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Ich lobte mir die Ungezwungenheit des kleinen Lam-bourn. Holly und Bobby schwammen mühelos in dem größeren Teich. Jedenfalls bis ein Hecht gekommen war, um sie zu jagen.

Ich teilte ihr die Empfehlung Lord Vaughnleys mit, vom Chefredakteur der Flag einen Widerruf zu verlangen, aber nicht vor Gericht zu gehen, und sie meinte, das solle ich Bobby ans Herz legen. Sie wirkte viel ruhiger, jetzt wo ich tatsächlich mit ihr auf dem Weg war, und ich dachte bei mir, daß sie mehr Vertrauen in meine Fähigkeit, Dinge zu regeln, hatte als ich selbst. Das hier war doch etwas ganz anderes, als einen Jungen zu vermöbeln, der sie in der Schule zweimal in den Po gekniffen hatte. Ein bißchen verwickelter, als einem Verkäufer den miserablen Wagen wiederzubringen, den er ihr angedreht hatte.

Sie schlief den größten Teil der Strecke nach Newmarket, und ich hatte nicht den Schimmer einer Ahnung, worauf ich mich einließ.

Wir fuhren gegen acht in den Allardeckschen Stallhof ein und fanden ihn von Licht und Bewegung erfüllt, wo er doch still im Dunkeln hätte liegen sollen. Ein großer Pferdetransporter parkte in der Mitte; alle seine Türen waren geöffnet, die Laderampe heruntergelassen. Daneben stand ein älterer Mann und sah einem Stallburschen zu, der ein

Pferd an die Rampe heranführte. Die Tür der Box, in der das Pferd für die Nacht gedöst hatte, leuchtete als gelb klaffendes Rechteck hinter ihm.

Einige Schritte entfernt von dem Transporter, angestrahlt wie auf einer Bühne, stritten sich zwei Männer mit erhobenen Fäusten, fuchtelnden Armen und sichtlichem Stimmaufwand.

Einer von ihnen war mein Schwager Bobby. Der andere .?

»O mein Gott«, sagte Holly. »Das ist einer unserer Besitzer. Holt seine Pferde ab. Und er schuldet uns ein Vermögen.«

Sie kletterte aus dem Wagen, fast bevor ich ihn zum Stehen gebracht hatte, und lief zu den beiden Männern hin. Ihre Ankunft trug, soweit ich erkennen konnte, nichts dazu bei, die erhitzten Gemüter zu beruhigen; sie ignorierten sie einfach.

Meine friedfertige Schwester verstand sich überhaupt nicht darauf, in irgendeine Situation einzugreifen und sich durchzusetzen. Insgeheim fand sie es ziemlich angenehm, zu kochen und zu wirtschaften und eine sanfte, altmodische Frau zu sein, aber andererseits gehörte sie zu einer Generation, die sich für diese Lebensweise frei entscheiden konnte, statt sie notgedrungen auf sich nehmen zu müssen.

Ich stieg aus und ging hinüber, um zu sehen, was sich machen ließe. Holly kam mir entgegengelaufen.

»Kannst du ihn aufhalten?« fragte sie drängend. »Wenn er die Pferde mitnimmt, kriegen wir im Leben nicht sein Geld.«

Ich nickte.

Der Bursche, der das Pferd führte, hatte die Rampe erreicht, doch das Pferd sträubte sich, an Bord zu klettern.

Ich ging ohne Zögern zu dem Burschen rüber, stellte mich ihm in den Weg und forderte ihn auf, das Pferd dorthin zurückzubringen, wo er es hergeholt hatte.

»Was?« sagte er. Er war jung, klein und offenbar erstaunt, daß plötzlich jemand aus der Dunkelheit auftauchte.

»Bring es wieder in die Box, dreh das Licht aus, sperr die Tür zu. Auf der Stelle.«

»Aber Mr. Graves wollte .«

»Sei so gut«, sagte ich.

Er blickte unschlüssig zu den beiden brüllenden Männern hinüber.

»Arbeitest du hier?« sagte ich. »Oder bist du mit dem Transporter gekommen?«

»Mit dem Transporter.« Er blickte zu dem älteren Mann, der dort stand und bisher nichts gesagt oder getan hatte. »Was soll ich machen, Jim?«

»Wer sind Sie?« fragte ich den Mann.

»Der Fahrer«, sagte er ohne Umschweife. »Halten Sie mich da raus.«

»Gut«, sagte ich zu dem Burschen. »Das Pferd wird nicht mitgenommen. Bring es zurück.«

»Sind Sie Kit Fielding?« fragte er zweifelnd.

