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Die Haut seines alten Gesichtes erschlaffte bei der Erinnerung an die Fehlschläge. Lucy sah ihn besorgt an, streichelte schützend mit einem Finger seine Hand.

»Es hat keinen Sinn, sich lange damit aufzuhalten«, meinte sie unbehaglich. »Ich werde Ihnen sagen, was passiert ist. Allardeck erfuhr von unseren Schwierigkeiten und meinte, sein Sohn könne uns helfen, er verstünde was von Finanzen. Wir hatten Maynard ein- oder zweimal getroffen, und er war charmant gewesen. Er kam also zu uns und sagte, da wir so alte Kunden seines Vaters seien, würde er uns, wenn es uns recht wäre, Geld leihen, soviel wir brauchten. Die Bank hatte sich bereit erklärt, uns fünfzigtausend gegen die Sicherheit unserer Aktien zu leihen, aber damit blieben ja noch hundertundvierzig. Langweile ich Sie?«

»Ganz und gar nicht«, sagte ich mit Nachdruck. »Bitte sprechen Sie weiter.«

Sie seufzte. »Metavane sollte in etwa sechs Wochen starten, und wir klammerten uns wohl an Strohhalme - wir hofften, er würde gewinnen. Wir waren so dringend darauf angewiesen. Wir wollten ihn um keinen Preis verkaufen müssen, bevor er überhaupt gelaufen war. Wenn er siegte, würde er erheblich mehr wert sein. Daher waren wir überwältigt von Maynards Angebot. Es löste alle unsere Probleme. Wir nahmen es an. Wir waren überglücklich.

Wir lösten seinen Scheck ein, und Clement beglich seine Schulden bei Lloyd’s.«

Zynische Bitterkeit zerrte an ihren Mundwinkeln, aber den Kopf hielt sie immer noch hochgereckt.

»Hat Maynard Zinsen von Ihnen verlangt?« fragte ich.

»Sehr wenig«, erwiderte der Major. »Fünf Prozent. Verdammt nett von ihm, dachten wir.« Die Abwärtskurve seines Mundes entsprach derjenigen seiner Frau. »Wir wußten, es würde ein Kampf, aber wir waren sicher, wir würden irgendwie wieder auf die Beine kommen. Sparen, nicht wahr. Sachen verkaufen. Ihm nach und nach alles zurückzahlen. Metavane verkaufen, wenn er gesiegt hatte.«

»Ja«, sagte ich. »Wie ging es weiter?«

»Etwa fünf Wochen lang geschah nichts Besonderes«, antwortete Lucy. »Dann kam Maynard wieder zu uns, völlig aus dem Häuschen, und sagte, er habe zwei sehr schlechte Neuigkeiten für uns. Er müsse einen Teil des Geldes, das er uns gerade geliehen habe, zurückfordern, da er selbst in Schwierigkeiten sei. Und fast schlimmer noch, sein Vater habe ihn gebeten, uns mitzuteilen, Metavane sei beim Bewegen so gravierend lahm geworden, daß der Tierarzt meinte, vor Ablauf der Saison würde er nicht renntauglich sein. Damals war es Ende September. Wir hatten uns darauf verlassen, daß er im Oktober laufen würde. Wir waren einfach restlos am Boden, denn natürlich konnten wir uns nicht leisten, noch ein halbes Jahr die Trainingskosten zu bezahlen, bis im März die Rennen wieder losgingen, und noch schlimmer war, daß ein lahmer Zweijähriger zu Saisonende nicht gerade viel wert ist. Wir würden ihn noch nicht einmal für das verkaufen können, was wir für ihn bezahlt hatten.«

Sie schwieg, blickte starr auf den Herzenskummer zurück.

»Bitte weiter«, sagte ich.

Sie seufzte. »Maynard erbot sich, uns Metavane abzunehmen.«

»Hat er das so formuliert?«

»Ja. Genau. Uns Metavane abnehmen, hat er gesagt. Er sagte außerdem, er erlasse uns zehntausend Pfund von unseren Schulden, gerade als ob der Hengst immer noch soviel wert wäre. Aber, setzte er hinzu, er brauche unbedingt einiges Bargeld, ob wir denn nicht sofort hunderttausend für ihn flüssig machen könnten.« Sie sah mich kalt an. »Das konnten wir einfach nicht. Wir gingen alles mit ihm durch, erklärten es ihm. Er sah ein, daß wir ihn nicht bezahlen konnten, ohne gegen gewaltige Zinsen einen Kredit bei einem Geldverleiher aufzunehmen, und er sagte, das lasse er auf keinen Fall zu. Er war verständnisvoll und charmant und wirkte so bedrückt, daß wir ihn schließlich noch in seinem Kummer trösteten und ihm versicherten, wir würden alles Menschenmögliche tun, um ihn sobald es ging zu bezahlen.«

