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Ich blieb stehen und sagte mir: Ich will mir mal die Pferde des bekannten Züchters Herrn Tschernobai ansehen.

Ich wollte durch das Pförtchen eintreten, fand es aber gegen alle Gewohnheit verschlossen. Ich klopfte.

»Wer ist da? Ein Kunde?« piepste eine Frauenstimme.

»Ja, ein Kunde.«

»Sofort, Väterchen, sofort.«

Das Pförtchen ging auf. Ich erblickte ein Weib von etwa fünfzig Jahren mit bloßem Kopf, in Stiefeln und aufgeknöpftem Schafspelz.

»Treten Sie näher, Väterchen, ich will es gleich dem Anastassej Iwanytsch melden … Nasar, du, Nasar!«

»Was denn?« rief aus dem Stall die Stimme eines siebzigjährigen Greises.

»Mach die Pferdchen bereit, ein Kunde ist gekommen.«

Die Alte lief ins Haus.

»Ein Kunde, ein Kunde«, brummte Nasar zur Antwort. »Ich hab' noch nicht alle unter dem Schweif gewaschen.«

Oh, Arkadien! dachte ich.

»Grüß Gott, Väterchen, willkommen!« ertönte hinter meinem Rücken langsam eine klangvolle, angenehme Stimme. Ich sah mich um: Vor mir stand in einem blauen, langschößigen Mantel ein alter Mann von mittlerem Wuchs mit weißen Haaren, einem freundlichen Lächeln und wunderschönen blauen Augen.

»Du willst Pferdchen? Gerne, Väterchen, gerne … Aber willst du nicht vorher zu mir ins Haus und ein Gläschen Tee trinken?«

Ich lehnte ab und bedankte mich.

»Nun, wie du willst. Du mußt mich entschuldigen, Väterchen: Ich halte mich noch an die alten Sitten.« Herr Tschernobai sprach ohne Übereilung und betonte scharf jedes O. »Bei mir ist alles einfach, weißt du … Nasar, du, Nasar!« fügte er gedehnt, ohne die Stimme zu heben, hinzu.

Nasar, ein runzliger Greis mit einer Habichtnase und einem keilförmigen Bärtchen erschien auf der Schwelle des Stalles.

»Was für Pferde brauchst du, Väterchen?« fuhr Herr Tschernobai fort.

»Nicht zu teure, eingefahrene, zu einer Kibitka.«

»Bitte sehr … ich habe auch solche, bitte … Nasar, Nasar, zeig mal dem Herrn den grauen Wallach, weißt du, der am äußersten Ende steht, und den Braunen mit der Blesse oder auch den anderen Braunen, den von der Schönen, weißt du?«

Nasar ging wieder in den Stall.

»Führe sie so an den Halftern her«, rief ihm Herr Tschernobai nach. »Bei mir, Väterchen«, fuhr er fort, mir heiter und sanft ins Gesicht blickend, »bei mir ist es nicht so wie bei den Roßhändlern, mögen sie verrecken! Die geben den Pferden allerlei Kräuter ein, Salz und Schlempe, Gott sei ihr Richter … ! Bei mir ist aber alles wie auf der flachen Hand, ganz ohne Kniffe.«

Man führte die Pferde heraus. Sie gefielen mir nicht.

»Nun, stell sie in Gottes Namen wieder auf ihren Platz«, versetzte Anastassej Iwanytsch. »Zeig uns andere.«

Man zeigte uns andere. Schließlich wählte ich eins von den billigeren. Wir begannen zu handeln. Herr Tschernobai ereiferte sich nicht und sprach so vernünftig, mit solcher Würde, daß ich nicht umhin konnte, dem alten Mann ›die gebührende Ehre‹ zu erweisen und ihm ein Handgeld zu geben.

»Nun, und jetzt«, sagte Anastassej Iwanytsch, »erlaube mir, daß ich dir das Pferdchen nach alter Sitte aus dem Schoß in den Schoß übergebe … Du wirst mir dafür dankbar sein … Was für ein frisches Pferdchen! Unberührt wie ein Nußkern in der Schale … ein echtes Steppenpferd! Es taugt für jedes Gespann.«

Er bekreuzigte sich, legte sich den Schoß seines Mantels auf die Hand, ergriff darunter die Halfter und übergab mir so das Pferd.

»Besitze es in Gottes Namen … Willst du noch immer keinen Tee?«

»Nein, ich danke ergebenst, ich muß nach Hause.«

»Wie du willst. Soll mein Kutscher das Pferd dir jetzt gleich nachführen?«

»Ja, wenn Sie erlauben, jetzt gleich.«

»Gerne, Liebster, gerne … Wassilij, he, Wassilij, geh mit dem Herrn mit; führ das Pferdchen hin und nimm das Geld in Empfang. Nun, leb wohl, Väterchen, mit Gott.«

»Leben Sie wohl, Anastassej Iwanytsch.«

Man brachte mir das Pferd ins Haus. Schon am nächsten Tage erwies es sich als dämpfig und lahm. Ich versuchte es einzuspannen, das Pferd bäumte sich zurück, und wenn man es mit der Peitsche schlug, so wurde es stätig, schlug aus und legte sich nieder. Ich begab mich sofort zu Herrn Tschernobai.