»Ganz recht. Der Bruder von Mrs. Allardeck. Nun geh.«

»Aber Mr. Graves .«

»Ich erledige das mit Mr. Graves«, sagte ich. »Sein Pferd wird heute abend nicht abgeholt.«

»Pferde«, berichtigte mich der Junge. »Das andere hab ich schon verladen.«

»Okay«, sagte ich. »Sie bleiben beide hier. Wenn du das da zurückgebracht hast, lädst du das erste wieder aus.«

Der Junge warf mir einen unsicheren Blick zu, dann drehte er das Pferd herum und begann es zu seinem rechtmäßigen Quartier zurückzuschleifen.

Der Richtungswechsel beendigte die Schimpferei sofort. Der Mann, der nicht Bobby war, riß sich los und brüllte dem Burschen über den Hof zu: »He da, bist du noch zu retten? Lad das Pferd auf, aber ein bißchen plötzlich.«

Der Junge hielt an. Ich ging schnell zu ihm, ergriff das Halfter des Pferdes und führte den verwirrten Vierbeiner in sein angestammtes Heim. Der Bursche unternahm nichts, um mich aufzuhalten. Ich kam heraus. Knipste das Licht aus. Schloß die Tür und schob den Riegel vor.

Mr. Graves (wenn ich nicht irrte) näherte sich rasch, mit rudernden Armen und äußerst angriffslustigem Gesichtsausdruck.

»Wofür halten Sie sich, Scheiße noch mal?« brüllte er. »Das ist mein Pferd. Holen Sie es sofort wieder raus!«

Ich stellte mich vor die verriegelte Tür, lehnte mich dagegen, schlug ein Fußgelenk über das andere und verschränkte die Arme. Mr. Graves blieb abrupt und ungläubig stehen.

»Scheren Sie sich da weg«, polterte er und durchbohrte mit dem Zeigefinger die Abendluft. »Das ist mein Pferd. Ich nehme es mit, und Sie können mich nicht daran hindern.«

Sein dickes Gesicht war vor Eigensinn erstarrt. Vom er-kahlenden Scheitel bis zu den blankgeputzten Schuhspitzen maß er einen Meter fünfundsechzig. Er war vielleicht fünfzig, korpulent und bereits außer Atem. Es war völlig ausgeschlossen, daß er meine einsachtundsiebzig mit Gewalt hinwegbewegen würde.

»Mr. Graves«, sagte ich ruhig. »Sie können Ihre Pferde abholen, wenn Sie Ihre Rechnung bezahlt haben.«

Sein Mund öffnete sich sprachlos. Er machte einen Schritt nach vorn und starrte mir ins Gesicht, das wahrscheinlich im Dunkeln lag.

»Ganz recht«, sagte ich. »Kit Fielding. Hollys Bruder.«

Der offene Mund klappte zu. »Und was, verdammte Hacke, hat das alles mit Ihnen zu tun? Gehen Sie mir aus dem Weg.«

»Einen Scheck«, sagte ich. »Haben Sie Ihr Scheckbuch dabei?«

Sein Blick wurde berechnend. Ich ließ ihm wenig Zeit für Ausflüchte.

Ich sagte: »Die Daily Flag hat immer Appetit auf Lek-kerbissen für ihre >Intimen Details<. Besitzer, die versuchen, mitten in der Nacht ihre Pferde zu stibitzen, ohne ihre Rechnung zu bezahlen, wären doch ein lohnendes Thema, meinen Sie nicht?«

»Das ist eine Drohung!« sagte er wütend.

»Richtig.«

»Das würden Sie nicht tun.«

»O doch, bestimmt. Ich würde vielleicht sogar zu bedenken geben, daß Sie, wenn Sie diese eine Rechnung nicht bezahlen können, eventuell auch andere nicht bezahlen können. Dann hätten Sie im Nu Ihre sämtlichen Gläubiger wie die Geier auf dem Hals.«

»Aber das ist ... das ist .«

»Genau das ist gerade mit Bobby passiert, ja. Und falls Bobby in Geldnot ist, und ich sage nur falls, dann liegt das zum Teil auch an Leuten wie Ihnen, die nicht zahlen, wenn es an der Zeit ist.«

»So können Sie mit mir nicht reden«, sagte er wütend.

»Ich wüßte nicht, warum.«

»Ich werde Sie beim Jockey-Club anzeigen.«

»Ja, tun Sie das.«

Er blies sich nur auf, es war nur eine leere Drohung. Ich blickte über seine Schulter zu Bobby und Holly, die nahe genug gewesen waren, um den ganzen Wortwechsel zu hören.

»Bobby«, sagte ich, »geh und hol Mr. Graves’ Abrechnung. Vergewissere dich, daß jeder einzelne Posten, den er dir schuldet, draufsteht, denn die Chance kommt vielleicht nicht noch mal.«

Bobby ging fast im Laufschritt, und etwas langsamer folgte ihm Holly. Der Bursche, der zu dem Transporter gehörte, zog sich mit dem Fahrer in die Dunkelheit zurück. Mr. Graves und ich standen wie in einem trauten Gruppenbild zu zweit allein und warteten.