»Und dann?«

»Dann sagte er, wir sollten das Ganze am besten legal machen, also übertrugen wir durch Unterschrift die Besitzrechte an Metavane auf ihn. Er änderte den Betrag, den wir ihm schuldeten, von hundertvierzig- auf hundertdreißigtausend, und wir unterschrieben einen Zahlungsauftrag über regelmäßige monatliche Raten. Wir waren alle unglücklich, aber es schien das beste zu sein, was zu machen war.«

»Sie haben ihm Metavane ohne Bedingungen überlassen?« fragte ich. »Sie haben keine zusätzlichen Schuldnachlässe gefordert, falls sich das Pferd als gut erwies?«

Lucy schüttelte müde den Kopf. »Über Bedingungen haben wir nicht nachgedacht. Wer denkt schon an Bedingungen für ein lahmes Pferd?«

»Maynard sagte, er müsse unsere Zinszahlungen auf zehn Prozent erhöhen«, warf der Major ein. »Er entschuldigte sich immer wieder dafür, meinte, es sei ihm peinlich.«

»Vielleicht war es das«, sagte ich.

Lucy nickte. »Peinlich berührt von seiner eigenen Gemeinheit. Er ging und ließ uns zutiefst unglücklich zurück, aber das war nichts dagegen, wie wir uns zwei Wochen später fühlten. Metavane lief in einem Zweijährigenrennen in Newmarket und siegte mit drei Längen Vorsprung. Wir konnten es nicht fassen. Wir sahen das Ergebnis in der Zeitung. Auf der Stelle riefen wir Allardeck an. Und Sie können sich wohl denken, was er gesagt hat?«

Ich nickte halb.

»Er sagte, es sei ihm unbegreiflich, wie wir darauf kämen, daß Metavane lahm sei. Er sei es nicht. Er sei es nie gewesen. Er habe in letzter Zeit glänzend auf der Heide gearbeitet.«

Kapitel 12

Sie hatten wahrscheinlich nicht daran gedacht«, sagte ich sanft, »Einblick in den Tierarztbericht zu fordern? Oder auch nur bei Allardeck zurückzufragen?«

Lucy schüttelte den Kopf. »Wir nahmen Maynard beim Wort.«

Der Major nickte schwer. »Hatten Vertrauen zu ihm. Allardecks Sohn, nicht wahr.«

Lucy sagte: »Wir protestierten natürlich heftig, weil Maynard uns vorsätzlich belogen hatte, und Maynard sagte, das habe er nicht getan. Er leugnete einfach, uns je erzählt zu haben, daß Metavane vor dem Frühjahr nicht laufen könne. Uns blieb die Luft weg. Clement führte Beschwerde beim Jockey-Club, aber umsonst. Maynard hat auch sie geblendet. Ihnen gesagt, wir hätten ihn mißverstanden. Die Stewards waren sehr kühl zu Clement. Und wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, Maynard hat ihnen weisgemacht, wir versuchten nur noch mehr Geld aus ihm herauszupressen, nachdem er uns schon so großzügig aus einer furchtbaren Klemme geholfen hatte.«

Sie sahen nun beide allmählich verzweifelt aus, und ich bekam selber schon Gewissensbisse. Aber ich sagte: »Bitte erzählen Sie mir, wie Ihr Schuldenstand jetzt ist und wieviel Maynard Ihnen aus seinen Siegen und aus der Syndikation von Metavane als Zuchthengst hat zukommen lassen.«

Sie machten beide große Augen.

Der Major sagte erstaunt: »Nichts.«

»Wie meinen Sie, nichts?«

»Er gab uns keinen roten Heller.«

»Er hat das Pferd für mehrere Millionen syndikatisiert.«

Der Major nickte. »Davon haben wir gelesen.«

»Ich schrieb ihm«, sagte Lucy mit leicht geröteten Wangen. »Ich forderte ihn auf, uns wenigstens das zu erlassen, was wir ihm noch schuldeten.«

»Und?«

»Er hat nicht geantwortet.«

»Lucy schrieb ihm zweimal«, sagte der Major unbehaglich. »Den zweiten Brief schickte sie durch Eilboten, zur persönlichen Aushändigung, daher wissen wir, daß er ihn bekommen haben muß.«

»Es kam keine Antwort«, sagte Lucy.

»Wir haben das Geld geborgt, und damit hat es sich«, meinte der Major resigniert. »Rückzahlungen und Zinsen verschlingen den größten Teil unseres Einkommens, und ich glaube nicht, daß wir noch jemals fertig werden.«