zwischen seinen Worten hörte man heraus, dass er die Hexer bezichtigte, Schuld an der Misere zu sein. Er bewegte sich hart am Rande des Tolerierbaren, manchmal auch bereits einen Schritt darüber hinaus.

Und, wie immer, hörten ihm Einige zu. Der Frostwolf-Clan hatte es als Einziger komplett abgelehnt, von Mannoroths Blut zu trinken. Aber es gab auch andere in niedrigeren Positionen, die sich dem ebenfalls verweigert hatten. Von denen beunruhigte Gul’dan am meisten Orgrim Schicksalshammer. Der konnte ernste Schwierigkeiten machen. Orgrim hatte Schwarzfaust nie sehr gemocht, und eines Tages würde er vielleicht mehr tun, als ihn nur nicht zu mögen. Aber im Moment schloss er sich nicht öffentlich den Frostwölfen an, sondern war sogar einer der regelmäßigen Sieger in den Wettkämpfen.

Gul’dan hatte weiterhin Visionen. Medivh hatte sehr konkrete Ideen von dem, was er wollte und was zu tun war: ein Portal zwischen den beiden Welten. Das konnte vom Schattenrat und den Hexern auf der einen Seite und Medivh und seinen Magiern auf der anderen Seite erschaffen werden.

Die Arbeiten ließen sich nicht heimlich durchführen, denn das Portal musste sehr groß sein, damit die Armeen, die Medivh forderte, auch hindurchpassten. Außerdem stand es nicht gut um die Moral der Horde. Die aufregenden Wettkämpfe in der Arena und der Bau des Portals mit all seinen Feierlichkeiten gaben ihnen Ziele, an denen sie festhalten konnten.

Medivh gefiel diese Idee. In einer Vision nahm er die Form eines großen schwarzen Vogels an, der sich auf Gul’dans Arm setzte. Klauen gruben sich in Gul’dans Fleisch, und rötlichschwarzes Blut lief über die grüne Haut, aber der Schmerz fühlte sich gut an. Ein kleines Stück Papier war um den Fuß des Vogels gebunden. In seiner Vision entrollte Gul’dan das Papier und sah eine Skizze, eine Art Bauplan, und der raubte ihm den Atem. Als er erwachte, zeichnete er ihn auf ein großes Pergament.

Er begutachtete den Plan, und seine Augen strahlten vor Vorfreude.

„Schön“, sagte er.

„Ich verstehe deine Unzufriedenheit nicht“, sagte Orgrim eines Tages, während er und Durotan auf ihren Reittieren saßen und das Gebäude inspizierten, das Gul’dan Portal nannte. Wohin Durotan auch schaute, überall arbeiteten Orcs. Die Männer waren bis zur Hüfte nackt, die Frauen fast auch, und ihre grüne Haut glitzerte vor Schweiß unter einer Sonne, die das Land verbrannte. Einige sangen Kriegslieder, während sie arbeiteten, andere waren konzentriert und still. Die Straße zum Plateau, die in fast gerader Linie zu der mittlerweile Höllenfeuerzitadelle genannten Festung verlief, war bereits gepflastert, weshalb das Baumaterial leicht herangeschaft werden konnte.

Die Formen der vier großen Plattformen basierten auf Entwürfen der Draenei. Durotan erkannte eine gewisse Ironie darin: Der Originalbauplan war verändert worden, gekrönt von den inzwischen vertrauten Spitzen und scharfen Kanten, die die Orc-Architektur mittlerweile auszeichneten. Aber Durotan konnte sich daran erinnern, auf ähnlichen Stufen als Junge gegangen zu sein. Später hatte er diese Stufen erneut erklommen, in der Absicht, alle, die er oben antraf, zu töten. Zwei Obelisken ragten wie scharfe Speere in den Himmel, eine Statue von Gul’dan stand auf einem weiteren.

Aber am bedrohlichsten wirkten die Steine, die ein wenig hinter den Obelisken standen. Sie bildeten den Rahmen für das eigentliche Portal, das Gul’dan ihnen versprochen hatte. Zwei große steinerne Säulen ragten empor, ein steinerner Balken lag quer über ihnen, um das Tor zu bilden. Figuren waren auf den Steinen zu erkennen, Umrisse von Wesen in Kapuzenmänteln auf beiden Säulen und darüber eine sich windende Schlange.

„Ist dies hier nicht besser, als wenn sie in dein Lager reiten und deine Clan-Leute töten?“, fragte Orgrim.

Durotan nickte. „Ja, sicherlich. Aber wir wissen immer noch nicht, wohin das Portal eigentlich führt.“

Orgrim deutete auf die verdorrte Landschaft. Die Höllenfeuerhalbinsel war eine der verwüstetsten Gegenden der Welt, aber bei Weitem nicht die einzige. „Ist das wichtig? Wir wissen, von wo das Portal wegführt.“