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Einige Tage nach meiner ersten Begegnung mit den beiden Freunden begab ich mich nach Bessonowo zu Pantelej Jeremejitsch. In der Ferne war sein kleines Häuschen sichtbar; es ragte auf einer kahlen Stelle, eine halbe Werst vom Dorf entfernt, ganz einsam wie ein Habicht auf einem Acker. Das ganze Gut Tschertopchanows bestand aus vier altersschwachen, aus Balken gezimmerten Gebäuden verschiedener Größe, und zwar aus dem Wohnhaus, einem Pferdestall, einem Schuppen und einem Dampfbad. Jeder Bau stand für sich; von einem Zaun oder Tor war nichts zu sehen. Mein Kutscher hielt ratlos vor einem halbverfaulten und verschütteten Brunnen. Neben dem Schuppen zerrten einige magere und struppige junge Windhunde an einem Pferdekadaver herum – wahrscheinlich war es Orbassan; einer von ihnen hob seine blutige Schnauze, bellte in großer Eile und fing wieder an, an den entblößten Rippen zu nagen. Neben dem Pferd stand ein Bursche von etwa siebzehn Jahren, mit gedunsenem gelbem Gesicht, barfuß und als Lakai gekleidet; er sah wichtig auf die seiner Aufsicht anvertrauten Hunde und schlug die allergierigsten ab und zu mit der Hetzpeitsche.

»Ist der Herr zu Hause?« fragte ich.

»Das weiß Gott allein!« antwortete der Bursche. »Klopfen Sie einmal an.«

Ich sprang aus dem Wagen und trat auf die Treppe des Wohnhauses.

Die Behausung des Herrn Tschertopchanow bot einen sehr traurigen Anblick: Die Balken waren geschwärzt und hatten sich geworfen, der Schornstein war eingestürzt, die Ecken waren verfault und eingesunken, die kleinen Fenster mit den dunkelgrauen Fensterscheiben blickten unsagbar trübsinnig unter dem zottigen, herabhängenden Dach hervor – manche alten Bettlerinnen haben solche Augen. Ich klopfte an; niemand antwortete mir. Aber hinter der Tür hörte ich die scharf gesprochenen Worte: »As, buki, wedi; paß auf, du Narr!« sprach eine heisere Stimme. »As, buki, wedi, glagolj… aber nein! Glagolj, dobro, jestj! jestj…! Nun, Dummkopf!«

Ich klopfte zum zweitenmal.

Die gleiche Stimme rief: »Tritt ein! Wer ist da?«

Ich trat in ein kleines, leeres Vorzimmer und erblickte durch die offene Tür Tschertopchanow selbst. Er saß in einem bucharischen Schlafrock voller Fettflecke, einer furchtbar weiten Pluderhose und einem roten Käppchen auf einem Stuhl, drückte mit der einen Hand einem jungen Pudel die Schnauze zusammen und hielt mit der andern ein Stück Brot dicht über dessen Nase.

»Ah!« sagte er mit Würde und ohne sich vom Platz zu rühren: »Freue mich sehr über Ihren Besuch. Bitte sehr, Platz zu nehmen. Ich mühe mich gerade mit dem Vensor ab… Tichon Iwanytsch«, fügte er hinzu, die Stimme erhebend, »komm bitte her! Es ist Besuch da.«

»Sofort, sofort«, antwortete aus dem Nebenzimmer Tichon Iwanytsch. »Mascha, gib mir die Halsbinde her.«

Tschertopchanow wandte sich wieder dem Vensor zu und legte ihm das Stück Brot auf die Nase. Ich sah mich um: Das Zimmer enthielt außer einem Ausziehtisch voller Buckel mit dreizehn Beinen verschiedener Länge und den vier durchgesessenen Rohrstühlen keinerlei Möbel; die vor sehr langer Zeit geweißten Wände mit blauen, sternförmigen Flecken waren an vielen Stellen abgebröckelt; zwischen den Fenstern hing ein zerschlagener trüber Spiegel in einem riesengroßen, mahagonifarbenen Rahmen. In den Ecken standen Pfeifenrohre und Gewehre; von der Decke hingen dicke schwarze Spinngewebe herab.

