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»Botharis Elena. Sie muß gerettet werden. Sie ist viel viel wichtiger als der ganze Stall voller Grafen in der Residenz.«

»Wir arbeiten gerade daran«, versprach er. »Höchste Priorität, nachdem du jetzt dafür gesorgt hast, daß man Kaiser Vidal nicht mehr in Betracht ziehen muß.« Er machte eine Pause und lächelte bedächtig. »Ich fürchte, du hast meine Barrayaraner geschockt, Liebste.«

»Warum? Dachten sie, sie hätten ein Monopol auf Barbarei. Vordarians letzte Worte waren: ›Sie sind eine Betanerin. Sie können das nicht tun.‹«

»Was tun?«

»Das hier, hätte er wohl gesagt, nehme ich an. Wenn er die Chance gehabt hätte.«

»Da hast du ja eine unheimliche Trophäe im Monorail mit dir geführt. Stell dir vor, jemand hätte dich gebeten, den Beutel zu öffnen?«

»Ich hätte es getan.«

»Bist du … ganz in Ordnung, Liebste?« Sein Mund war ernst, unter seinem Lächeln.

»Meinst du damit, ob ich meinen gesunden Menschenverstand verloren habe? Ja, ein bißchen. Mehr als ein bißchen.« Ihre Hände zitterten noch, wie sie es schon einen Tag lang getan hatten, ein anhaltender Tremor, der nicht verging. »Es erschien mir … notwendig, Vordarians Kopf mitzubringen. Ich hatte nicht wirklich daran gedacht, ihn an der Wand im Palais Vorkosigan neben den Jagdtrophäen deines Vaters zu befestigen, obwohl das eine Idee wäre. Ich glaube nicht, daß mir bewußt klar war, warum ich ihn nicht zurückließ, bis ich diesen Raum betrat. Wenn ich hier mit leeren Händen hereingestolpert wäre und all diesen Männern erklärte hätte, ich hätte Vordarian getötet, und hätte dann ihren Krieg für erledigt erklärt, wer hätte mir geglaubt? Außer dir.«

»Illyan vielleicht. Er hat dich schon vorher in Aktion gesehen. Die anderen … da hast du ganz recht.«

»Ich glaube, ich hatte auch irgendeinen Gedanken im Kopf aus der alten Geschichte. Pflegte man nicht die Leichen erschlagener Herrscher öffentlich zur Schau stellen, um falsche Thronbewerber unmöglich zu machen? Das schien angemessen. Obwohl von meinem Standpunkt aus gesehen Vordarian fast eine Nebensache war.«

»Der Sicherheitsmann, der dich begleitet hat, hat mir berichtet, daß du den Replikator zurückgebracht hast, Hat er noch funktioniert?«

»Vaagen hat ihn jetzt und überprüft ihn. Miles lebt. Schaden noch unbekannt. Ach ja, es sieht aus, als hätte Vordarian bei Evon Vorhalas die Hand im Spiel gehabt. Nicht direkt, sondern durch einen Mittelsmann.«

»Illyan hatte schon den Verdacht.« Seine Arme umschlangen sie fest.

»Wegen Bothari«, sagte sie. »Er ist in keiner guten Verfassung. Irgendwie überanstrengt. Er braucht echte Behandlung, eine medizinische, nicht eine politische. Diese Gedächtnislöschung war eine Horrorshow.«

»Zu jener Zeit hat sie ihm das Leben gerettet. Mein Kompromiß mit Ezar. Ich hatte damals keine Macht. Ich kann jetzt etwas besseres bewirken.«

»Das solltest du tun. Er ist auf mich fixiert wie ein Hund. Seine Worte. Und ich habe ihn wie einen Hund benutzt. Ich schulde ihm … alles. Aber er macht mir Angst. Warum mir?«

Vorkosigan sah sehr nachdenklich aus. »Bothari … hat kein gutes Selbstwertgefühl. Keine starke Mitte. Als ich ihn zuerst traf, als es ihm am schlechtesten ging, da war seine Persönlichkeit nahe daran, sich in viele Teile aufzulösen. Wenn er eine bessere Erziehung gehabt hätte und nicht so beeinträchtigt wäre, dann hätte er einen idealen Spion abgegeben, einen Maulwurf, der tief eindringen könnte. Er ist ein Chamäleon. Ein Spiegel.

