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»Aber«, sagte Holly schluckend, »die Bank wird unsere Schecks nicht anerkennen.«

»Hol die dringendsten Rechnungen«, sagte ich zu Bobby, »und wir sehen sie uns mal an. Besonders die vom Hufschmied, von den Tierärzten und den Transportunternehmen. Die und alle anderen, die unerläßlich sind, bezahlen wir.«

»Womit?« sagte er reizbar.

»Mit meinem Geld.«

Sie waren beide plötzlich still, wie geschockt, und ich erkannte zu meiner großen Freude, daß ihnen diese simple Lösung überhaupt nicht in den Sinn gekommen war. Sie waren keine Schnorrer, die beiden.

Holly konnte ihre aufsteigende Hoffnung nicht verbergen, sagte jedoch zweifelnd: »Aber dein neues Haus. Das muß doch deine Ersparnisse schlucken. Du hast das Cottage noch nicht bezahlt bekommen.«

»Es ist genug da«, versicherte ich ihr. »Und fangen wir mal an, denn ich muß jetzt bald schon nach Plumpton.«

»Aber das können wir nicht ...«:, sagte Bobby.

»Doch, ihr müßt. Keine Widerrede.«

Bobby sah niedergeschmettert drein, aber er holte das Bündel Rechnungen, und ich schrieb mehrere Schecks aus.

»Die bringt ihr heute morgen selber an die Leute und laßt euch wasserdichte Quittungen geben; den Begleitbrief dafür setzen wir gleich noch auf«, sagte ich. »Und seht zu, ob ihr sie alle noch fotokopieren und in Sätze sortieren könnt, bevor die Nachmittagspost abgeht. Ich weiß, das ist ein schönes Stück Arbeit, aber je eher, desto besser, meint ihr nicht?«

»Auch einen Satz an Graves?« fragte Bobby.

»Selbstverständlich auch an Graves.«

»Wir fangen sofort an«, sagte Holly.

»Vergeßt den Futterhändler nicht«, erinnerte ich. »Der wird euch was Gutes schreiben. Es paßte ihm nicht, daß die Flag ihn benutzt hat.«

»Ich erwähne es ungern ...«:, begann Holly zaghaft.

»Die Bank?« fragte ich.

Sie nickte.

»Laßt die Bank erst mal. Morgen könnt ihr vielleicht mit einem Satz Zahlungsbestätigungen zu dem Filialleiter gehen und zusehen, ob er euch wieder für kreditwürdig hält. Er hätte weiß Gott allen Grund. Seine Bank verdient genug Zinsen an euch, besonders bei den Jährlingsdarlehen. Und die Jährlinge habt ihr ja noch als Sicherheit.«

»Leider«, meinte Bobby.

»Eins nach dem andern«, erwiderte ich.

»Ich rufe gleich mal meinen Anwalt an«, sagte er, griff nach dem Hörer und schaute auf seine Uhr. »Er wird jetzt dasein.«

»Das täte ich lieber nicht«, warf ich ein.

»Aber du sagtest doch .«

»Ihr habt hier einen Informanten im Haus.«

»Was meinst du damit?«

»Euer Telefon, wie mir scheint.«

Er blickte mit angewidertem Verständnis auf den Apparat und sagte fast stöhnend: »O Gott.«

»Es wäre nicht das erste Mal«, sagte ich; und tatsächlich hatte es in Lambourn eine Zeit gegeben, wo jedermann unter der Vorstellung litt, abgehört zu werden, und jedes Gespräch vom Privatanschluß nach Möglichkeit vermied. Ungebetenes Mithören mochte verboten sein, aber praktiziert wurde es dennoch, das war allgemein bekannt.

Ohne weitere Umstände schraubten wir sämtliche Telefone im Haus auseinander, fanden aber keine haftminenartigen Wanzen in ihrem Innern. Unsere Spezialität waren allerdings Pferde, nicht Elektrotechnik, und Bobby sagte, er würde von einem Münzfernsprecher aus die Telefongesellschaft anrufen und jemand bestellen, um nachzusehen.

Es ergab sich, daß Bobby gerade an der Küchenwand kniete, wo er den Telefonstecker zusammenschraubte, und daß Holly und ich in der Mitte des Zimmers standen und ihm zuschauten, so daß der Neuankömmling, der plötzlich unangekündigt erschien, zuerst meine Schwester und mich erblickte.

Ein hochgewachsener Mann mit blondem, ergrauendem Haar, fantastisch frisiert. Klare, ansprechende Gesichtszüge, glatt rasiertes rundes Kinn; gute Figur in einem grauen Straßenanzug von tadellosem Zuschnitt. Ein Mann von fünfzig Jahren, ein Mann von Einfluß, dessen bloße Gegenwart die Küche erfüllte, ein Mann, der ein zusammengefaltetes Exemplar der Daily Flag in der Hand hielt und Holly und mich mit offenem Widerwillen betrachtete.