»As, buki, wedi, glagolj, dobro«, sprach langsam Tschertopchanow und schrie plötzlich wie rasend auf: »Jestj! Jestj! Jestj…! So ein dummes Vieh…! Jestj!«

Der unglückliche Pudel zitterte aber nur und wagte nicht, das Maul zu öffnen; er fuhr fort, mit schmerzhaft eingezogenem Schweif zu sitzen, verzog die Schnauze und zwinkerte und blinzelte traurig mit den Augen, als wollte er sagen: Gewiß, ganz wie Sie wünschen!

»Friß doch! Hier!« wiederholte der unerbittliche Gutsbesitzer.

»Sie haben ihn eingeschüchtert«, bemerkte ich.

»Dann fort mit ihm!«

Er gab ihm einen Fußtritt. Der Ärmste erhob sich still, ließ das Stück Brot von der Nase fallen und zog sich, wie auf den Zehen, tiefgekränkt ins Vorzimmer zurück. Und in der Tat: Ein fremder Mensch macht zum erstenmal seinen Besuch, er aber wird so behandelt. Die Tür des Nebenzimmers knarrte leise, und Herr Nedopjuskin trat freundlich grüßend und lächelnd herein.

Ich stand auf und verbeugte mich.

»Lassen Sie sich nicht stören – lassen Sie sich nicht stören«, stammelte er.

Wir setzten uns, Tschertopchanow ging ins Nebenzimmer.

»Sind Sie schon lange hier in unserer gesegneten Gegend?« begann Nedopjuskin mit weicher Stimme. Er hüstelte in die vorgehaltene Hand und hielt die Finger des Anstandes halber vor die Lippen.

»Seit zwei Monaten schon.«

»So, so.«

Wir schwiegen eine Weile.

»Ein angenehmes Wetter heute«, fuhr Nedopjuskin fort und sah mich so dankbar an, als hinge das schöne Wetter von mir ab. »Das Getreide, kann man wohl sagen, steht vortrefflich.«

Ich neigte bejahend den Kopf. Wir schwiegen wieder.

»Pantelej Jeremejitsch hat gestern zwei Hasen gehetzt«, sagte nicht ohne Anstrengung Nedopjuskin, der offenbar das Gespräch beleben wollte. »Ja, zwei sehr große Hasen.«

»Hat Herr Tschertopchanow gute Hunde?«

»Ja, wunderbare Hunde!« entgegnete Nedopjuskin freudig: »Man kann wohl sagen, es sind die besten Hunde im Gouvernement.« Er rückte näher zu mir heran. »Aber was! Pantelej Jeremejitsch ist solch ein Mensch: Was er sich nur wünscht, was ihm nur einfällt, eh man sich's versieht, ist es schon fertig und brühwarm da. Pantelej Jeremejitsch ist, ich sage Ihnen . ..«

Tschertopchanow trat ins Zimmer. Nedopjuskin lächelte, verstummte und wies auf ihn mit den Augen, als wollte er sagen: Hier, überzeugen Sie sich selbst.

Wir begannen ein Gespräch über die Jagd.

»Wollen Sie, daß ich Ihnen meine Meute zeige?« fragte mich Tschertopchanow und rief, ohne meine Antwort abzuwarten, nach Karp.

Ein kräftiger Bursche in einem grünen Nankingkaftan mit blauem Kragen und Livreeknöpfen trat herein.

»Befiehl Fomka«, sagte Tschertopchanow kurz, »Ammalat und Saiga hereinzubringen, aber in Ordnung, verstehst du?«

Karp lachte mit dem ganzen Gesicht, gab einen unartikulierten Laut von sich und ging hinaus. Fomka kam schön gekämmt und zugeknöpft und in Stiefeln mit den Hunden. Des Anstandes halber bewunderte ich die dummen Tiere (alle Windhunde sind außerordentlich dumm). Tschertopchanow spuckte dem Ammalat direkt in die Nasenlöcher, was übrigens dem Hund nicht das geringste Vergnügen zu bereiten schien. Auch Nedopjuskin streichelte Ammalat rückwärts. Wir fingen wieder zu plaudern an. Tschertopchanow wurde allmählich ganz sanft und hörte auf, sich zu brüsten und zu schnauben; sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Er blickte mich und Nedopjuskin an…

»Eh!« rief er plötzlich aus. »Was soll sie dort allein sitzen? Mascha! Du, Mascha! Komm mal her!«

Im Nebenzimmer rührte sich jemand, aber eine Antwort kam nicht.

»Ma-a-scha«, wiederholte Tschertopchanow freundlich, »komm doch her. Fürchte dich nicht.«