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Am anderen Ende der Leitung war es still. »Mike!« Doug hörte ein leises Poltern, als offenbar jemand den Hörer von dem Platz aufhob, an dem er gelegen hatte. »Mike?«

»Ja?«

»Es geht ihm gut.«

»Gott sei Dank.«

»Ich will bei der Aktion mitmachen«, sagte Doug.

»Wie schnell können Sie hierher zum Revier kommen?«

»Ich werde mich beeilen. Warten Sie auf mich.«

»Wir wollen ihn erwischen, bevor er die Stadt verlässt. Sie haben fünf Minuten.«

»Verdammt noch mal, Mike!«

»Schon gut«, gab der Polizist nach. »Wir warten. Aber machen Sie schnell.«

»Ich bin in zehn Minuten da.«

»Dann treffen wir uns hier.« Mike legte auf, und Doug kehrte in den Untersuchungsraum zurück, wo der Arzt gerade eine Spritze zur Seite legte. Eine der Schwestern deckte Billy mit einer Decke zu. »Bringt ihn auf die Station«, ordnete der Arzt an; dann richtete er den Blick auf Doug und Trish. »Billy wird jetzt eine Weile schlafen. Ich würde Ihnen vorschlagen, sich auch ein bisschen auszuruhen. Billy wird vor dem Morgen wieder aufwachen, und dann wird er Sie bei sich haben wollen.«

»Ich bleibe hier«, sagte Trish.

Der Arzt nickte. »Wir können einen Stuhl in sein Zimmer stellen. Oder ein Klappbett, wenn Sie wollen.«

Trish blickte Doug an, der seine Arme um sie legte. »Haben sie ihn erwischt?«

Er schüttelte den Kopf. »Wir werden ihn verfolgen.«

»Wir?«

»Die Polizei und ich.«

Der Arzt, der Pfleger und die Schwestern arbeiteten geschäftig an Billys Bett.

Doug drückte Trish ganz fest. »Pass gut auf ihn auf«, sagte er. »Kümmere dich um ihn.«

Fröstelnd rieb sie sich die Arme, als er sie losließ. »Wo gehst du hin? Was hast du vor?«

»Ich treffe mich mit Mike im Revier. Dann gehen wir zum Postamt.«

Sie folgten beide dem Krankenhausteam, als der nun schlafende Billy in sein Zimmer gerollt wurde, ein großes Privatzimmer mit einem Farbfernseher unter der Decke und zwei nebeneinander stehenden Betten. Doug gab Trish die Versicherungsnummer und erforderlichen Papiere aus seiner Brieftasche, und Trish versprach, sich um alles zu kümmern.

Sie folgte ihm bis zum Wartebereich. »Sei vorsichtig!«, rief sie ihm nach, als er durch die gläsernen Flügel der automatischen Schiebetür ging.

45.

Doug betrat die Polizeiwache. Ihm fiel sofort der Unterschied auf. Niemand arbeitete oder redete. Es war still und ruhig im Raum. Die Polizisten standen im vorderen Bürobereich, sichtlich nervös und unschlüssig, was zu tun war. Mike schien die Leitung übernommen zu haben, obwohl es ein oder zwei Polizisten gab, die einen höheren Rang hatten als er. Doch nur Mike schien noch klar und vernünftig zu denken. Er telefonierte gerade; offenbar sprach er mit jemand Wichtigem in Phoenix.

Doug fiel auf, dass auf jedem der Schreibtische Stapel ungeöffneter Briefe lagen. Die Briefe waren unberührt, als hätten alle Angst, sich ihnen auch nur zu nähern.

Mike beendete das Telefongespräch, sah Doug und eilte zu ihm. »Endlich«, sagte er. »Wie geht es Ihrem Jungen?«

Doug nickte. »Er wird wieder.«

»Und Ihrer Frau?«

»Ihr geht es so weit gut.«

Mike hielt einen Brief in der Hand, den er nun Doug reichte. »Lesen Sie.«

Doug blickte auf das Blatt. Mit verschmiertem Bleistift war dort ein schlichter Satz hingekritzelt:

Ihre Dienste werden nicht mehr benötigt.

Der Brief war nicht datiert und nicht unterschrieben.

»Den haben wir in der Hand des Chiefs gefunden.«

»Wo ...?«, setzte Doug an.

»Kommen Sie mit.« Mike führte ihn rasch den Flur entlang zu dem verschlossenen Büro am hinteren Ende. »Machen Sie sich auf etwas gefasst. Das ist kein schöner Anblick.« Er öffnete die Tür.

