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»Ihre Anwälte sind Narren«, sagte ich und legte den Hörer auf.

Ich ging hinaus auf die Straße, fuhr mit der Hand über meinen Kopf, meine Haare, fühlte mich niedergedrückt und als Verlierer.

Vier Siege, dachte ich. Es kam so selten vor. Ich sollte knietief in Champagner waten, nicht gegen eine Backsteinmauer anrennen, die so bösartig zurückschlug.

Die Wunden über meinen Rippen schmerzten. Ich konnte sie nicht länger ignorieren.

Entmutigt ging ich weiter, wieder zu einem anderen Telefon, und rief einen alten medizinischen Verbündeten an.

»Ach hallo«, sagte er fröhlich. »Was haben wir diesmal? Ein paar Knochen heimlich einzurichten?«

»Nähen.«

»Aha. Und wann reiten Sie?«

»Morgen.«

»Dann schieben Sie an.«

»Danke.«

Ich nahm ein Taxi und ließ mich nähen.

»Das ist keine Hufwunde«, stellte er fest, als er ein Betäubungsmittel in meine rechte Seite tupfte. »Das war ein Messer.«

»Ja.«

»Wußten Sie, daß der Knochen durchkommt?«

»Ich kann nichts sehen.«

»Reißen Sie sich das morgen nicht noch mal auf.«

»Dann flicken Sie es gut.«

Er arbeitete eine Zeitlang, bevor er mir auf die Schulter klopfte. »Sie haben da jetzt absorbierbaren Faden drin, außerdem Klammern und Klettband, aber ob das noch vier Siege überstehen würde, ist eine reine Vermutung.«

Ich hob den Kopf. Ich hatte nichts von den Siegen erwähnt.

»Ich hörte es in den Nachrichten«, sagte er.

Er arbeitete weniger lange an der anderen Schnittwunde und sagte leichthin: »Ich wußte nicht, daß Messerstiche in Ihr Fach fallen.«

»Ich auch nicht.«

»Möchten Sie mir erzählen, wie es passiert ist?«

Er verlangte offenbar nach einer beruhigenden Erklärung. Er würde mir unter der Hand helfen, aber es war wichtig für ihn, daß ich ehrlich war.

»Meinen Sie«, sagte ich, »ob ich mir Ärger mit Wettern und Wettbetrügern und dergleichen eingehandelt habe?«

»Wahrscheinlich.«

»Aber nein, das versichere ich Ihnen.« Ich berichtete ihm kurz von Bobbys Schwierigkeiten und spürte, wie seine Vorbehalte schwanden.

»Und die Prellungen?« sagte er.

»Ich bin vorgestern unter ein paar Hürdenpferde geraten.«

Er nickte trocken. Ich zahlte sein Honorar in bar, und er brachte mich an die Tür.

»Alles Gute«, sagte er. »Kommen Sie wieder, wenn Sie’s nötig haben.«

Ich dankte ihm, schnappte mir ein Taxi zurück zum Hotel und dachte daran, daß die Flag in diesem Augenblick ohne die Entschuldigung durch die Druckmaschine ratterte. Dachte an Leggatt und die Leute hinter ihm; Rechtsanwälte, Nestor Pollgate, Tug Tunny, Owen Watts und Jay Erskine. Dachte an die Kräfte und Dämonen, die ich auf irgendeine Weise entfesselt hatte. Sie müssen lernen, daß es Leute gibt, die Sie nicht herumschubsen können, hatte einer der Messerträger gesagt.

Nun, ich lernte es.

Am Mietwagenschalter im Hotel hieß es, ich hätte Glück, sie hätten mir einen Mercedes besorgt; hier seien die Schlüssel, er stünde in der Tiefgarage; der Dienstmann würde ihn mir zeigen, wenn ich ausgehen wolle. Ich dankte ihnen. Man tut, was man kann, sagten sie.

Von meinem Zimmer bestellte ich beim Zimmerservice etwas zu essen und rief Wykeham an, um ihm zu berichten, wie seine Sieger gesiegt hatten, was zumindest noch ein Echo von der gehobenen Stimmung des Nachmittags wachrief.

»Sind sie alle gut heimgekommen?« fragte ich.

»Ja, alle haben ihre Ration gefressen. Dhaulagiri sieht aus, als hätte er ein schweres Rennen gehabt, aber Dusty sagt, er hat mühelos gesiegt.«

»Dhaulagiri lief großartig«, sagte ich. »Sie alle miteinander. Kinley ist so gut wie nur irgendeiner, den Sie haben.«

Wir sprachen über Kinleys Zukunft und die Renner in Ascot am nächsten Tag und am Samstag. Für Wykeham waren die Monate Oktober, November, Dezember der Höhepunkt; seine Pferde kamen dann alljährlich in Bestform, die gegenwärtige Erfolgssträhne war erwartet und eingeplant.

