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Rosie hörte auf zu schluchzen. »Wovon redest du da? Eine Fotografie ist nichts weiter als eingefangenes Licht, Film und dergleichen.«

»Normalerweise ja, aber diese Fotografie -« Ich gab auf. Ich kannte Azazels Unzulänglichkeiten. Er konnte die Magie der Fotografie nicht aus dem Nichts erschaffen, aber ich war nicht sicher, ob ich Rosie den wissenschaftlichen Hintergrund, das Gesetz von der Erhaltung der Fröhlichkeit, erklären konnte.

»Ich will es mal so ausdrücken«, sagte ich. »Solange die Fotografie dort steht, wird Kevin unglücklich, wütend und übellaunig sein.«

»Aber sie wird dort stehenbleiben«, sagte Rosie und stellte das Bild nachdrücklich wieder an seinen Platz zurück, »und ich verstehe nicht, warum du so verrückte Sachen über diese eine wunderbare Sache sagst ... hier, ich koche Kaffee.« Sie rauschte ab in die Küche, und ich konnte sehen, daß sie sich in einem Zustand tiefster Gekränktheit befand.

Ich tat das einzig Mögliche. Immerhin war ich derjenige, der die Fotografie gemacht hatte. Ich war - durch Azazel -verantwortlich für seine überirdischen Eigenschaften. Ich hob hastig den Rahmen hoch und zog vorsichtig zuerst die Rückwand und dann die Fotografie selbst heraus. Ich zerriß das Bild in zwei Teile - vier - acht - sechzehn - und steckte die übriggebliebenen Papierfetzen in die Tasche.

Just als ich fertig war, läutete das Telefon und Rosie lief ins Wohnzimmer und nahm ab. Ich schob die Rückwand wieder hinein und stellte den Rahmen an seinen Platz zurück. Da stand er nun, leer und bloß.

Ich hörte Rosie vor Aufregung und Glück quietschen. »Oh, Kevin«, hörte ich sie sagen, »wie wunderbar! Oh, ich bin so froh! Aber warum hast du nichts gesagt? Mach das nie wieder!«

Sie kam zurück, ihr hübsches Gesicht glühte förmlich. »Weißt du, was dieser schreckliche Kevin gemacht hat? Er hat seit fast drei Wochen einen Nierenstein gehabt - war beim Arzt und so -, hatte schreckliche, quälende Schmerzen und mußte mit einer Operation rechnen - und wollte mir nichts sagen, weil er Angst hatte, ich könnte mir Sorgen machen. Der Idiot! Kein Wunder, daß er sich so elend fühlte, und dabei ist er nicht darauf gekommen, daß sein Elend mich viel unglücklicher machen könnte als die Wahrheit. Also wirklich! Man sollte einem Mann nicht ohne Wärter rauslassen.«

»Aber warum bist du jetzt so glücklich?«

»Weil er den Stein ausgeschieden hat. Er hat den Stein vor wenigen Augenblicken ausgeschieden und als erstes mich angerufen, was sehr umsichtig von ihm war - und höchste Zeit. Er klang so glücklich und fröhlich. Es war, als wäre mein alter Kevin zu mir zurückgekehrt. Es war, als wäre er genau wie die Fotografie geworden, die -«

Dann, halb kreischend: »Wo ist die Fotografie?«

Ich war aufgestanden und zum Aufbruch bereit. Während ich raschen Schrittes zur Tür marschierte, sagte ich: »Ich habe sie vernichtet. Darum hat er den Stein ausgeschieden. Andernfalls - «

»Du hast sie vernichtet? Du -«

Ich war zur Tür hinaus. Dankbarkeit erwartete ich natürlich keine, aber ein Mord schien mir nicht ausgeschlossen. Ich wartete nicht auf den Fahrstuhl, sondern eilte so schnell ich nur irgend konnte die Treppen hinunter, doch Rosies langgezogenes Wehklagen hörte ich noch ganze zwei Stockwerke durch die Tür.

Zu Hause angekommen, verbrannte ich die Fetzen des Fotos.

Ich habe sie nie wiedergesehen. Wie man mir sagte, ist Kevin ein reizender und liebevoller Ehemann, und sie sind sehr glücklich miteinander, aber in dem einen Brief, den ich von ihr bekam - sieben Seiten in kleiner Handschrift und fast zusammenhanglos - ließ sie keinen Zweifel daran, daß der Nierenstein ihrer Meinung nach die einzige Erklärung für Kevins Übellaunigkeit und die Tatsache, daß sie in exakter Übereinstimmung mit dem Foto kam und ging, reiner Zufall war.

Sie schloß mit ein paar ungerechtfertigte Drohungen gegen mein Leben und, was eher die gegenteilige Wirkung hatte, gegen bestimmte Körperteile, wobei sie Wörter und Ausdrücke benutzte, bei denen ich geschworen hätte, daß sie sie noch nie gehört hätte, geschweige denn zu Papier bringen würde.

