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Jay Erskine stand aufrecht und blickte ausgesprochen bösartig.

Ich sagte zu ihm: »Beten Sie, daß die Entschädigung gezahlt wird ... Möchten Sie gern noch mal ins Loch?«

Ich ging zur Tür und schaute kurz zurück. Pollgate, Leg-gatt und Morse hatten ausdruckslose Gesichter; das von Erskine war glitzernd kalt.

Einen Moment fragte ich mich ängstlich, ob der Öffnungsmechanismus an der Tür sie auch verschloß und mich festhalten würde, aber es schien nicht so. Die Klinke drehte sich ohne weiteres, kam mir sacht entgegen, öffnete den Fluchtweg.

Außerhalb des Büros, im Gang zu den Aufzügen, empfand ich meine Füße erschreckend losgelöst von den Beinen. Waren Pollgates Drohungen ernst gemeint, ging ich der düstersten Zukunft entgegen; spielte Erskine seine Bosheit aus, würde ich das bald und mit Gewalt zu spüren bekommen. Warum in Gottes Namen, dachte ich verzweifelt, hatte ich nicht nachgegeben, ihnen die Jacketts gegeben, Bobby hopsgehen lassen.

Laufschritte kamen hinter mir über den imitierten Marmorflur vor den Aufzügen, und ich drehte mich rasch um, gefaßt auf Erskine und auf Gefahr, erblickte aber, wie schon einmal, Sam Leggatt.

Das Tempo, mit dem ich zu ihm herumgeschnellt war, verblüffte ihn.

»Sie haben wieder eine Tätlichkeit erwartet«, sagte er.

»Mm.«

»Ich komme mit Ihnen runter.« Er drückte auf den Knopf nach unten und starrte mich eine Weile an, während wir warteten.

»Hunderttausend«, sagte er schließlich, »ist zuviel. Ich dachte, Sie wollten weniger.«

»Wollte ich gestern auch.«

»Und heute?«

»Heute habe ich Pollgate kennengelernt. Über eine kleine Forderung würde er lachen. Er denkt nicht in Kleckerbeträgen.«

Sam Leggatt starrte mich weiter an, blinzelte mit den blonden Wimpern, ließ seine unausgesprochenen Gedanken nicht erkennen.

»Diese Drohung«, sagte ich langsam, »daß er mich hinter Gitter bringen würde. Hat er die schon mal benutzt?«

»Was meinen Sie damit?«

»Bei jemand anderem.«

»Wie kommen Sie darauf?«

»Sie und Ihr Anwalt«, sagte ich, »waren nicht überrascht.«

Der Aufzug kam surrend in dem Schacht zu stehen, und die Tür ging auf. Leggatt und ich stiegen ein.

»Außerdem«, sagte ich, als die Tür sich schloß, »klangen die Worte, die er gebrauchte, fast einstudiert. >Ich verspreche Ihnen, Sie werden verachtet und verspottet, mit Pauken und Trompeten untergehen. < Wie ein Theaterstück, finden Sie nicht?«

Er sagte neugierig: »Sie erinnern sich an den genauen Wortlaut?«

»Den vergißt man doch nicht so leicht.« Ich zögerte. »War es ihm ernst damit?«

»Wahrscheinlich.«

»Was geschah in anderen Fällen?«

»Er wurde nicht auf die Probe gestellt.«

»Heißt das, die Drohung hat gewirkt?« fragte ich.

»Zweimal.«

»Himmel«, sagte ich.

Ich rieb geistesabwesend meine rechte Schulter, langte mit Daumen und Fingern der linken Hand unter den Anorak, um sie zu massieren. »Setzt er sich immer mit Drohungen durch?«

Leggatt sagte ruhig: »Die Drohungen richten sich nach den jeweiligen Umständen. Tut sie weh?«

»Was?« »Ihre Schulter.«

»Ach so. Ja, schon. Nicht besonders. Nicht schlimmer als ein Sturz.«

»Wie haben Sie das geschafft? Ihn so abzuwerfen?«

Ich grinste ein wenig. »Das hab ich nicht mehr gemacht, seit ich fünfzehn war, genau wie der andere Bursche. Ich war mir nicht sicher, ob es bei einem erwachsenen Mann klappen würde, aber es ging fabelhaft.«

Wir erreichten das Erdgeschoß und traten aus dem Aufzug.

»Wo wohnen Sie?« fragte er beiläufig.

»Bei einem Freund«, sagte ich.

Er kam halbwegs mit mir durch die überladene Eingangshalle, blieb an dem kleinen Springbrunnen stehen.

»Warum wollte Nestor Pollgate Maynard Allardeck in die Pfanne hauen?« sagte ich.