Er wird, was auch immer man von ihm verlangt. Kein bewußter Prozeß, glaube ich. Piotr erwartet einen loyalen Gefolgsmann, und Bothari spielt die Rolle, todernst, wie man es von ihm wünscht. Vorrutyer wollte ein Monster haben, und Bothari wurde sein Folterer. Und Opfer. Ich verlangte einen guten Soldaten, und er wurde einer für mich. Du …« — seine Stimme wurde weich — »du bist die einzige Person, die ich kenne, die Bothari anschaut und einen Helden sieht. So wird er einer für dich. Er klammert sich an dich, weil du aus ihm einen größeren Mann machst, als er je in seinen Träumen war.«

»Aral, das ist verrückt.«

»So?« Er schnupperte an ihrem Haar. »Aber er ist nicht der einzige Mann, auf den du diese eigenartige Wirkung hast. Lieber Captain.«

»Ich fürchte, ich bin in keiner viel besseren Verfassung als Bothari. Ich habe es verpfuscht, und Kareen ist gestorben. Wer wird das Gregor sagen? Wenn es nicht um Miles gegangen wäre, dann hätte ich aufgegeben. Halte Piotr fern von mir, oder ich schwöre, daß ich ihn das nächstemal in der Luft zerreiße.« Sie zitterte wieder.

»Pst.« Er schaukelte sie ein wenig. »Ich denke, du kannst wenigstens das Aufräumen mir überlassen, oder? Wirst du mir wieder vertrauen? Wir müssen etwas aus diesen Opfern machen. Sie sollen nicht vergeblich sein.«

»Ich fühle mich schmutzig. Ich fühle mich krank.«

»Ja, den meisten seelisch gesunden Menschen geht es so, wenn sie von einem Kampfauftrag zurückkommen. Es ist ein vertrauter Geisteszustand.« Er machte eine Pause. »Aber wenn eine Betanerin so barrayaranisch werden kann, dann ist es vielleicht nicht so unmöglich für Barrayaraner, ein bißchen mehr betanisch zu werden. Veränderung ist möglich.«

»Veränderung ist unvermeidlich«, betonte sie. »Aber du kannst sie nicht mit Ezars Methode bewirken. Das ist nicht mehr Ezars Ära. Du mußt deinen eigenen Weg finden. Mache diese Welt zu einer, in der Miles überleben kann. Und Elena. Und Ivan. Und Gregor.«

»Wie Sie wünschen, Mylady.«

Am dritten Tag nach Vordarians Tod fiel die Hauptstadt an loyale kaiserliche Truppen, wenn auch nicht ohne Schießen, so zumindest nicht auf annähernd so blutige Weise, wie Cordelia gefürchtet hatte. Nur zwei Widerstandsnester, in der Sicherheitszentrale und in der Residenz selbst, mußten von Bodentruppen eingenommen werden. Das Hotel im Stadtzentrum mit seinen Geiseln wurde von seiner Besatzung kampflos übergeben, nach Stunden intensiver geheimer Verhandlungen. Piotr gab Bothari einen Tag Urlaub, damit er sein Kind und dessen Pflegemutter holen und nach Hause begleiten konnte. Cordelia schlief in dieser Nacht zum erstenmal seit ihrer Rückkehr durch.

Evon Vorhalas hatte für Vordarian in der Hauptstadt Bodentruppen befehligt, er war verantwortlich für die letzte Verteidigung des Weltraumkommunikationszentrums im Komplex des militärischen Hauptquartiers. Er starb in den letzten Zuckungen der Kämpfe, erschossen von seinen eigenen Leuten, als er ein Angebot der Amnestie für ihre Kapitulation ablehnte. Irgendwie war Cordelia erleichtert. Die traditionelle Strafe für den Verrat eines Vor-Lords war öffentliche Zurschaustellung und Tod durch Verhungern. Der verstorbene Kaiser Ezar hatte nicht gezögert, diese grausame Tradition aufrechtzuerhalten. Cordelia konnte nur darum beten, daß unter Gregors Herrschaft diese Sitte sterben würde.

Ohne den Zusammenhalt durch Vordarian zerbrach seine Rebellenkoalition schnell in verschiedene Splittergruppen. Ein extrem konservativer Vor-Lord in der Stadt Federstok erhob seine Standarte und erklärte sich zum Kaiser, in der Nachfolge von Vordarian, seine Rolle als Thronprätendent dauerte etwas weniger als dreißig Stunden. In einem östlichen Küstendistrikt, der einem von Vordarians Verbündeten gehörte, beging der Graf nach der Eroberung Selbstmord. In dem Chaos rief eine AntiVor-Gruppe die Republik aus. Der neue Graf, ein Infanterieoberst aus einer Nebenlinie der Familie, der nie erwartet hatte, daß ihm eine solche Ehre zufiele, erhob sofort wirksame Einwände gegen diesen heftigen Schwenk ins allzu Progressive. Vorkosigan überließ es ihm und seiner Distriktsmiliz und reservierte die kaiserlichen Truppen für nicht distriktsinterne Angelegenheiten, »Du kannst nicht auf halbem Wege haltmachen«, murmelte Piotr Unheil witternd ob solchen Taktgefühls.