Выбрать главу

»Ich war höflich, gestern abend beim Dinner«, sagte Cordelia und zuckte die Achseln. »Er hat mich fast angeklagt, deinen Sohn zum Zwergenwuchs hungern zu lassen. Kann ich es ändern, wenn das Kind lieber mit seinen Speisen spielt, als sie zu essen? Ich weiß einfach nicht, ob man das Wachstumshormon noch steigern soll, Vaagen ist so unsicher über dessen Wirkung auf die Brüchigkeit der Knochen.«

Ein listiges Lächeln stahl sich auf Arals Gesicht. »Ich dachte, der Dialog mit den Erbsen, die aufmarschierten und die Semmel umringten und von ihr verlangten, sich zu ergeben, war ziemlich raffiniert. Man konnte sie sich fast als kleine Soldaten in grüner kaiserlicher Uniform vorstellen.«

»Ja, und du warst keine Hilfe, weil du gelacht hast, anstatt ihn einzuschüchtern, damit er ißt, wie ein richtiger Papa.«

»Ich habe nicht gelacht.«

»Deine Augen haben gelacht. Das hat er auch gemerkt. Er wickelt dich um den Finger.«

Der warme organische Geruch von Pferden und ihren unvermeidlichen Nebenprodukten erfüllte die Luft, als sie sich den Gebäuden näherten.

Bothari erschien wieder, sah sie und winkte entschuldigend mit der Hand. »Ich habe gerade Elena gesehen. Ich habe ihr gesagt, sie soll vom Heuboden herunterkommen. Sie sagte, Lord Miles sei nicht da oben, aber er ist irgendwo hier in der Nähe. Es tut mir leid, Mylady, als er davon redete, die Tiere anzuschauen, da habe ich nicht begriffen, daß er meinte, sofort. Ich bin sicher, ich werde ihn im nächsten Moment finden.«

»Ich hoffte, Piotr würde einen Rundgang anbieten.«

»Ich dachte, du magst Pferde nicht«, sagte Aral.

»Ich kann sie nicht ausstehen. Aber ich dachte, es könnte den alten Mann dazu bringen, zu ihm wie zu einem menschlichen Wesen zu sprechen, anstatt über ihn wie über eine Topfpflanze. Und Miles war so aufgeregt über die dummen Viecher. Ich mag aber nicht hier herumhängen. Dieser Ort ist so … von Piotr geprägt.« Archaisch, gefährlich, und man muß auf seine Schritte aufpassen.

Wenn man vom Teufel spricht … Piotr höchstpersönlich kam aus dem alten Steinschuppen, wo das Sattelzeug aufbewahrt wurde, und rollte ein Seil auf. »Ach, da seid ihr ja«, sagte er in neutralem Ton. Er schloß sich ihnen jedoch ungezwungen an. »Ihr seid doch wohl nicht gekommen, um das neue Stutenfohlen zu sehen.«

Sein Ton war so ausdruckslos, daß Cordelia nicht sagen konnte, ob er wollte, daß sie ja oder nein sagte. Aber sie ergriff die Gelegenheit, »Ich bin sicher, Miles würde es gerne sehen.«

»Mm.«

Sie wandte sich an Bothari. »Warum gehen Sie nicht und holen …« Aber Bothari starrte an ihr vorbei, und seine Lippen kräuselten sich bestürzt.

Sie drehte sich um. Eines von Piotrs riesigen Pferden, ganz ohne Zügel, Sattel, Halfter oder einen anderen Griff, an dem man sich hätte festhalten können, trottete aus der Scheune. An seine Mähne klammerte sich wie eine Klette ein dunkelhaariger, zwergenhaft kleiner Junge. Miles scharfe Gesichtszüge glänzten in einer Mischung aus Begeisterung und Schrecken. Cordelia wurde beinahe ohnmächtig.

»Mein importierter Hengst!«, schrie Piotr entsetzt auf.

In einem bloßen Reflex zog Bothari seinen Betäuber aus seinem Halfter. Dann stand er gelähmt von der Ungewißheit, worauf und wohin er schießen sollte. Wenn das Pferd umfiel und auf seinen kleinen Reiter rollte …

»Schauen Sie, Sergeant«, rief Miles’ dünne Stimme eifrig. »Ich bin größer als Sie.«

Bothari rannte auf ihn los. Das Pferd scheute, drehte sich um und fiel in einen leichten Galopp.

»… und-ich-kann-auch-schneller-rennen!« Die Worte kamen im Rhythmus der Gangart. Das Pferd verschwand hinter dem Stall.

