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Statt dessen ging er zu Holly hinüber, umarmte sie, und beide standen sie da, eng umschlungen, halb weinend, halb lachend. Sie waren wieder unter den Lebenden. Ich kramte resigniert etwas Schnelles und Kalorienarmes aus dem Kühlschrank hervor, tat es in die Mikrowelle und goß mir ein Glas Rotwein ein, das ich auf einen Zug trank. Beim Essen bekannte Bobby, daß er am Abend für die Stallkontrolle zu deprimiert gewesen war, und so gingen er und ich nach dem Kaffee zu einer letzten Überprüfung auf den Hof hinaus. Die Nacht war windig und kalt und mondhell hinter huschenden Wolken. Alles wirkte ruhig und normal, alle Pferde dösten hinter geschlossenen Türen, bewegten sich kaum, wenn wir einen Blick zu ihnen hineinwarfen.

Die Boxen, die Jermyn Graves’ Pferde beherbergt hatten, waren immer noch leer, und die Schnur, die zu der

Glocke führte, war von der Tür entfernt worden; sie hing lose vom letzten Krampen herunter. Bobby sah zu, wie ich sie wieder an der Tür befestigte.

»Hältst du das immer noch für nötig?« fragte er zweifelnd.

»Ja«, sagte ich entschieden. »Der Futterhändler wird den Scheck von Graves zur Bank gebracht haben, aber gebucht ist er noch nicht. Ich würde Graves nicht unbesehen trauen, und ich wäre dafür, daß wir so viele Schnüre an die Glocke binden, wie wir nur können.«

»Er wird nicht noch mal kommen«, meinte Bobby kopfschüttelnd.

»Willst du’s darauf ankommen lassen?«

Er starrte mich eine Weile an und sagte dann: »Nein.«

Wir legten drei weitere Schnüre als Stolperdraht über die Wege und vergewisserten uns, daß die Glocke herunterfiel, wenn an einer von ihnen geruckt wurde. Es war vielleicht nicht das allerraffinierteste System, aber es hatte sich zweimal bewährt.

Um ein Uhr früh bewährte es sich zum dritten Mal.

Kapitel 8

Meine erste Empfindung war trotz allem, was ich zu Bobby gesagt hatte, Ungläubigkeit.

Meine zweite, daß es eine schlechte Idee gewesen sei, aus dem Bett zu springen, obwohl ich mich am Abend noch in einem langen heißen Bad entspannt hatte; ich ächzte und stöhnte und fühlte mich lädiert.

Da ich das Wichtigste zum Übernachten ständig in einer Tasche im Wagen mitführte - Rasierer, sauberes Hemd, Zahnbürste -, schlief ich (wie meist bei anderen Leuten) in einer leuchtendblauen Turnhose.

Ich hätte mich wahrscheinlich angezogen, wenn ich mich fitter gefühlt hätte. Statt dessen fuhr ich nur mit den Füßen in die Schuhe und ging hinaus auf den Treppenflur, wo Bobby triefäugig und unentschlossen in seiner Schlafanzugjacke herumstand.

»War das die Glocke?« sagte er.

»Ja. Ich nehme wieder die Zufahrt. Nimm du den Hof.«

Er schaute an seinem halbnackten Körper hinunter, dann an meinem.

»Warte.« Er stürzte zurück in sein und Hollys Schlafzimmer und tauchte mit einem Pullover für mich und einer Hose für sich wieder auf, und während wir uns noch in diese Kleidungsstücke mühten, rasten wir schon die Treppe runter, hinaus in die windige Nacht. Der Mond schien zum Glück hell genug, denn wir hatten keine Taschenlampen dabei.

Eher im Schlurf- als im Laufschritt eilte ich die Zufahrt entlang, aber die Schnur war noch straff über den Weg gespannt. Wenn Graves gekommen war, dann nicht aus dieser Richtung.

Ich machte kehrt, um Bobby auf dem Hof zu helfen, doch er stand dort unschlüssig im Halbdunkel und blickte verwirrt um sich. »Ich kann Graves nicht finden«, sagte er. »Meinst du, die Glocke ist einfach vom Wind runtergeweht worden?«

»Sie ist zu schwer. Hast du sämtliche Schnüre überprüft?«

»Alle bis auf die vor dem Gartentor. Aber hier ist ja keiner. Da ist niemand langgekommen.«

»Trotzdem .«

Ich schlug den Weg zum Gartentor ein, Bobby folgte mir - und wir fanden das rohgezimmerte Holzgatter weit offen. Wir wußten beide, es konnte nicht aufgeweht worden sein. Es wurde normalerweise von einem Stück Kette geschlossen gehalten, und die Kette hing am Torpfosten, abgenommen von Menschenhand.

