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»Und woher soll ich wissen, wann deine Maßnahmen in Kraft treten und ob sie funktioniert haben?«

»Nichts leichter als das«, erwiderte Azazel. »Warte einfach ein paar Tage und stoße deinen Freund dann vor einen fahrenden Lastwagen. Wenn er unverletzt bleibt, hat mein Eingriff gewirkt. - Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich jetzt gern noch dieses eine Blatt zu Ende spielen und dann im Gedenken an meine arme mittlere Mutter das Kartenspielen aufgeben. Den Gewinn nehme ich natürlich mit.«

Denk nur nicht, daß es einfach war, Vissarion davon zu überzeugen, daß ihm nichts mehr passieren konnte.

»Nichts auf der Welt kann mir etwas anhaben?« fragte er immer wieder. »Woher willst du wissen, daß mir nichts auf der Welt etwas anhaben kann?«

»Ich weiß es einfach. Schau mal, Vissarion, ich stelle deine besonderen Fähigkeiten ja auch nicht in Frage. Wenn du mir sagst, daß die Zinssätze sinken werden, streite ich nicht mit dir herum und frage dich, woher du das weißt.«

»Schön und gut. Aber wenn ich behaupte, die Zinssätze werden sinken, und sie dann doch ansteigen - mitunter kommt das schon einmal vor -, habe ich nur deine Gefühle verletzt. Wenn ich mich aber so verhalte, als könnte mir nichts auf Erden etwas anhaben, und mir dann doch etwas passiert, bin ich mehr als nur verletzt. Dann bin ich wirklich verletzt.«

Gegen Logik kommt man mit Argumenten nicht an, aber ich versuchte es trotzdem. Ich überzeugte ihn schließlich davon, das Amt nicht geradeheraus abzulehnen, sondern zu versuchen, die Entscheidung um ein paar Tage aufzuschieben.

»Sie werden keine Verzögerung dulden«, sagte er. Es stellte sich jedoch heraus, daß sich gerade an diesem Tag der Schwarze Freitag jährte und der KFP die übliche dreitägige Trauerphase im Andenken an die Toten antrat. Daraus ergab sich automatisch eine Verzögerung, und das allein überzeugte Vissarion schon davon, daß sein Leben tatsächlich unter einem günstigen Stern stand.

Am Ende der Trauerphase, als er sich wieder in der Öffentlichkeit blicken ließ, überquerten wir eines Tages eine belebte Straße, als ich mich plötzlich zu meinen Schnürsenkeln hinunterbeugte und - ich weiß auch nicht, wie das geschehen konnte - das Gleichgewicht verlor und gegen ihn stieß. Daraufhin verlor er das Gleichgewicht und fiel mitten in den Straßenverkehr. Plötzlich quietschten Bremsen, Reiten schlitterten und drei Autos fuhren ineinander.

Vissarion kam nicht ganz ungeschoren davon. Seine Haare waren in Unordnung geraten, seine Brille hing ein wenig schief, und auf dem linken Hosenbein hatte er einen Ölfleck.

Dem schenkte er jedoch keine Beachtung. Er betrachtete das Durcheinander und sagte voller Ehrfurcht: »Sie haben mich nicht einmal berührt. Meine Güte, sie haben mich nicht berührt.«

Am nächsten Tag geriet er in einen Regenschauer -einen widerlich kalten Schauer - ohne Gummistiefel, Regenschirm oder Jacke und holte sieh keine Erkältung. Ohne sich auch nur die Haare abzutrocknen, rief er beim KFP an und akzeptierte den Posten des Vorsitzenden.

Ich muß sagen, daß er eine gute Amtszeit hatte. Er verfünffachte sofort sein Honorar, unabhängig davon, ob seine Prognosen zutrafen oder nicht. Schließlich konnten die Klienten nicht alles haben. Wenn sie schon einen so berühmten Mann um Rat fragten, konnten sie nicht auch noch erwarten, daß er ihnen brauchbare Hinweise gab.

Darüber hinaus genoß er das Leben. Keine Erkältungen. Keine ansteckenden Krankheiten. Er überquerte sorglos die Straßen und ging auch mal bei Rot, wenn er es eilig hatte, und verursachte dabei nur hin und wieder einen Unfall. Er hatte keine Bedenken, nachts in einen Park zu gehen. Als ihm einmal ein Straßenschläger ein Messer an die Brust hielt und ihn zu einem kurzfristigen Geldtransfer aufforderte, trat Vissarion dem jungen Unternehmer einfach zwischen die Beine und ging seiner Wege. Der Schläger war daraufhin so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß er keinen weiteren Antrag stellte.