»Ich weiß nicht.«

»Es war also nicht Ihre oder Erskines Idee? Sie kam von höchster Stelle?«

»Von höchster Stelle.«

»Und darüber hinaus«, sagte ich.

»Was meinen Sie damit?«

Ich zog die Stirn kraus. »Ich weiß nicht. Wissen Sie’s?«

»Soweit mir bekannt ist, hat Nestor Pollgate es in Gang gebracht.«

Ich sagte kläglich: »Dann habe ich ihm ja nicht gerade die Fresse eingeschlagen.«

»Nahe dran.«

In seiner Stimme lag nichts von mangelnder Ergebenheit, aber ich hatte den Eindruck, daß er sich irgendwie entschuldigte - der Stellvertreter des Chefs bot dem Außenstehenden Trost an. Der Mann des Chefs, dachte ich. Vergiß das nicht.

»Was haben Sie als nächstes vor?«

»In Ascot reiten.«

Er sah mir fest in die Augen, und ich erwiderte den Blick.

Ich hätte ihn vielleicht gemocht, dachte ich, wenn er unter einer anderen Flagge gesegelt wäre.

»Auf Wiedersehen«, sagte ich.

Er schien ein wenig zu zögern, sagte schließlich aber nur: »Auf Wiedersehen«, und ging zurück zu den Fahrstühlen; und ich trat in die Fleet Street hinaus und atmete in großen Zügen frische Luft unter den Sternen.

Ich ging zu Fuß die zwei Meilen zum Hotel, wo ich eine Zeitlang auf meinem Zimmer saß und die Wände betrachtete. Dann ging ich nach unten, um den gemieteten Mercedes aus der Tiefgarage zu holen, und fuhr mit ihm nach Chiswick.

»Sie sind unheimlich früh«, meinte Danielle etwas bestürzt bei meiner Ankunft. »Ich sagte zwei Uhr heute nacht, nicht halb zwölf.«

»Ich dachte, ich könnte einfach hier sitzen und Ihnen zusehen. Es schien ja keinen zu stören, als ich letztes Mal hier war.«

»Sie werden sich entsetzlich langweilen.«

»Nein.«

»Okay.«

Sie deutete auf einen Schreibtisch mit Drehsessel nicht weit von dem ihren entfernt. »Der ist heute abend nicht besetzt. Da können Sie bleiben. Haben Sie die Wunde in Ordnung bringen lassen?« »Ja, alles klar.«

Ich setzte mich in den Sessel und lauschte den Geheimnissen des Nachrichtensammelns auf amerikanische Art, für die Leute daheim. Die große Abendschau um halb sieben östlicher US-Zeit wurde offenbar soeben gesendet. Die größte Hektik des Tages war vorbei. Von jetzt bis zwei, sagte Danielle, würde sie an allem Neuen und Dringenden arbeiten, das drüben in die 11-Uhr-Nachrichten kommen könnte, sonst aber zum Frühstück auf dem Bildschirm erscheine.

»Passiert viel Neues hier um diese Tageszeit?« fragte ich.

»Jetzt haben wir gerade einen verheerenden Brand in einem Öllager in Schottland, und um Mitternacht tritt Devil-Boy bei einer königlichen Wohltätigkeitsgala auf, um einen neuen Hit zu präsentieren.«

»Wer?« sagte ich. »Lassen Sie. Eine Milliarde Teenager können nicht irren. Und was dann?« sagte ich.

»Wenn wir die Bilder haben? Die übertragen wir von einem Ü-Wagen aus nach hier, schneiden sie und übertragen die fertige Ware in die New Yorker Studios. Mittags machen wir hier manchmal Live-Interviews, meistens für die 7-bis-9-Uhr-Frühsendungen, aber nachts bringen wir nichts live.«

»Sie schneiden die Filme hier?«

»Sicher. Normalerweise. Wollen Sie’s mal sehen?«

»Ja, sehr gern.«

»Wenn ich mit meinen Anrufen durch bin.« Sie deutete auf das Telefon, und ich nickte und hörte anschließend zu, wie sie mit jemand am Schauplatz des Brandes sprach.

»Der Macher ist per Hubschrauber auf dem Rückweg von den Rassenkrawallen und dürfte in zehn Minuten bei Ihnen sein. Er soll mich anrufen, wenn’s geht. Wie dicht sind Sie an den Flammen? Okay, wenn Cervano bei Ihnen ist, versuchen Sie näher ranzugehen, auf die Entfernung sieht doch ein Vulkan noch aus wie eine Wunderkerze. Okay, sagen Sie ihm, daß er mich anruft, wenn er Sie erreicht hat. Jaja, okay, er soll mich anrufen.«