»Du meinst er wird stinken?«
»Keineswegs. Es wird kaum als bewußter Geruch an die Oberfläche dringen, aber seine Wirkung auf die Weibchen eurer Gattung in Form eines unterschwelligen atavistischen Verlangens zu lächeln und Kontakt zu suchen, nicht verfehlen. Die Frau wird möglicherweise so stimuliert sein, daß sie als Antwort eigene Pheromone ausstößt, und ich gehe davon aus, daß dann alles seinen natürlichen Gang gehen wird.«
»Dann soll es so geschehen«, sagte ich, »denn ich bin sicher, der junge Theophilus wird sich ins rechte Licht setzen können. Er ist ein Prachtkerl voller Elan und Ehrgeiz.«
Daß Azazels Behandlung wirkte, fand ich heraus, als ich Theophilus das nächste Mal über den Weg lief. Es war in einem Straßencafe.
Ich brauchte einen Moment, bis ich ihn sah, denn zuerst weckte eine Gruppe junger Frauen, die sich in kreisförmiger Symmetrie zusammengefunden hatten, meine Aufmerksamkeit. Zum Glück verfehlen junge Frauen ihre Wirkung auf mich, da ich das Alter der Zurückhaltung erreicht habe, aber es war Sommer und sie zeichneten sich, eine wie die andere, durch einen wohlberechneten Mangel an textiler Körperbedeckung aus, den ich - wie es einem Mann der Zurückhaltung gebührt - mit der zu Gebote stehenden Diskretion betrachtete.
Erst nach mehreren Minuten, während denen ich, wie ich mich entsinne, Spannung und Belastung eines Knopfs beobachtete, der eine bestimmte Bluse geschlossen hielt, und darüber spekulierte, ob ... Aber das ist wieder eine andere Geschichte. Erst nach ein paar Minuten bemerkte ich, daß es kein anderer als Theophilus war, der im Mittelpunkt dieser kreisförmigen Schar saß und der Leitstern dieser sommerlich leicht geschürzten Weiblichkeit zu sein schien. Zweifellos verstärkte die Wärme des Nachmittags seinen Pheromonausstoß noch.
Ich bahnte mir einen Weg in den Ring der Damenwelt und setzte mich mit väterlichem Lächeln, Augenzwinkern und einem gelegentlichen onkelhaften Schultertätscheln auf einen Stuhl neben Theophilus, den ein einnehmendes Mägdlein mit einem quengeligen Schmollen für mich frei gemacht hatte. »Theophilus, mein junger Freund«, sagte ich, »dies ist ein charmanter und anregender Anblick.«
Da bemerkte ich das verhaltene Stirnrunzeln einer beängstigenden Traurigkeit in seinem Gesicht. »Was ist denn?« fragte ich besorgt Er sprach mit fast reglosen Lippen und so leise flüsternd, daß ich ihn kaum verstand. »Um Gottes willen, schaff mich hier raus.«
Ich bin, wie du wohl weißt, ein Mann mit grenzenlosem Erfindungsreichtum. Es kostete mich nur einen Augenblick, aufzustehen und zu sagen: »Meine Damen, mein junger Freund hier muß infolge eines grundlegenden biologischen Bedürfnisses die Herrentoilette aufsuchen. Bleiben Sie alle sitzen, er wird gleich wieder hier sein.«
Wir betraten das kleine Cafe und verließen es durch die Hintertür. Eine der jungen Damen, die einen Bizeps hatte, der sich höchst unschön wölbte, und eine gleichermaßen unschöne mißtrauische Ader, war zur Rückseite des Restaurants gegangen, aber wir sahen sie gerade noch rechtzeitig und schafften es zu einem Taxi. Sie verfolgte uns erschreckend leichtfüßig zwei Häuserblocks weit.
In Theophilus' sicherer Wohnung angelangt, sagte ich: »Theophilus, du hast ganz unverkennbar das Geheimnis entdeckt, junge Frauen anzuziehen. Ist das nicht der siebte Himmel, den du dir gewünscht hast?«
»Nicht ganz«, sagte Theophilus, der sich langsam in der vollklimatisierten Kühle entspannte. »Sie behüten einander. Ich weiß nicht, wie es geschah, aber mir fiel vor einiger Zeit plötzlich auf, daß sich mir fremde junge Damen näherten und mich fragten, ob wir uns nicht in Atlantic City begegnet wären. Ich war in meinem ganzen Leben«, fügte er indigniert hinzu, »noch nie in Atlantic City.
