Als sich Cordelia an einem sonnigen Herbstmorgen auf ihrem Gartensofa niederließ, um — betreut von ihrem Dienstmädchen — den Wettkampf zu beobachten, da fragte sie aus heiterem Himmeclass="underline" »Warum machen Sie nicht mit, Drou? Sicherlich brauchen Sie die Übung genauso wie jeder von ihnen. Der Vorwand für diese Sache hier — nicht daß ihr Barrayaraner einen Vorwand zu brauchen scheint, um Körperverletzung zu üben — war doch in erster Linie, daß dadurch alle auf Draht bleiben sollen.«
Droushnakovi blickte sehnsüchtig in den Kampfring, aber sie sagte: »Man hat mich nicht eingeladen, Mylady.«
»Das hat irgend jemand plumperweise übersehen. Hm. Ich sage Ihnen was — gehen Sie und ziehen Sie sich um. Sie können mein Team sein. Aral kann heute seines selbst anfeuern. Ein richtiger barrayaranischer Wettkampf sollte ja sowieso mindestens drei Parteien haben, das ist Tradition.«
»Glauben Sie, daß das in Ordnung ist?«, fragte Droushnakovi zweifelnd. »Es könnte sein, daß sie es nicht mögen.«
Die sie, um die es hier ging, waren die ›echten‹ Wachen, wie Droushnakovi sie nannte, die Männer in Livree.
»Aral würde es nichts ausmachen. Und jeder andere, der was dagegen hat, kann sich mit ihm streiten. Wenn er es wagt.« Cordelia grinste, und Droushnakovi erwiderte das Grinsen, dann eilte sie weg.
Aral kam und ließ sich bequem neben ihr nieder, und sie erzählte ihm von ihrem Plan. Er hob die Augenbrauen. »Eine betanische Neuerung? Nun ja, warum nicht? Mach dich aber auf Sticheleien gefaßt.«
»Ich bin darauf gefaßt. Sie werden aber gar nicht so sehr zu Witzeleien aufgelegt sein, wenn Droushnakovi ein paar von ihnen fertigmacht. Ich denke, sie kann das — auf Kolonie Beta wäre dieses Mädchen schon jetzt Offizier eines Kommandos. All dieses natürliche Talent wird damit vergeudet, daß sie den ganzen lieben langen Tag hinter mir hertrottet. Wenn sie es nicht kann — nun, dann sollte sie mich sowieso nicht bewachen, oder?« Ihr Blick traf den seinen.
»Diesen Punkt hast du gewonnen … Ich sorge dafür, daß Koudelka sie in der ersten Runde gegen jemand von ihrer eigenen Größen- und Gewichtsklasse aufstellt. Absolut gesehen ist sie etwas klein.«
»Sie ist größer als du.«
»Der Körpergröße nach. Ich stelle mir aber vor, daß ich ein paar Kilo mehr habe als sie. Nichtsdestoweniger, dein Wunsch ist mir Befehl, uff.« Er stand wieder auf und ging hin, um Droushnakovi auf Koudelkas Kampfliste eintragen zu lassen. Cordelia konnte nicht hören, was sie am anderen Ende des Gartens miteinander redeten, aber sie ergänzte den Dialog nach den Gesten und dem Mienenspiel auf ihre Weise und murmelte: »Araclass="underline" ›Cordelia wünscht, daß Droushnakovi mitmacht.‹ Kou: ›O weh! Wer will denn Mädels?‹ Araclass="underline" ›Sie gibt nicht nach.‹ Kou: ›Sie bringen alles durcheinander und außerdem heulen sie so viel. Feldwebel Bothari wird sie zerquetschen‹ — hm, ich hoffe, das ist es, was diese Geste bedeutet, sonst werden Sie obszön, Kou —, laß dein blödes Grinsen, Vorkosigan — Araclass="underline" ›Meine Frau besteht darauf. Sie wissen ja, wie sehr ich unter dem Pantoffel stehe.‹ Kou: ›O ja, geht in Ordnung.‹ Pffft. Verhandlung abgeschlossen: der Rest liegt bei Ihnen, Drou.«
Vorkosigan gesellte sich wieder zu ihr, »Alles geregelt. Sie startet gegen einen der Männer meines Vaters.«
Droushnakovi kehrte zurück, in lockeren Freizeithosen und mit einem Strickhemd, das war aus ihrer Garderobe das, was den Trainingsanzügen der Männer am nächsten kam. Der Graf trat heraus, um sich mit Feldwebel Bothari, seinem Teamchef, zu beraten und um neben ihnen ein sonniges Plätzchen für seine alten Knochen zu finden.
