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Eine ganze Weile rührte sich niemand. Dann streckte Lord Vaughnley seinen Arm nach dem Couchtisch vor ihm und ergriff eine Illustrierte, um eine Unterlage zu haben. Mit leicht gespitztem Mund, aber unverändert ruhig zog er einen Kuli aus der Innentasche seines Jacketts, knipste ihn an, schrieb einen kurzen Satz, unterzeichnete mit seinem Namen und fügte das Datum hinzu.

Er hielt das Schreiben Bobby hin, der zögernd vortrat und es an sich nahm.

»Lies vor«, sagte ich.

Bobbys Stimme sagte zitternd: »Ich verpflichte mich, Robertson Allardeck innerhalb der nächsten drei Tage fünfzigtausend Pfund zu zahlen.« Er blickte zu mir hoch. »Es ist unterschrieben mit William Vaughnley, und das Datum ist von heute.«

Ich sah Lord Vaughnley an.

»Danke«, sagte ich ausdruckslos.

Er gab die Illustriertenunterlage Nestor Pollgate und bot ihm seinen Kugelschreiber an. Nestor Pollgate nahm beides mit völlig unbewegtem Gesicht und schrieb ebenfalls.

Bobby ließ sich das Papier von ihm geben, warf mir einen Blick zu und las laut: »Ich verpflichte mich, Robertson Allardeck innerhalb der nächsten drei Tage fünfzigtausend Pfund zu zahlen. Unterschrieben Nestor Pollgate. Datiert von heute.«

»Danke«, sagte ich zu Pollgate.

Bobby blickte etwas benommen auf die beiden Dokumente, die er in der Hand hielt. Damit war er von den Schulden für die unverkauften Jährlinge befreit, dachte ich. Alles, was er jetzt für sie bekommen würde, wäre ein Gewinn.

Lord Vaughnley und Jay Erskine reichten wie in einem Ritual die Illustrierte und den Kuli an Maynard weiter.

Der schrieb wütend, stieß den Kugelschreiber hart auf das Papier. Ich nahm ihm die fertige Seite selber ab und las vor: »Ich verpflichte mich, meinem Sohn Robertson innerhalb von drei Tagen zweihundertfünfzigtausend Pfund zu zahlen. Maynard Allardeck. Heutiges Datum.«

Ich schaute ihn an. »Danke«, sagte ich.

»Danken Sie mir nicht. Ihr Dank ist eine Beleidigung.«

Ich war in der Tat darauf bedacht, keinen Triumph zu zeigen, obwohl ich ihn in diesem Fall empfand; und reuig mußte ich mir eingestehen, daß in dem Triumph eindeutig etwas von der alten Fehde mitschwang. Ein Fielding hatte einen Allardeck besiegt, und meine Vorväter dürften sich diebisch gefreut haben.

Ich gab Bobby den Schein von Maynard. Damit war er von allen seinen Schulden befreit und auf eine sichere Grundlage gestellt, um seinen Lebensunterhalt als Trainer zu verdienen, und er hielt das Papier ungläubig in der Hand, als erwartete er, daß es sich vor seinen Augen in Luft auflöste.

»Nun, meine Herren«, sagte ich vergnügt, »Wechsel bis Freitag, und Sie werden die Scheine ordnungsgemäß quittiert zurückerhalten.«

Maynard stand auf. Sein graumeliertes Haar war noch glatt, sein Gesicht grimmig ruhig, sein teurer Anzug saß unzerknittert; die äußere Schale intakt, der Mann darin in Fetzen.

Er sah niemand an, wich allen Blicken aus. Er trat zur Tür, öffnete sie, ging hinaus, ohne zurückzuschauen. Stille dehnte sich nach seinem Abgang wie das Schweigen am Ende des Videobandes; die Ungeheuerlichkeit Maynards verschlug einem die Sprache.

Nestor Pollgate erhob sich, groß, stirnrunzelnd, mit ungebrochener Kraft. Er sah mich ernst an, gab mir ein einziges kurzes Nicken und sagte zu Holly: »Wie komme ich hinaus?«

»Ich zeige es Ihnen«, erwiderte Holly leise und ging ihm voran auf den Flur.

Erskine folgte mit verkniffenem Gesicht, wobei der gesträubte rötliche Schnurrbart gleichsam seinen bleibenden, unbeugsamen Haß auf die anzeigte, denen er geschadet hatte.

Bobby ging hinter ihm her, trug behutsam die drei Scheine, als wären sie zerbrechlich, und als letzter erhob sich Lord Vaughnley zum Gehen. Er schüttelte den Kopf, zuckte mit den Schultern und breitete die Hände in einer Art Verlegenheit.

»Was kann ich sagen?« meinte er. »Was soll ich sagen, wenn ich Ihnen auf der Rennbahn begegne?«

»Guten Morgen, Kit«, sagte ich.