Kaum hatte ich das verneint, da kam eine andere und behauptete, ich hätte soeben ein Taschentuch verloren, das sie mir gern wiedergeben wollte, und dann kam eine dritte und sagte: >Möchtest du gern Filmschauspieler werden, mein Junge?<«
Ich sagte: »Du mußt nur eine auswählen. Ich würde die nehmen, die dich zum Filmstar machen wollte. Das ist ein leichtes Leben, und du wärst immer von jungen Starlets umgeben.«
»Aber ich kann keine auswählen. Sie belauern sich wie Falken. Sobald ich eine zu bevorzugen scheine, fallen die anderen über sie her, ziehen sie an den Haaren und vertreiben sie. Ich bin so unbeweibt wie ehedem, aber früher mußte ich sie wenigstens nicht ständig anstarren, während sie mir ihre Brüste entgegenreckten.«
Ich seufzte vor Mitgefühl. »Warum machst du keinen Ausscheidungswettkampf daraus?« fragte ich. »Wenn du wieder von Damen umzingelt bist, so wie eben, sagst du zu ihnen: >Meine Teuersten, ich fühle mich zutiefst zu jeder einzelnen von Ihnen hingezogen. Aus dem Grund bitte ich Sie, sich in alphabetischer Reihenfolge aufzustellen, damit mich alle nacheinander küssen können. Wer mich mit der größten Inbrunst küßt, wird mein Gast für die Nacht sein.< Schlimmstenfalls wirst du jede Menge williger Küsse abbekommen.«
»Hm«, sagte Theophilus. »Warum nicht? Die Siegerin bekommt den Preis, und ich hätte keine Einwände dagegen, der Preis der rechtmäßigen Siegerin zu sein.« Er leckte sich die Lippen, schürzte sie und hauchte zur Übung Küsse in die Luft. »Ich glaube, das würde ich schaffen. Glaubst du, es wäre nicht zu anstrengend, wenn beim Küssen alle die Hände hinter dem Rücken verschränken müssen?«
»An sich nicht, werter Theophilus«, sagte ich. »Du solltest schon bereit sein, eine gewisse Anstrengung dafür auf dich zu nehmen. Ich glaube, >Erlaubt ist, was gefällt< wäre die bessere Regel.«
»Vielleicht hast du recht«, sagte Theophilus, der nie auf einem Standpunkt beharrte, wenn jemand wie ich, der über allergrößte Erfahrung auf diesem Gebiet verfügt, ihn eines Besseren belehrt.
Etwa um diese Zeit mußte ich die Stadt aus geschäftlichen Gründen verlassen, daher sah ich Theophilus erst nach etwa einem Monat wieder. Es war in einem Supermarkt, wo er einen Einkaufswagen schob, der nicht eben kärglich mit Lebensmitteln bestückt war. Sein Gesichtsausdruck traf mich zutiefst. Er war ein Gejagter, der ständig hierhin und dorthin sah.
Ich ging zu ihm, und er duckte sich mit einem erstickten Schrei. Doch dann erkannte er mich und sagte: »Gott sei Dank - ich dachte schon, du wärst eine Frau.«
Ich schüttelte den Kopf. »Immer noch dieses Problem? Hast du den Ausscheidungswettbewerb nicht durchgeführt?«
»Ich hab's versucht. Das war das Problem.«
»Was ist passiert?«
»Na ja -« Er sah hierhin und dorthin und ging dann zur Seite und spähte einen Gang hinab. Als er sich vergewissert hatte, daß die Luft rein war, sprach er hastig und mit leiser Stimme, wie jemand, der weiß, daß die Zeit knapp und Diskretion das Gebot der Stunde ist.
»Ich habe es arrangiert«, sagte er. »Ich ließ sie Anmeldungen mit Alter, Marke ihrer Zahnpasta, Referenzen - das übliche - ausfüllen, und dann legte ich das Datum fest. Als Austragungsort hatte ich den großen Ballsaal des Waldorf-Astoria ausgewählt, für ausreichend Lippencreme gesorgt, einen hauptberuflichen Masseur angeheuert, der mich fit halten sollte, und eine Sauerstofflasche bereitgestellt. Aber am Tag vor dem Wettkampf kam ein Mann in mein Apartment.
Ich sage ein Mann, aber in meinem Schrecken kam er mir mehr wie ein wandelnder Erdrutsch vor, einen Meter neunzig groß, einsfünfzig breit und Fäuste wie Vorschlaghämmer. Er lächelte, entblößte Raubtierzähne und sagte: >Sir, meine Schwester gehört zu denen, die morgen an Ihrem Wettkampf teilnehmen wollen.< >Wie mich freut, das zu hören<, sagte ich hektisch bemüht, das Gespräch auf freundschaftlicher Basis zu halten.