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Ich legte die Habseligkeiten der Journalisten sicherheitshalber unter mein Bett, bevor ich ächzend wieder schlafen ging, doch die Eigentümer unternahmen offenbar keinen Versuch einzubrechen, um sie sich zurückzuholen. Ich schöpfte eine Menge gähnendes Vergnügen daraus, mir ihre geistige und körperliche Verfassung vorzustellen, und ich fand, daß sie alles, was ihnen zugestoßen war, durchaus verdient hatten.

Owen Watts und Jay Erskine. Jay Erskine, Owen Watts.

Das waren sie, überlegte ich dösig, während ich eine unversehrte Stelle suchte, auf der ich liegen konnte. Sie würden der Hebel sein, mit dem sich die Welt aus den Angeln heben ließ. Der sorglose, abgestumpfte, linke Owen Watts, halb bewußtlos geprügelt von Bobby, und die dumme, abgebrühte Schnüffelnase Jay Erskine, von der Leiter gefallen und mit dem Gesicht im Dreck gelandet. Geschah ihnen verdammt recht.

Ich träumte davon, daß mich ein Traktor überfuhr, und fühlte mich auch ein bißchen so, als ich aufwachte. Der Morgen nach einem Sturz wie gestern war immer Mist.

Es war fast neun, als ich in die Küche kam, doch obwohl das Licht brannte, um den grauen Tag zu verscheuchen, war sonst niemand da. Ich wärmte mir etwas Kaffee auf und begann Bobbys Tageszeitung zu lesen; das war der Towncrier, nicht die Flag.

Auf Seite 7, die ganz den Mittwochskommentaren und Meinungen einer führenden und ungeheuer einflußreichen Kolumnistin gewidmet war, lautete die Hauptüberschrift:

Welchen Preis hat Vaterliebe?

Und darunter kam in einem langen Kasten, den kein Leser des Towncrier übersehen konnte, ein Abriß von Maynard Allardecks steilem Weg nach oben.

Er hatte es, wie sie schrieb, vom Warenmakler zum wolkenkratzenden Magnaten gebracht, indem er die Unternehmen anderer Leute schluckte und die Hülsen ausspie.

Seine Verfahrensweise, erklärte sie, bestand darin, daß er lächelnd an überschuldete Firmen herantrat, denen er Darlehen und lebenswichtiges Bargeld anbot. Günstige Bedingungen, zahlen Sie, wann Sie können, ich helfe gern. Seine neuen Partner, schrieb die Journalistin, hießen ihn mit offenen Armen willkommen und lobten ihren Wohltäter in höchsten Tönen. Aber ach, welche Ernüchterung. Sobald die Geschäfte sich entwickelten, verlangte Maynard sehr freundlich sein Geld zurück. Zerknirschung! Desaster! Man konnte ihn unmöglich bezahlen, ohne zu verkaufen und dichtzumachen. Massenentlassungen. Persönliche Tragödien noch und noch. Darf nicht sein, stimmte Maynard entgegenkommend zu. Er würde statt des Geldes die Firma nehmen, wie fände man das? Alle behielten ihren Arbeitsplatz. Ausgenommen leider den Besitzer und den geschäftsführenden Direktor. Maynard verkaufte bald darauf seine jetzt finanziell stabile neuerworbene Firma mit gutem Gewinn an irgendeinen großen Fisch, der nach mundgerechten kleinen Ausschau hielt - und auf zur nächsten Runde, könnte man sagen, wobei Maynard dann merklich reicher war.

Woher weiß ich das alles? fragte die Journalistin und gab die Antwort gleich dazu: Vor weniger als drei Wochen, in der Fernsehsendung Handel heute, hat es uns Maynard selbst erzählt. Klassisches Übernahmeverfahren nannte er es selbstgefällig. Jeder könne das. Jeder könne auf die gleiche Weise ein Vermögen verdienen wie er.

Jetzt hatte es den Anschein, schrieb sie, daß eine bestimmte überschuldete Firma bitter auf Bargeld zu günstigen Bedingungen angewiesen war, nämlich der Rennstallbetrieb von Maynards eigenem, einzigem Sohn Robertson (32).

Dem Vernehmen nach weigerte sich Maynard in diesem einen Fall hartnäckig, irgendwelche Hilfe anzubieten.

Mein Rat an jemanden in Robertsons (genannt Bobby) Situation, entschied die Dame, würde lauten, Daddys Geld nicht mit der Kneifzange anzurühren. Dankbar zu sein für das Glück im Unglück. Daddys zärtliche Umarmung könne dazu führen, daß er sich bald als Straßenfeger wiederfände. Vergessen wir nicht, schrieb sie, daß dieser Vater heute noch hinter dem Geld her ist, das er seinem Sohn in jungen Jahren für ein Auto geborgt hat.