Maynard Allardeck, Bobbys Vater.

Mir - wie ich ihm - bekannt als der Feind. Wir kannten einander durch häufiges Sehen, durch Indoktrination, durch den beruflichen Namen. Kannten uns seit jeher, waren uns noch niemals willentlich begegnet.

»Fieldings«, sagte er mit abgründigem Haß; und zu mir direkt: »Was haben Sie in diesem Haus zu suchen?«

»Ich habe ihn hergebeten«, sagte Bobby und richtete sich auf.

Sein Vater drehte sich abrupt zu ihm herum, sah zum ersten Mal seit über vier Jahren den Sohn aus der Nähe.

Sie starrten sich einen Augenblick an wie versteinert, als lernten sie von neuem die vertrauten Züge, und machten eine äußere Bestandsaufnahme. Vielleicht sahen sie einander zum Teil als Fremde, Unbekannte. Wenn irgendeiner von uns eine Versöhnung erhofft oder herbeigewünscht hatte, so zeigte sich, daß Maynard das Gegenteil wollte. Er war nicht gekommen, um zu helfen oder auch nur zu trösten, sondern um zu meckern.

Ohne irgendeine Form der Begrüßung sagte er: »Wie kannst du es wagen, mich in deine schmutzigen kleinen Sorgen reinzuziehen.« Er fuchtelte mit seinem Exemplar der Flag. »Ich lasse nicht zu, daß du der Presse etwas vorjammerst wegen einer Sache, die allein deine Schuld ist. Wenn du in eine Gaunerbande einheiratest, nimm die Konsequenzen auf dich und halte mich gefälligst da heraus.«

Ich nehme an, daß wir alle so verständnislos dreinblickten wie Bobby. Maynards Stimme war voller Zorn und sein plötzlicher Angriff maßlos übertrieben, aber was uns verblüffte, war sein Gedankengang.

»Ich hab nicht«, sagte Bobby verdattert. »Ich meine, ich hab nicht mit der Presse geredet. Auf die Idee käme ich nicht. Sie haben das einfach geschrieben.«

»Und von wegen, daß ich dir kein Geld gebe. Woher sollen sie das haben, wenn du es ihnen nicht gesagt hast? Erzähl mir das mal.«

Bobby schluckte. »Du hast es doch immer gesagt ... Also, ich dachte, du meinst es ernst, daß du mir keins geben willst.«

»Selbstverständlich ist das mein Ernst.« Sein Vater funkelte ihn an. »Du kriegst auch keins. Darum geht’s nicht. Du hast kein Recht, darüber in der Öffentlichkeit zu plärren, und ich dulde das nicht, hörst du?«

»Ich hab’s nicht getan«, protestierte Bobby, aber ohne Nachdruck.

Ich überlegte, wie sehr Vater und Sohn sich im Äußeren glichen und wie wenig im Charakter. Maynard hatte sechsmal mehr Energie als Bobby, aber nichts von seinem Sportsgeist. Maynard konnte Geld für sich arbeiten lassen, Bobby arbeitete, um zu Geld zu kommen. Maynard konnte einen Groll unerbittlich konservieren, Bobby konnte wanken, weich werden und umdenken. Die relative Schwäche von Bobby, dachte ich, war zugleich seine Stärke.

»Du mußt geplappert haben.« Maynard blieb eindeutig verletzend in seinem Ton, und ich dachte bei mir, wenn Bobby jemals in die Welt hinausposaunen wollte, daß ihn sein Vater hängenließ, dann hätte er alle Veranlassung und jedes Recht dazu.

Bobby sagte hastig: »Wir nehmen an, daß jemand unser Telefon abhört.«

»Ach so, ja?« sagte Maynard unheilvoll und warf einen zornigen Blick auf das stumme Gerät. »Dann hast du also am Telefon über mich gelästert, was?«

»Nein«, sagte Bobby halb stotternd. »Ich meine, auch da nicht. Aber ein oder zwei Leute meinten, bitte doch deinen Vater um Geld, und ich sagte, das könnte ich nicht.«

»Und dieser Quatsch«, Maynard peitschte grimmig die Luft mit der Zeitung, »daß ich auf die Ritterwürde aus bin. Das lasse ich mir nicht bieten. Das ist eine verdammte Lüge.«

Hier gewann ich klar den Eindruck - vielleicht wegen eines erkennbaren Anteils von Furcht in seiner Stimme -, daß dieser Quatsch mit der Ritterwürde der eigentliche Grund für Maynards Wut war.