Und ich vermute, sie wird mich nie wieder küssen, was ich aus einem seltsamen Grund enttäuschend finde.

Auf die Siegerin!

Ich sehe meinen Freund George nicht eben oft, aber wenn, frage ich schon aus Gewohnheit nach dem kleinen Dämon, den er angeblich herbeirufen kann.

»Ein alter, glatzköpfiger Science-Fiction-Autor«, sagte er zu mir, »hat die These aufgestellt, daß jedwede Technologie, die über das gewohnte Maß hinaus entwickelt ist, wie Magie erscheinen muß. Und doch ist mein kleiner Freund Azazel kein wundersamer Außerirdischer, sondern ein waschechter Dämon. Er mag zwar nur zwei Zentimeter groß sein, kann aber Erstaunliches vollbringen. - Woher weißt du von ihm?«

»Weil ich dir zuhöre.«

George verzog das Gesicht zu vertikalen Linien des Mißfallens und sagte mit Grabesstimme: »Ich rede nie über Azazel.«

»Nur jedesmal, wenn du den Mund aufmachst«, sagte ich. »Was hat er denn jüngst so getrieben?«

George stieß einen Seufzer aus, der aus der Gegend seiner Zehen zu kommen schien, und ließ ihn recht biergeschwängert in die ahnungslose Atmosphäre entweichen. »Damit«, antwortete er schließlich, »schlägst du eine traurige Saite in mir an. Mein junger Freund Theophilus ist der Leidtragende der gemeinsamen Bemühungen von mir und Azazel, obwohl wir es gut gemeint hatten.« Er führte den Bierkrug zum Mund und fuhr fort.

Mein Freund Theophilus [sagte George], den du nie kennengelernt hast, weil er sich in besseren Kreisen herumtreibt als der Pöbel, mit dem du verkehrst, ist ein kultivierter junger Mann und großer Bewunderer der anmutigen Kurven und göttlichen Körper junger Damen -wogegen ich glücklicherweise immun bin -, aber ihm fehlt die Gabe, bei ihnen dementsprechende Regungen zu wecken.

Er sagte zu mir: »Ich verstehe es nicht, George. Ich bin aufgeweckt; ich beherrsche die hohe Kunst der Konversation; bin geistreich, gütig, hinreichend gutaussehend -«

»Ja«, antwortete ich, »du hast Augen, Nase, Kinn und Mund in der üblichen Anzahl an den üblichen Stellen. Soweit stimme ich dir zu.«

»- und unglaublich vertraut mit der Theorie der Liebe, auch wenn ich bislang noch wenig Gelegenheit hatte, sie in die Praxis umzusetzen, und doch scheine ich außerstande, die Aufmerksamkeit dieser wunderbaren Geschöpfe zu wecken. Schau doch, sie scheinen ringsum allgegenwärtig zu sein, aber keine unternimmt auch nur den geringsten Versuch, meine Bekanntschaft zu machen, obwohl ich mit meinem intelligentesten Gesichtsausdruck hier sitze.«

Er tat mir in der Seele leid. Ich hatte ihn als Säugling gekannt, ihn sogar, wie ich mich entsinne, einmal auf Bitten seiner Mutter gehalten, nachdem sie ihn gestillt hatte und das Kleid wieder zurechtrückte. So etwas verbindet.

»Wärst du glücklicher, teurer Freund, wenn du ihr Interesse wecken könntest?« fragte ich.

»Ich wäre im siebten Himmel«, sagte er nur.

Konnte ich ihm den siebten Himmel verwehren? Ich trug Azazel die Angelegenheit vor, der wie üblich mürrisch reagierte. »Hättest du nicht einen Diamanten verlangen können?« fragte er. »Ich kann dir einen hübschen Halb-karäter reinsten Wassers machen, indem ich die Atome in einem Stück Kohle umgruppiere - aber unwiderstehliche Wirkung auf Frauen? Wie soll ich das anstellen?«

»Könntest du nicht ein paar Atome in ihm umgruppieren?« fragte ich, um behilflich zu sein. »Ich möchte etwas für ihn tun, und sei es nur aus Respekt vor dem ehrfurchtgebietenden nahrungsspendenden Apparat seiner Mutter.«

»Gut, laß mich nachdenken! Menschen«, sagte Azazel, »sondern Pheromone ab. Mit eurer modernen Neigung, bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu baden und euch mit Duftwässerchen zu überschütten, kennt ihr natürlich kaum noch die natürliche Methode, romantische Gefühle zu erzeugen. Ich kann die Biochemie deines Freundes möglicherweise so verändern, daß die Produktion ungewöhnlicher Mengen eines ungewöhnlich wirksamen Pheromons angeregt wird, sobald das Ebenbild eines der mißgestalten Weibchen eurer höchst abstoßenden Gattung auf seinen Netzhäuten abgebildet wird.«