»Ist er zu Hause?«

»Ja, zu Hause.«

»Was ist denn das«, sagte ich ihm, »Sie haben mir ein dämpfiges Pferd verkauft.«

»Ein dämpfiges? Gott behüte!«

»Außerdem ist es lahm und auch noch stätig.«

»Lahm? Ich weiß nicht, dein Kutscher wird es wohl irgendwie verdorben haben … was mich betrifft, so kann ich bei Gott schwören …«

»Eigentlich müßten Sie es zurücknehmen, Anastassej Iwanytsch.«

»Nein, Väterchen, nimm es nicht übeclass="underline" wenn's einmal aus dem Hof fort ist, so ist nichts zu machen. Du hättest es früher sehen sollen.«

Ich begriff den Sachverhalt, ergab mich in mein Schicksal, lachte und ging. Zum Glück hatte ich für diese Lektion nicht allzu teuer bezahlt.

Zwei Tage darauf fuhr ich ab und kam nach einer Woche auf dem Rückweg wieder nach Lebedjanj. Im Kaffeehaus fand ich fast die gleichen Personen und traf den Fürsten N. wieder beim Billard. Aber im Schicksal des Herrn Chlopakow war schon die gewöhnliche Wendung eingetreten. Der blonde Offizier hatte ihn in der Gunst des Fürsten abgelöst. Der arme Leutnant a. D. versuchte noch, einmal in meiner Gegenwart sein Wörtchen anzubringen – vielleicht wird es den früheren Erfolg haben – , aber der Fürst lächelte nicht nur nicht, sondern runzelte die Stirn und zuckte die Achseln. Herr Chlopakow senkte den Kopf, schrumpfte zusammen, zog sich in einen Winkel zurück und begann sich stillschweigend ein Pfeifchen zu stopfen.

Ende des ersten Bandes

Zweiter Band

Tatjana Borissowna und ihr Neffe

Reichen Sie mir die Hand, lieber Leser, und fahren Sie mit mir mit. Das Wetter ist herrlich; milde strahlt der blaue Maihimmel; die jungen, glatten Blätter der Silberweiden glitzern, als ob sie frisch gewaschen wären; der breite, ebene Weg ist gänzlich von jenem kurzen, rotgestielten Gras bedeckt, an dem so gerne die Schafe rupfen; rechts und links an den sanften Abhängen der Hügel wogt leise der grüne Roggen; als flüssige Flecken gleiten die Schatten kleiner Wolken über ihn hinweg. In der Ferne dunkeln Wälder, funkeln Teiche, leuchten gelb die Dörfer; die Lerchen steigen zu Hunderten, trillern, fallen plötzlich nieder und sitzen gestreckten Halses auf den Erdschollen; die Saatkrähen bleiben auf dem Weg stehen, sehen Sie an, ducken sich zu Boden, lassen Sie vorbeifahren und flattern nach zwei, drei Sprüngen schwerfällig zur Seite; auf der Anhöhe hinter der Schlucht pflügt ein Bauer; ein falbes Füllen mit kurzem Schwanz und Zottelmähne folgt auf unsicheren Füßen der Mutter und läßt sein dünnes Gewieher erschallen. Wir kommen in ein Birkengehölz; der kräftige, frische Duft benimmt uns angenehm den Atem. Da ist schon die Dorfgrenze. Der Kutscher steigt ab, die Pferde schnauben, die Seitenpferde sehen sich um, das Mittelpferd bewegt den Schweif und drückt den Kopf an das Krummholz; knarrend öffnet sich das Tor. Der Kutscher steigt wieder auf den Bock … Fahr zu! Vor uns liegt das Dorf. Nachdem wir an fünf Höfen vorbeigefahren sind, biegen wir nach rechts ein, fahren einen Abhang hinunter und kommen auf einen Damm. Hinter einem kleinen Teich, über den runden Wipfeln der Apfelbäume und Fliederbüsche sehen wir ein Schindeldach, das ehedem rot war und zwei Schornsteine hat; der Kutscher fährt links am Zaun entlang, vom winselnden, heiseren Bellen dreier alter Schäferhunde begleitet, fährt durch das weite offene Tor ein, macht eine kühne Runde um den weiten Hof, am Pferdestall und am Schuppen vorbei, grüßt forsch die alte Haushälterin, die seitwärts über die hohe Schwelle der Vorratskammer tritt, und hält endlich vor der Treppe eines dunklen, kleinen Häuschens mit hellen Fenstern … Wir sind bei Tatjana Borissowna. Da öffnet: sie selbst das. Fensterchen und nickt . uns zu … Gott grüße Sie, Mütterchen!