Am ersten Jahrestag seines Amtsantritt als Vorsitzender traf ich ihn in einem Park. Er war gerade auf dem Weg zu einem Bankett, das aus diesem Anlaß zu seinen Ehren gegeben wurde. Es war ein wunderschöner Spätsommertag, und als wir uns nebeneinander auf eine Parkbank setzten, fühlten wir uns beide vollkommen glücklich und entspannt.

»George«, sagte er, »das ist ein gutes Jahr gewesen.«

»Freut mich für dich«, erwiderte ich.

»Mein Ruf übertrifft den jedes anderen Wirtschaftswissenschaftlers, der je gelebt hat. Gerade letzten Monat, als ich vorausgesagt habe, daß sich die Seifenlaugenunion mit der Vereinigung der Seifenhersteller zusammenschließen müßte, und sie schließlich mit dem Bund der Seifenproduzenten fusioniert haben, waren alle erstaunt über die Genauigkeit meiner Vorhersage.«

»Ich erinnere mich«, sagte ich.

»Und jetzt möchte ich, daß du der erste bist, der es erfahrt ... «

»Ja, Vissarion?«

»Der Präsident hat mir das Amt des Obersten Wirtschaftswissenschaftlers der Vereinigten Staaten angetragen. Ich habe das Ziel all meiner Wünsche und Träume erreicht. Schau nur.«

Er hielt mir einen eindrucksvollen Umschlag hin, in dessen linker oberer Ecke das Emblem des Weißen Hauses prangte. Während ich ihn öffnete, hörte ich ein merkwürdiges Geräusch, als wäre eine Kugel dicht an meinem Ohr vorbeigeflogen, und aus den Augenwinkeln sah ich ein merkwürdiges Licht aufblitzen.

Vissarion lag ausgestreckt auf der Bank, und auf seiner Hemdbrust war ein Blutfleck zu sehen. Er war offensichtlich tot. Einige Passanten blieben verwundert stehen, andere schrien auf oder schnappten nach Luft und eilten davon.

»Rufen Sie einen Arzt!« schrie ich. »Rufen Sie die Polizei!«

Als die Polizei schließlich eintraf, kam sie zu dem Schluß, daß Vissarion erschossen worden war. Irgendein psychopathischer Heckenschütze hatte ihm mit einer Waffe unbekannten Kalibers direkt durchs Herz geschossen. Der Heckenschütze wurde nie gefaßt, und auch die Kugel wurde nicht gefunden. Zum Glück gab es Zeugen, die bestätigen konnten, daß ich zur fraglichen Zeit einen Brief in Händen gehalten hatte und eindeutig unschuldig war. Sonst hätte es für mich unangenehm werden können.

Der arme Vissarion! Er war genau ein Jahr Vorsitzender gewesen - wie er befürchtet hatte -, und dennoch traf Azazel keine Schuld. Er hatte gesagt, daß Vissarion keine irdische Macht etwas anhaben konnte, aber wie Hamlet schon so weise gesagt hat: >Es gibt mehr Ding' im Himmel und auf Erden, als eure Weisheit sich erträumt, Horatio.< Bevor der Notarzt und die Polizei eintrafen, war mir ein kleines Loch in der Rückenlehne der Bank aufgefallen, auf der Vissarion lag. Mit meinem Taschenmesser holte ich den kleinen dunklen Gegenstand heraus, der darin steckte. Er fühlte sich immer noch warm an. Einige Monate später brachte ich ihn insgeheim zu einem Museum und ließ ihn untersuchen. Ich hatte recht gehabt: Es war ein Meteorit.

Kurz gesagt, Vissarion war nicht von etwas Irdischem getötet worden. Er ist der erste Mensch in der Geschichte, der von einem Meteoriten getötet wurde. Das behielt ich natürlich für mich, denn Vissarion war ein sehr zurückhaltender Mensch. Es hätte ihm nicht gefallen, auf diese Weise zu Berühmtheit zu gelangen. Das hätte seine großen Leistungen als Wirtschaftswissenschaftler vollkommen überschattet, und das konnte ich nicht zulassen.

Aber an jedem Jahrestag seines Aufstiegs und Todes -so wie heute - sitze ich da und denke: Armer, armer Vissarion!

George wischte sich mit einem Taschentuch die Augen, und ich sagte: »Was ist mit demjenigen geschehen, der als nächster Vorsitzender des KFP wurde? Er kann den Posten nur für ein halbes Jahr innegehabt haben, und der nächste für drei Monate und der nächste ... «

George sagte: »Du mußt mir deine mathematischen Fähigkeiten nicht beweisen, mein alter Freund. Ich bin nicht einer deiner bemitleidenswerten Leser. Gar nichts ist passiert. Die Ironie des Ganzen ist, daß der Klub selbst das Naturgesetz verändert hat.«