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»Wir müssen es tun, bevor die Schule anfängt.«

Juts hielt mit dem Einreiben inne. »Laß sie noch ein Weilchen mein Kind sein.«

Er drehte den Kopf, um sie anzusehen. »Sie ist dein Kind, Juts. Wenn du es ihr nicht sagst, tu ich es.«

Sie hob die Stimme. »Nein, das wirst du nicht.«

»Ich lasse es nicht zu, daß ein Rotzlöffel wie Peepbean.«

Sie unterbrach ihn. »Er nimmt es ihr übel, daß sie so viel bes­ser reitet als er. O. B. beschäftigt sich mehr mit ihr als mit sei­nem eigenen Sohn.«

»Das Warum schert mich nicht, sondern das Wann.« Er drehte sich um; seine Beine kribbelten. »Wir müssen mit ihr spre­chen.«

Juts schraubte den Deckel des kobaltblauen Glastiegels wieder zu. »Hast du das Gefühl, daß sie dein Kind ist?«

Er blinzelte, dann stammelte er: »Sie ist mein Baby, egal wo sie hergekommen ist.«

»Hm.« Juts rieb den bestickten Saum des Bettlakens zwischen linkem Daumen und Zeigefinger. »Ich sehe mich kein bißchen in ihr.«

»Du sollst nicht dich sehen. Du sollst sie sehen.«

»Ich weiß, daß Louise sich selbst sieht, wenn sie Mary an­schaut. Maizie sieht aus wie Pearlie.«

»Was hat das Aussehen damit zu tun?«

»Ich weiß nicht. Manchmal sehe ich eine kleine Fremde.«

Er spürte Zorn in sich aufsteigen und schluckte ihn herunter. »Nun ja, Juts, vielleicht sieht sie in uns große Fremde.«

»Schon möglich.«

»Was hast du denn erwartet?«

»Ich weiß nicht. Mehr, nehme ich an. Irgendwas. Sie ist so verflucht selbständig. Ich hatte gedacht, sie würde mich brau­chen.«

»Tut sie auch.«

»Nein, Chessy. Sie guckt sich allein um. Sie ist« - ihr fiel kein anderes Wort ein - »selbständig.«

»Gut so. Sieh doch, wie schwer Maizie zu kämpfen hatte, um von ihrer Mutter loszukommen. Wenn sie den Mädchen mehr Freiheit gelassen hätte, wäre es vielleicht nicht so schlimm ge­kommen, besonders für Maizie.«

»Ich weiß nicht. Ich fand nie, daß Louise sie erdrückt hat.«

»Ich schon.«

»Männer sind anders. Ihr liebt Kinder nicht so wie wir.«

»Julia Ellen, das ist ja wohl das Dümmste, was ich je gehört habe.« »So, und warum fällt es den Männern dann so leicht, ihre Kinder im Stich zu lassen?«

»Das sind keine richtigen Männer«, gab Chessy zurück. »Und du kannst nicht jeden Mann über den gleichen Kamm scheren wie deinen Vater. Nickel ist neugierig auf die Welt und sie hat keine Angst. Überlasse sie sich selbst, Juts. Sei froh, daß sie kein Duckmäuser ist.«

»Aber ich glaube nicht, daß es ihr was ausmacht, ob ich ihre Mutter bin oder nicht.«

»Aber natürlich macht es ihr was aus.« Er setzte sich auf und legte seinen Arm um sie. »Sie ist ein Kind. Sie denkt nicht an dich, sie denkt an sich. Kinder wollen nicht egoistisch sein, sie sind es aber.«

»Ich denke immer, irgendwas fehlt.«

»Nichts fehlt. Wirklich. Wir müssen uns mit ihr zusammen­setzen, bevor die Schule anfängt, Julia.« Er betonte ihren Na­men.

»Louise sagt das Gegenteil. Sie meint, wir sollten es ihr nie erzählen. Wenn doch, würde Nickel sich nicht als unser Kind fühlen.«

»Louise redet Stuß - nett ausgedrückt.«

Juts stellte den Salbentiegel auf den Nachttisch, dann kroch sie auf der anderen Seite ins Bett. Sie drehte sich auf die Seite und sah sich Yoyo in voller Pracht gegenüber. Sie schob sich weiter hinunter, um Chessys Gesicht zu sehen, über das gerade Yoyos Schwanz schnippte.