Zwischen dem 30. September und dem Neujahrstag ließ er jedes von ihm betreute Pferd so oft laufen, wie er konnte. »Den Augenblick beim Schopf ergreifen«, sagte er dazu. Nach Weihnachten, wenn die Meetings von Frost und Schnee auseinandergerissen wurden, überließ er seinen Stall mehr oder weniger dem Winterschlaf, rastete, gruppierte um, plante auf eine zweite Hochblüte im März hin. Mein Leben folgte weitgehend seinem Rhythmus, der mir so selbstverständlich war wie seinen Pferden.

»Ruhen Sie sich jetzt mal aus«, sagte er jovial. »Sie haben morgen sechs Ritte, am Samstag wieder fünf. Schlafen Sie ordentlich.«

»Ja«, sagte ich. »Gute Nacht, Wykeham.«

»Gute Nacht, Paul.«

Mein Essen kam, und ich nahm ein paar Happen davon und trank etwas Wein, während ich mit den anderen Trainern telefonierte, die Nachrichten hinterlassen hatten, und danach rief ich Rose Quince an.

»Vier Siege«, sagte sie. »Tragen Sie’s nicht ein bißchen dick auf?«

»Es kommt eben vor.«

»Aber ja. Kosten Sie Ihren Glanz ruhig noch aus, Sportsfreund, denn ich habe eine schlechte Neuigkeit für Sie.«

»Inwiefern schlecht?«

»Eine glatte, unumstößliche Abfuhr von dem Regisseur von Handel heute. Um nichts auf der Welt will er sagen, wer ihn auf Maynard Allardeck gehetzt hat.«

»Aber aufgehetzt hat ihn jemand?« »Na, klar. Er will nur nicht sagen, wer. Ich könnte mir denken, daß er sowohl dafür bezahlt worden ist, daß er’s tut, wie dafür, daß er’s nicht tut, wenn Sie verstehen, was ich meine.«

»Wer immer ihn dafür bezahlt hat, daß er’s tut, muß sich betrogen fühlen.«

»Zu dumm«, meinte sie. »Wir sehen uns.«

»Hören Sie«, sagte ich hastig, »wofür kam Jay Erskine ins Gefängnis?«

»Sagte ich Ihnen doch. Behinderung der Justiz.«

»Aber was hat er eigentlich getan?«

»Soweit ich mich erinnere, ein paar Angstmacher auf einen Hauptbelastungszeugen angesetzt, der dann außer Landes geflohen ist und nie ausgesagt hat, so daß der Gauner davonkam. Warum?«

»Interessierte mich nur. Wie lange hat er gekriegt?«

»Fünf Jahre, aber er war sehr viel schneller wieder draußen.«

»Danke.«

»Gern geschehen. Übrigens, eine von den Gefälligkeiten, die Sie mir schuldig waren, hat sich erledigt. Ich habe Ihren Rat beherzigt. Das Gift hat hervorragend gewirkt, und ich bin erlöst; ich unterstehe nicht mehr dem Chauvinisten. Schönen Dank also und gute Nacht.«

»Gute Nacht.«

Wenn die Flag Angstmacher brauchte, konnte Jay Erskine sie beschaffen.

Ich seufzte und rieb mir die Augen und dachte über Holly nach, die mir seit einer Ewigkeit im Kopf herumging, mir sagte, ich solle sie anrufen. Sie würde das Geld haben wollen, das ich immer noch um meine Taille trug, und ich mußte sie und Bobby wohl überreden, am Morgen nach London oder Ascot zu kommen, um es abzuholen.

Ich würde ihr auch sagen müssen, daß ich den Abdruck der Entschuldigung doch nicht durchgesetzt hatte. Daß ihre und Bobbys Anwälte sich ewig plagen könnten und nichts erreichen würden. Daß es der Flag zwar vielleicht lästig fiele, wenn wir aller Welt von der Lauschaktion erzählten, daß es aber nichts dazu beitragen würde, ihren Banker umzustimmen. Nur zögernd wählte ich Hollys Nummer.

»Natürlich kommen wir das Geld abholen«, sagte sie. »Bist du bitte jetzt mal still davon und hörst zu.«

»Okay.«

»Sam Leggatt hat angerufen. Der Chefredakteur der Flag. «

»Tatsächlich? Wann?«

»Vor etwa einer Stunde. Anderthalb. So um sieben. Er sagte, du wärst in London, irgendwo in der Gegend von Knightsbridge, und ob ich wüßte, wo du dich aufhältst.«

»Was hast du gesagt?« fragte ich erschrocken.