Die grauen Augen lächelten fast, ehe die Befangenheit zurückkehrte. »Ja, aber«, sagte er, »nach dem, was wir mit Ihnen im Guineas gemacht haben ...«

Ich zuckte die Achseln. »Kriegerschicksal«, sagte ich. »Ich nehme es nicht übel, falls Sie das meinen. Ich hatte der Flag den Krieg erklärt. Suchst du den Kampf, klag nicht über die Wunden.«

Er sagte neugierig: »Ist das auch Ihre Einstellung zum Rennreiten? Sehen Sie so das Leben?«

»Ich hatte zwar nicht daran gedacht, aber vielleicht ja.«

»Es tut mir trotzdem leid«, sagte er. »Ich hatte keine Ahnung, wie das ist. Jay Erskine hatte das Betäubungsgerät . er meinte, zwei kurze Schocks, und Sie wären kirre. Ich glaube, Nestor war sich selbst nicht darüber klar, wie schlimm das sein würde.«

»Ja«, sagte ich trocken, »aber einverstanden war er.«

»Das lag daran«, erklärte Lord Vaughnley mit einigem Eifer, Verständnis heischend, vielleicht Absolution erhoffend, »daß Sie seine ganzen Drohungen mißachtet haben.«

»In bezug aufs Gefängnis?« sagte ich.

Er nickte. »Sam Leggatt hat ihn gewarnt, Sie seien zu intelligent . er sagte, ein Versuch, Ihnen was anzuhängen, könne nach hinten losgehen, Sie würden die Flag und Nestor selbst in allergrößte Schwierigkeiten bringen ... David Morse, ihr Anwalt, war der gleichen Meinung, und so ließ er den Plan fallen. Das habe ich von Sam Leggatt. Aber Sie müssen Nestor verstehen. Er stößt nicht gern auf Widerstand. Er sagte, er lasse sich nicht von irgendeinem ... ehm ... Jockey unterkriegen.«

Kraftwörter gestrichen, dachte ich belustigt.

»Sie waren nicht zu packen«, sagte er. »Nestor wurde ungeduldig.«

»Und er ließ mein Telefon abhören?«

»Ehm, ja.«

»Mm«, sagte ich. »Ist es Maynard Allardeck, der versucht, den Towncrier zu übernehmen?«

Er blinzelte, sagte: »Ehm -« und fing sich wieder. »Sie haben sich’s gedacht?«

»Es schien wahrscheinlich. Maynard hat die Hälfte von Hughs Anteilen durch einen Trick an sich gebracht. Ich dachte, es könnte immerhin sein, daß er auf das Ganze aus ist.«

Lord Vaughnley nickte. »Eine Gesellschaft ... Allardeck steht hinter ihr. Als Hugh alles erzählt hatte, nahm ich mir Leute, um Allardecks Verbindungen zu untersuchen. Sie sollten einfach Dreck ans Licht fördern. Bis dahin hatte ich keine Ahnung, daß ihm dieses Unternehmen gehört ... sein Name war nicht aufgetaucht. Ich wußte lediglich, daß es die gleiche Gesellschaft war, die vor einem Jahr beinahe die Flag erworben hätte. Sehr aggressiv. Es hat Nestor ein Vermögen gekostet, sie zu überbieten; weit mehr, als er sonst hätte bezahlen müssen.«

Mein lieber Schwan, dachte ich.

»Als Sie dann herausfanden, daß letztlich Maynard der Feind war«, sagte ich, »und zudem wußten, daß man ihn vor kurzem für die Adelsverleihung vorgeschlagen hatte, dachten Sie sich, Sie könnten wenigstens da einen Riegel vorschieben, und baten so nebenbei Pollgate, das in der Flag zu machen?«

»Nicht ganz so nebenbei. Nestor sagte, er übernehme das mit Vergnügen, wenn es Allardeck sei, der ihn soviel gekostet habe.«

»Haben Sie sich gar nicht überlegt, in was für eine höllische Situation Sie Bobby damit bringen?« »Erskine stellte fest, daß an Allardecks Telefonnetz nicht heranzukommen war ... sie entschieden sich für seinen Sohn.«

»Skrupellos«, sagte ich.

»Ehm . ja.«

»Und überaus gemein, die ganzen Zeitungsexemplare an Bobbys Lieferanten zu verteilen.«

Er sagte, ohne sich groß zu entschuldigen: »Nestor fand, so würde die Geschichte mehr Staub aufwirbeln. Und das hat sie.«

Wir gingen langsam vom Wohnzimmer auf den Flur. Er hatte mir eine Frage beantwortet, die ich nicht gestellt hatte: Wo die Allianz begann. In der gemeinsamen Feindschaft gegenüber Maynard, der sie beide viel gekostet hatte.