»Schatz, findest du, daß ich eine gute Mutter bin?«

»Natürlich.«

»Wirklich?«

»Ja.«

Sie wartete ein wenig. »Ich wünschte, Wheezie wäre länger im Wasser geblieben.«

»Hm?«

»Dann hätten alle gedacht, die Baby-Ruth-Riegel wären von ihr.«

»Das Gesicht von Harry Mundis, als er sie herausfischte und sah, daß es Schokoriegel waren.« »Und wie Peepbean ums Becken rannte und rief:>Ich habe ja gesagt, ich hab nicht in den Pool geschissen. < Himmel, das war ein Bild für die Götter.«

»Hast du dich mal gefragt, wie die Schokoriegel in den Pool kamen?« Er kicherte.

»Nicky. Ich weiß, daß es Nicky war. Wer sonst würde auf so eine Idee kommen?«

Sie brachen in Lachen aus.

Chessy sagte: »Bei dem hat sie endgültig verschissen.«

70

Am nächsten Morgen schnitt Juts ihre Glyzine zurück, die die gesamte vordere Veranda zu überwuchern drohte, als Louise in der Einfahrt bremste, die Autotür zuschlug und die Eingangs­stufen hinaufstürmte.

»Wie konntest du?«

»Wie konnte ich was?«

»Du hast mich vor allen Leuten blamiert. Das werde ich nie vergessen. Ich mag dir vergeben, aber vergessen - nie.«

»Ich hätte dein Floß nicht umkippen sollen.« Juts klang zer­knirscht. War sie aber nicht.

»Das war noch das Geringste. Ich lag da, die Lungen voll Wasser, rang nach Luft, und dann mußte ich mich gegen den Verdacht wehren, ich hätte mich ins Becken entleert.«

»Wheezie, alle wissen, daß du's nicht warst.«

Louises lange schwarze Wimpern klimperten. »Es sah aber eine Weile ganz danach aus. Diese Blamage.«

»Sieh es doch mal so.« Juts klopfte auf die Unterseite eines frischen Päckchens Zigaretten; das Zellophan fühlte sich schön glatt an. »Niemand wird die Party oder dich je vergessen.«

Buster zockelte um die Ecke, sah Wheezie und sprang an ihr hoch, um sich streicheln zu lassen. Nickel sauste hinterdrein.

»Hallo, Tante Wheezie.«

»Was hab ich da gehört, du hast dich mit Peepbean gezankt?«

»Er hat angefangen.«

»Nickel, er ist nicht der Hellste.«

»Hat wohl im Mutterleib nicht genug Sauerstoff gekriegt«, fügte Juts hinzu.

Nickel stemmte die Hände in die Hüften. »Peepbean ist 'ne Moosbeere.«

Louise hob die Augenbrauen. »Und was ist eine Moosbeere, wenn ich fragen darf?«

»Ein Popohaar mit Kacke dran.«

»Wo schnappst du nur solche Sachen auf?« Louise war entrü­stet. Sogar Juts war sprachlos.

»Jackson Frost hat gesagt, Peepbean ist 'ne Moosbeere. Ist er auch.«

»Das mag ja sein, junge Dame, aber ich will das Wort nie wieder aus deinem Munde hören.« Juts wies mit ihrer rot glü­henden Zigarette auf Nicky.

»Warum nicht? Momma, er hat mich Bankert genannt, und das ist auch ein schlimmes Wort. Warum muß ich lieb sein? Das ist nicht gerecht.«

Die zwei Schwestern wechselten viel sagende Blicke. Louise machte eine Handbewegung, als wollte sie sagen, »du zuerst«.

Juts zog heftig an ihrer Zigarette. »Eine Südstaatenlady vergilt eine Grobheit nicht mit einer anderen. Sie lächelt und geht.«

»Mom!«

Juts hob die Hand. »Ich habe nicht gesagt, daß es leicht ist, aber damit verdienst du dir Respekt auf allen Seiten. Peepbean ist es nicht wert, daß man sich aufregt.«

»Weißt du, was ein Bankert ist?«, wagte Louise sich vor.

»Nein, aber es ist ein schlimmes Wort.«

»Wollen wir es nicht dabei belassen?«, warf Juts rasch ein.

»Wenn er mich schlägt, schlage ich zurück.« Nickel funkelte ihre Mutter trotzig an.

»Wehren sollst du dich schon.«

»Damit sagst du ihr, sie soll ihn schlagen«, murrte Louise.

»Nein, sag ich nicht, aber Kinder sind grausam. Wenn sie nicht zurückschlägt, wird sie windelweich geprügelt.«

»Sie ist nicht sehr groß.«

»Ich bin schon groß, ich kann jemand hauen.« Nickel ballte die Fäuste. »Und Angst habe ich auch keine.«

»Das sieht man.« Louise seufzte. »Ich kann mich bei meinen Mädchen an solche Probleme nicht erinnern.«

»Das waren andere Zeiten.« Juts hatte keine Lust auf einen Vortrag über Louises mädchenhafte Töchter.