»Was bedeutet das?«, fragte Piotr, als Koudelka Droushnakovis Namen für die zweite Paarung aufrief. »Führen wir jetzt betanische Sitten ein?«
»Das Mädchen hat eine Menge natürliches Talent«, erklärte Vorkosigan, »außerdem braucht sie die Übung genauso wie jeder von ihnen — sogar noch mehr, denn sie hat ja von allen die wichtigste Aufgabe.«
»Als nächstes willst du noch Frauen in den Militärdienst nehmen«, beschwerte sich Piotr. »Wo wird das alles enden? Das möchte ich gerne wissen.«
»Was ist verkehrt an Frauen im Militärdienst?«, fragte Cordelia, um ihn ein bißchen zu reizen.
»Es ist unmilitärisch«, versetzte der alte Mann.
»›Militärisch‹ ist doch alles, was den Krieg gewinnt, sollte man meinen.«
Sie lächelte sanft. Vorkosigan warnte sie freundschaftlich mit einem leichten Zwicken, und sie ließ davon ab, an dieser Stelle weiter zu bohren.
Aber das war sowieso nicht nötig. Piotr wandte sich der Beobachtung seines Kämpfers zu und sagte nur: »Pfff!«
Der Kämpfer des Grafen unterschätzte etwas sorglos seine Gegnerin und erkannte seinen Irrtum bei seinem ersten Niederwurf. Der rüttelte ihn ganz schön wach. Die Zuschauer riefen derbe Kommentare. Beim nächsten Wurf preßte er sie an den Boden.
»Koudelka hat hier ein bißchen schnell gezählt, nicht wahr?«, fragte Cordelia, als der Kämpfer des Grafen Droushnakovi nach der Entscheidung aufstehen ließ.
»Mm, vielleicht«, sagte Vorkosigan in unverbindlichem Ton. »Sie hält sich auch ein bißchen zurück, merke ich. Sie wird es nie bis zur nächsten Runde schaffen, wenn sie sich hier so verhält.«
Bei der nächsten Begegnung, der entscheidenden für das Zwei-von-Drei, verwendete Droushnakovi eine erfolgreiche Armsperre, ließ aber dann den Gegner entschlüpfen.
»Ach, schade«, murmelte der Graf vergnügt.
»Sie hätten ihn zwingen sollen, die Sperre zu durchbrechen!«, rief Cordelia, die immer engagierter wurde. Der Mann des Grafen ließ sich weich und nachlässig auf den Boden fallen. »Ausrufen, Kou!« Aber der Schiedsrichter, der sich auf seinen Stock stützte, ließ es durchgehen. Auf jeden Fall entdeckte Droushnakovi eine Gelegenheit für einen Würgegriff und nützte sie.
»Warum klopft er nicht ab?«, fragte Cordelia.
»Er würde lieber ohnmächtig werden«, erwiderte Aral. »Auf diese Weise muß er nicht seinen Freunden zuhören.«
Droushnakovi begann zweifelnd dreinzublicken, als das unter ihrem Arm eingeklammerte Gesicht dunkelrot anlief. Cordelia sah, daß Droushnakovi drauf und dran war, loszulassen, sie sprang auf und rief: »Halten Sie durch, Drou! Lassen Sie sich nicht von ihm täuschen!« Droushnakovi packte fester zu, und der andere hörte auf zu zappeln.
»Los, rufen Sie aus, Koudelka«, rief Piotr, der mit Bedauern seinen Kopf schüttelte. »Er hat heute abend Dienst.« Und so ging die Runde an Droushnakovi.
»Gute Arbeit, Drou!«, sagte Cordelia, als Droushnakovi zu ihnen zurückkehrte. »Aber Sie müssen aggressiver werden. Lassen Sie Ihren Killerinstinkt heraus.«
»Ich bin der gleichen Meinung«, sagte Vorkosigan unerwarteterweise.
»Das winzige Zögern, das Sie an den Tag legen, könnte tödlich sein — und nicht nur für Sie selbst.« Er schaute sie fest an. »Sie üben hier für die Realität, obwohl wir alle darum beten, daß eine solche Situation nie eintritt. Aber die Art von totalem Einsatz, die sie verlangt, sollte absolut automatisch sein.«
»Jawohl, Sir. Ich werde mich bemühen, Sir.«
In der nächsten Runde kämpfte Sergeant Bothari, der seinen Gegner zweimal kurz hintereinander auf den Boden legte. Der Besiegte kroch aus dem Ring. Einige weitere Runden gingen vorüber, und dann war wieder Droushnakovi an der Reihe, diesmal mit einem von Illyans Männern.