Catfield saß in seinem Bürostuhl mit Blick zur Tür. Er war gegen die Wand hinter dem Schreibtisch zurückgeschleudert worden und starrte sie an. Oder hätte sie angestarrt, wenn er noch ein Gesicht gehabt hätte. Denn die Schrotflinte, die auf dem Schreibtisch vor ihm lag, hatte die Hälfte seines Kopfes weggerissen. Die Diplome und Urkunden an der Wand waren mit Blut vollgespritzt und ähnelten den Bildern eines Rorschach-Tests.

»Du lieber Himmel«, sagte Doug schwer atmend und stürzte zurück auf den Flur. Mike folgte ihm.

»Haben Sie bis jetzt auf mich gewartet?«, fragte Doug, noch immer wie benommen von dem schrecklichen Anblick.

»Nein«, gab der Polizist zu. »Aber ich wollte nicht mit Ihnen diskutieren. Wir sind zum Postamt rübergegangen, haben aber nichts gefunden. Ich habe fünf Männer und sechs Freiwillige, die zurzeit die Stadt durchkämmen.«

»Haben Sie es in Howards Haus versucht? Da wohnt dieser Mistkerl.«

»Genau da werden wir jetzt hingehen.«

»Dann los«, sagte Doug. Er schloss die Tür zum Büro des Chiefs.

Der Wagen des Postboten stand nicht vor Howards Haus, doch der Konvoi von zwei Polizeifahrzeugen und zwei Pick-ups hielt vorsorglich schräg mitten auf der Straße und blockierte jeden möglichen Fluchtversuch. Das Haus sah sogar noch schlimmer aus, als Doug es zuletzt gesehen hatte. Die Farbe blätterte zwar nicht ab, und die Schindeln fielen nicht herunter, aber das Haus machte insgesamt einen so verfallenen Eindruck, als könnte das jeden Augenblick geschehen. Der Garten war ein brauner Dschungel aus Unkraut.

Sie stiegen aus ihren Wagen und bewegten sich vorwärts. Zwei Polizisten mit gezogenen Waffen gingen voran. Die anderen Häuser wirkten wie verlassen; niemand kam auf die Straße oder ließ sich sonstwie blicken. Doug ertappte sich bei der Frage, ob ihre Bewohner zu sehr verängstigt waren, um herauszukommen, oder ob sie vielleicht sogar tot waren.

Ein Polizist klopfte an die Tür, klingelte, rief Howards Namen und benutzte dann einen Dietrich, um die Tür zu öffnen. Sie gingen hinein.

Im Innern des Hauses herrschte völlige Dunkelheit. Die einzige Beleuchtung war das Licht, das durch die offene Tür hinter ihnen fiel. Die Luft war feucht und schwer und stank nach Verwahrlosung und Verfall. Doug hielt sich die Nase zu. Er blickte sich um und runzelte die Stirn. Der Eingang schien schmaler zu sein, als er ihn in Erinnerung hatte, die Wände rauer und unregelmäßiger. Er streckte die Hand aus, um die Wand neben sich zu berühren. Seine Finger ertasteten gestapeltes Papier. »Du lieber Himmel«, flüsterte er.

Stapel von Umschlägen reichten vom Boden bis zur Decke, bedeckten jeden erreichbaren Quadratzentimeter Wandfläche und verdeckten vollständig die Fenster. Die Umschläge waren so sauber und genau eingepasst, dass sie eine innere Wand des Hauses bildeten.

Die anderen warteten, wo sie waren, während zwei Polizisten zu ihren Streifenwagen gingen, um Taschenlampen zu holen. Dougs Augen passten sich allmählich an die Dunkelheit an. Er konnte sehen, dass weiter hinten im Wohnzimmer die Möbel nicht berührt worden waren. Die Sofas und Tische waren nicht mit Post bedeckt, aber die Wände waren versteckt hinter einer inneren Schicht aufgestapelter Umschläge, und in der Mitte des Raumes bildeten weitere Stapel aus Umschlägen niedrige, pyramidenförmige Skulpturen.

Dann kamen die beiden Polizisten mit den Lampen zurück - starke Halogenstrahler, die das Halbdunkel durchdrangen und ihnen die Ungeheuerlichkeit dessen vor Augen führten, gegen das sie vorgingen: die zielstrebige Verrücktheit des Postboten. Doug starrte auf die Wände aus Briefen, auf die Muster, die durch die präzise Anordnung von farbigen Umschlägen und sich überlappenden Briefmarken gebildet wurden. Er wurde an die Azteken, Mayas oder Inkas erinnert - eine jener alten Zivilisationen, die die Kunst beherrscht hatte, Steine ohne Mörtel so perfekt zusammenzufügen, dass man kein Blatt Papier in die Ritzen schieben konnte.

Langsam bewegten die Männer sich vorwärts.