Ist Maynard wert, fragte sie schließlich, daß man ihn für seine Verdienste um die Wirtschaft zum Ritter schlägt? Und antwortete wiederum selbst: Ihres Erachtens bestimmt nicht.

Dazu gab es ein Foto von Maynard, auf dem er elegant und gut aussah, doch eine Menge Zähne zeigte. Das Wort »Hai« fiel einem dabei ein. Maynard, dachte ich, würde der Schlag rühren.

Bobbys erstes Lot kehrte von der Morgenarbeit auf der Heide klappernd auf den Hof zurück, und Bobby selbst, der stark deprimiert wirkte, kam in die Küche. Er machte sich eine Tasse Kaffee, ohne mich anzusehen, trank sie stehend am Fenster und starrte hinaus.

»Wie geht’s Holly?« fragte ich.

»Mies.«

»Dein Vater ist in der Zeitung«, sagte ich.

»Will ich nicht lesen.« Er setzte seine Tasse ab. »Ich nehme an, du fährst.« »Ja. Ich reite in Newbury.«

»Ich meinte ... wegen gestern nacht.«

»Nein, nicht deswegen.«

Er kam zum Tisch herüber und setzte sich, wobei er nicht mich, sondern seine Hände anschaute. Er hatte Schrammen an den Knöcheln, wundrote Stellen, wo er die eigene Haut aufgeschlagen hatte.

»Warum hast du dich nicht gewehrt?« sagte er.

»Ich wollte nicht.«

»Du hättest mir teuflisch weh tun und weggehen können. Das ist mir jetzt klar. Warum hast du’s nicht? Ich hätte dich umbringen können.«

»Nur über meine Leiche«, sagte ich trocken.

Er schüttelte den Kopf. Ich schaute in sein Gesicht, auf die niedergeschlagenen blauen Augen, sah den Kummer, die Selbstzweifel, die Verwirrung.

»Wogegen ich mich wehre«, sagte ich, »ist die Gehirnwäsche, der man uns unterzogen hat. Warum sollen wir immer noch springen, wenn es dieser alte Haß befiehlt? Du hast versucht, einen Fielding totzuschlagen. Irgendeinen Fielding. Nicht mich, deinen Schwager Kit, der dich wirklich mag, wenn ich auch nach gestern nacht nicht ganz verstehe, warum. Ich kämpfe gegen meine Beeinflussung, ich kämpfe gegen meine verdammten Vorfahren, aber ich kämpfe nicht gegen dich, den Mann meiner Schwester, an dem ich nichts auszusetzen habe.«

Er saß eine Zeitlang schweigend da, schaute immer noch auf seine Hände, dann sagte er mit gedämpfter Stimme: »Du bist stärker als ich.«

»Nein. Falls es dich beruhigt, ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ich alles hätte durchmachen müssen, was du in der letzten Woche durchgemacht hast, und mir wäre ein Allardeck unter die Finger gekommen.«

Er hob den Kopf. Ein klein wenig Licht kehrte wieder. »Also Waffenruhe?« sagte er.

»Ja«, stimmte ich zu - und fragte mich, ob unser Unterbewußtsein sie einhalten würde.

Kapitel 9

Die Lieferwagen fegten in den Hof, als führten sie ein Rennen durch: ein roter, ein gelber. Beiden entstieg eher gemächlich ein Mann in dunkler Kleidung; der aus dem roten Wagen mit der Post vom Tage, der aus dem gelben mit einem Klemmbrett. Die Royal Mail und die British Telecom Seite an Seite.

Bobby ging zur Tür, nahm die Briefe in Empfang und brachte den Mann vom Fernmeldeamt mit in die Küche.

»Wanzenjagd«, meinte der Telecom-Mann herzlich, als das rote Fahrzeug draußen wieder losbrauste. »Termiten ham Se im Telefon, was? Ham’s in der Leitung knacken gehört? Hören unheimlich viele Leute. Falscher Alarm, wissen Sie.«

Er war dick, schnauzbärtig und zu voll von unnötiger Jovialität. Bobby nahm sich gehörig zusammen, bot Kaffee oder Tee an, und ich ging nach oben, um das nicht bloß eingebildete, am Schornstein gefundene Gerät zu holen.

Auf dem Rückweg konnte ich die Stimme des Fernmeldemannes längst hören, bevor ich ihn sah.

»Den MI5, den gibt’s natürlich, aber was so die durchschnittlichen linken Militanten sind, die rufen uns regelmäßig. Also in Cambridge, dauernd blinder Alarm.«