Wir konnten wegen des Winds nicht viel hören. Bobby blickte unschlüssig den Weg zurück, den wir gekommen waren, und traf Anstalten, wieder zum Stallhof zu gehen.

Ich sagte: »Und wenn er im Garten ist?«

»Wozu denn? Wieso denn?«

»Er könnte von der Straße aus durch die Hecke in die Koppel gekommen sein, über den Koppelzaun und dann den Weg hier herunter; so hätte er alle Schnüre umgangen außer dieser.«

»Aber das ist doch witzlos. Durch den Garten kriegt er keine Pferde raus. Da sind Mauern ringsum. Auf die Idee käme er nicht.«

Ich war geneigt, ihm zuzustimmen, aber trotz alledem hatte jemand das Tor geöffnet.

Der ummauerte Garten lag ganz auf einer Seite von Bobbys Haus. Zufahrt, Stallhof und Nebengebäude umschlossen die drei anderen, und abgesehen von dem Tor, vor dem wir jetzt standen, führte der einzige Weg in den Garten durch die Verandafenster im Gesellschaftszimmer.

Vielleicht kam Bobby der gleiche unwillkommene Gedanke wie mir. Auf jeden Fall folgte er mir sofort durch das Tor und von dem gepflasterten Fußweg herunter auf den Rasen, der leiser unter den Füßen war.

Wir gingen schnell und lautlos das kurze Stück zu der Verandatür, doch sie schien geschlossen zu sein, die vielen viereckigen Scheiben spiegelten das fahle Licht des Himmels.

Wir wollten gerade rüber, um uns zu vergewissern, daß sie noch zugesperrt war, da drang ein schwaches Klicken und ein Klappern über dem Wind an meine Ohren, gefolgt von einem scharfen und deutlichen: »Drecksding.«

Bobby und ich standen stockstill. Wir konnten niemand sehen, obwohl unsere Augen sich fast völlig an die Nacht gewöhnt hatten.

»Komm runter«, sagte eine Stimme. »Mir gefällt das nicht.«

»Halt’s Maul.«

Da ich mir mit meinen langen Beinen und blauglänzenden Shorts allzu sichtbar erschien, bewegte ich mich über das Gras in Richtung auf die Dunkelheit, aus der die Stimmen kamen, und wie Polizeibeamte Ihnen sagen werden, sollte man das nicht tun; man sollte ins Haus gehen und das Überfallkommando rufen.

Bobby und ich entdeckten einen Mann, der am Fuß einer Leiter stand und nach oben blickte. Er trug keine Maske, keine Kapuze, nur einen normalen Anzug - unpassend als Einbrecherkluft.

Es war nicht Jermyn Graves, und es war auch nicht Jasper, der Neffe.

Er war unter vierzig, dunkelhaarig und ein Fremder.

Er sah uns überhaupt nicht, bis wir bei ihm waren, so fest war sein Augenmerk nach oben gerichtet, und als ich laut sagte: »Was haben Sie denn vor?«, machte er einen Satz. Bobby hechtete rugbygerecht nach seinen Knien, und ich ergriff die Leiter und stieß sie zur Seite. Von oben kam ein Schrei und ein ziemliches Geratter, und ein zweiter Unbekannter purzelte von der Dachkante und fiel plumpsend auf ein unbepflanztes Blumenbeet.

Ich stürzte mich auf diesen, drückte sein Gesicht in den Novembermatsch und versuchte, mit einer Hand seine Taschen nach einer Waffe abzuklopfen, während er unter mir keuchte und um sich drosch; und als ich keine Waffe fand, suchte ich nach Papieren, einem Notizbuch, einem Brief oder sonst etwas, das ihn ausweisen würde. Leute, die beim Einbrechen gekleidet waren, als wollten sie ins Büro, hatten vielleicht nicht alle angebrachten Vorsichtsmaßnahmen getroffen.

Ich kam in seine Taschen nicht hinein - es war zu dunkel und zuviel Bewegung, aber irgendwie kriegte ich den Kragen seines Jacketts zu fassen, und ich zerrte es mit beiden Händen nach hinten herunter, so daß seine Arme vorübergehend an seine Körperseiten gefesselt waren. Er bäumte sich, trat aus und schaffte es, mich von seinem Rücken abzuwerfen, doch ich klammerte mich grimmig an der Anzugjacke fest, die seine Arme lähmte und ihn rasend machte.

Um freizukommen, schlüpfte er geradewegs aus dem Jackett, ließ es in meinen Händen, und bevor ich irgend etwas unternehmen konnte, war er auf den Knien, auf den Füßen und nahm Reißaus.