Die vier Erwachsenen stürmten hinterher. Cordelia hörte keinen weiteren Schrei, aber als sie um die Ecke kamen, lag Miles auf dem Boden und das Pferd hatte ein Stück weiter angehalten und senkte seinen Kopf, um von dem Gras zu rupfen. Es schnaubte feindselig, als es sie sah, hob seinen Kopf, tanzte von Fuß zu Fuß und riß sich dann noch ein paar Bissen Gras ab.

Cordelia fiel auf die Knie neben Miles, der sich schon aufsetzte und sie wegwinkte. Er war bleich, und seine rechte Hand hielt den linken Arm in dem allzu vertrauten Zeichen von Schmerz umklammert.

»Sehen Sie, Sergeant?«, keuchte Miles. »Ich kann reiten. Ich kann es.«

Piotr hielt auf dem Weg zu seinem Pferd inne und blickte auf den Jungen hinab. »Ich wollte nicht sagen, daß du nicht dazu fähig bist«, sagte der Sergeant in einem gehetzten Ton. »Ich wollte sagen, daß du keine Erlaubnis hattest.«

»Oh.«

»Hast du ihn gebrochen?« Bothari nickte in Richtung auf den Arm.

»Ja«, seufzte der Junge. Es waren Tränen des Schmerzes in seinen Augen, aber seine Zähne widersetzten sich jedem Zittern seiner Stimme.

Der Sergeant brummte, rollte Miles’ Ärmel hoch und tastete den Unterarm ab. Miles zischte. »Ja.« Bothari zog, drehte, richtete ein, holte einen Plastikärmel aus seiner Tasche, zog ihn über Arm und Handgelenk und blies ihn auf. »Das wird ihn halten, bis der Doktor ihn sieht.«

»Solltest du nicht lieber … das schreckliche Pferd einsperren?«, sagte Cordelia zu Piotr.

»Das is’ nich’ schrecklich«, beteuerte Miles und rappelte sich hoch. »Es ist das hübscheste.«

»Meinst du, ja?«, sagte Piotr rauh. »Wie kommst du darauf? Magst du Braun?«

»Es bewegt sich am schwungvollsten«, erklärte Miies ernsthaft und hüpfte nachahmend herum.

Piotrs Aufmerksamkeit war gefesselt. »Und das tut es«, sagte er, und es klang nachdenklich. »Es ist mein heißester Dressurkandidat … Magst du Pferde?«

»Sie sind großartig. Sie sind wunderbar.« Miles drehte eine Pirouette.

»Ich konnte deinen Vater nie sehr für sie interessieren.« Piotr warf Aral einen unfreundlichen Blick zu.

Gott sei dank, dachte Cordelia.

»Auf einem Pferd wäre ich so schnell wie jeder andere, das wette ich«, sagte Miles.

»Das bezweifle ich«, sagte Piotr kalt, »wenn dies ein Beispiel dafür war. Wenn du reiten willst, dann mußt du es richtig tun.«

»Bring es mir bei«, sagte Miles sofort.

Piotrs Brauen hoben sich. Er blickte auf Cordelia und lächelte säuerlich. »Wenn deine Mutter es erlaubt.« Er wippte auf seinen Fersen, in selbstgefälliger Sicherheit, da er Cordelias tief verwurzelte Antipathie gegen die Tiere kannte.

Cordelia, die hatte sagen wollen: Nur über meine Leiche, biß sich auf die Zunge und dachte schnell nach. Arals aufmerksame Augen signalisierten etwas, aber sie konnte es nicht lesen. War diese eine neue Methode für Piotr, zu versuchen, Miles umzubringen? Ihn hinaus nehmen und dann zerschmettern, zertrampeln, zerbrechen … ermüden lassen? Nun war da ein Gedanke …

Risiko oder Sicherheit? In den wenigen Monaten, seit Miles endlich den vollen Umfang der Bewegungen erworben hatte, war sie in panischer Übertreibung herumgerannt und hatte versucht, ihn vor körperlichen Schäden zu bewahren, er hatte die gleiche Zeit mit fast verzweifelten Versuchen zugebracht, ihrer Aufsicht zu entfliehen. Noch mehr von diesem Kampf, und entweder würde sie dabei verrückt werden oder er.

Wenn sie ihn schon nicht in Sicherheit halten konnte, dann war vielleicht die zweitbeste Sache, ihn Kompetenz darin zu lehren, gefährlich zu leben.

Er war schon fast unsinkbar. Seine großen grauen Augen strahlten eine verzweifelte, stumme Bitte auf sie aus Laß mich, laß mich, laß mich … mit genügend Übertragungsenergie, um Stahl zu durchbrennen. Ich würde gegen die ganze Welt für dich kämpfen, aber ich bin verdammt, wenn ich herausfinden kann, wie ich dich vor dir selber schützen kann. Also los, mein Kind.

»Ja«, sagte sie, »wenn der Sergeant dich begleitet.«