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»Oh, hallo, Mr. Forman. Wie geht's Ihnen?«

»Danke, gut.«

»Sie möchten bestimmt Julia sprechen?«

»Ja, genau.«

»Sie ist heute den ganzen Tag in Nevada, im Fertigungswerk. Soll ich versuchen, Sie zu verbinden?«

»Ja, bitte.«

»Einen Moment.«

Ich kam in die Warteschleife. Für eine ganze Weile.

»Mr. Forman, sie ist die ganze nächste Stunde in einer Besprechung. Ich erwarte anschließend ihren Anruf. Soll sie Sie anrufen?«

»Ja, bitte.«

»Soll ich ihr irgendetwas ausrichten?«

»Nein«, erwiderte ich. »Sagen Sie ihr bloß, sie soll mich anrufen.«

»Okay, Mr. Forman.«

Ich legte auf, starrte ins Leere, drehte das SSVT-Kästchen in der Hand. Sie ist heute den ganzen Tag in Nevada. Julia hatte mir nichts davon gesagt, dass sie nach Nevada musste. Ich ließ das Gespräch mit Carol noch einmal Revue passieren. Hatte Carol verlegen geklungen? Deckte sie sie? Ich konnte es nicht genau sagen. Ich konnte gar nichts mehr genau sagen. Ich starrte zum Fenster hinaus, und auf einmal gingen die Sprinkler an, schossen kegelförmige Schauer über den ganzen Rasen. Aber es war genau in der Mittagshitze, der falsche Zeitpunkt zum Wässern. Der Rasensprenger dürfte gar nicht anspringen. Er war doch erst neulich eingestellt worden.

Ich wurde sehr niedergeschlagen, während ich die Wasser-schleier anstarrte. Es stimmte einfach nichts mehr. Ich hatte keinen Job, meine Frau war nie da, die Kinder waren Nervensägen, ich hatte ständig das Gefühl, ihnen nicht gerecht zu werden - und jetzt machten auch noch die verdammten Sprinkler, was sie wollten. Wenn sie jetzt wässerten, würde der ganze verdammte Rasen durch die Sonne verbrennen.

Und dann fing das Baby an zu schreien.

Ich wartete auf Julias Anruf, der nicht kam. Ich schnitt fürs Abendessen Hähnchenbrust in Streifen (das geht besonders gut, wenn sie kalt ist, fast gefroren), weil Chicken Nuggets ein weiteres Gericht war, worüber sie niemals meckerten. Ich setzte Reis auf. Ich sah mir die Möhren im Kühlschrank an und beschloss, sie - obwohl schon etwas alt - zu nehmen.

Beim Möhrenhacken schnitt ich mir in den Finger. Es war keine tiefe Wunde, aber es blutete stark, und das Pflaster konnte die Blutung nicht stoppen. Es kam durch, und ich klebte etliche Male ein neues Pflaster auf. Es war frustrierend.

Wir aßen spät, und die Kinder waren quengelig. Eric nörgelte, meine Chicken Nuggets seien ekelig, die bei McDonald's viel besser, und warum wir nicht die holen könnten. Nicole probierte verschiedene Versionen ihres Textes für das Theaterstück aus, während Eric sie leise nachäffte. Das Baby spuckte jeden Mund voll Brei wieder aus, bis ich etwas zermatschte Banane untermischte. Danach aß es brav alles auf. Ich weiß nicht, warum mir die Idee nicht schon früher gekommen war. Amanda wurde älter, und das langweilige Zeug schmeckte ihr einfach nicht mehr.

Eric hatte das Heft, in dem er sich die Hausaufgaben notierte, in der Schule liegen lassen; ich sagte ihm, er solle seine Freunde anrufen und fragen, was sie aufhätten, aber er wollte nicht. Nicole war schon eine Stunde online und chattete mit ihren Freundinnen; ich steckte immer wieder den Kopf in ihr Zimmer und sagte ihr, sie solle den Computer ausschalten und endlich ihre Hausaufgaben machen, und sie antwortete jedes Maclass="underline" »Gleich, Dad.« Das Baby quengelte, und es dauerte lange, bis ich es zum Einschlafen gebracht hatte.

Ich ging wieder in Nicoles Zimmer und sagte: »Jetzt reicht's, verdammt noch mal!« Nicole fing an zu weinen. Eric kam herein und freute sich hämisch. Ich fragte ihn, warum er noch nicht im Bett sei. Er sah den Ausdruck in meinem Gesicht und huschte davon. Nicole schluchzte, ich sollte mich bei ihr entschuldigen. Ich sagte, sie hätte gleich gehorchen sollen. Sie ging ins Badezimmer und knallte die Tür zu.

Aus seinem Zimmer brüllte Eric: »Ich kann nicht schlafen bei dem Krach!«

Ich brüllte zurück: »Noch ein Wort, und es gibt eine Woche Fernsehverbot!«

»Gemein!«

Ich ging ins Schlafzimmer und schaltete den Fernseher ein, um mir den Rest eines Footballspiels anzuschauen. Nach einer halben Stunde sah ich nach den Kindern. Das Baby schlief friedlich. Eric schlief, die Bettdecke auf dem Fußboden. Ich deckte ihn wieder zu. Nicole lernte. Als sie mich sah, entschuldigte sie sich. Ich nahm sie in den Arm.

Ich ging zurück ins Schlafzimmer und schaute mir noch gut zehn Minuten des Spiels an, bevor ich einschlief.

5. Tag, 7.10 Uhr

Als ich am nächsten Morgen wach wurde, sah ich, dass Julias Seite des Bettes noch unbenutzt war. Sie war die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen. Ich hörte den Anrufbeantworter ab, es waren keine Nachrichten drauf. Eric kam hereingeschlendert und sah das Bett. »Wo ist Mom?«

»Ich weiß nicht, mein Sohn.«

»Ist sie schon zur Arbeit?«

»Muss wohl ...«

Er starrte mich an und dann auf das unbenutzte Bett. Und er marschierte aus dem Zimmer. Damit wollte er nichts zu tun haben.

Aber ich musste mich allmählich damit befassen, dachte ich. Vielleicht sollte ich sogar zu einem Anwalt gehen. Aber mit einem Anwalt zu sprechen hatte etwas Unwiderrufliches an sich. Wenn die Probleme so schwerwiegend waren, dann waren sie wahrscheinlich nicht mehr zu lösen. Ich wollte nicht glauben, dass meine Ehe zu Ende war, also wollte ich diesen Schritt hinauszögern, so lange wie möglich.

Dann beschloss ich, meine Schwester in San Diego anzurufen. Ellen ist klinische Psychologin, sie hat eine Praxis in La Jolla. Es war noch früh, daher ging ich davon aus, dass sie noch zu Hause war; sie meldete sich sofort. Sie schien über meinen Anruf überrascht. Ich hänge an meiner Schwester, aber wir sind sehr verschieden. Jedenfalls erzählte ich ihr kurz von meinen Mutmaßungen hinsichtlich Julia und von den Gründen.

»Julia ist also die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen und hat auch nicht angerufen?«

»Richtig.«

»Hast du sie angerufen?«

»Noch nicht.« »Wieso nicht?«

»Ich weiß nicht.«

»Vielleicht hatte sie einen Unfall, vielleicht ist sie verletzt .«

»Ich glaube nicht.«

»Wieso nicht?«

»Weil man mich ja dann wohl verständigt hätte. Sie hatte keinen Unfall.«

»Du klingst aufgebracht, Jack.«

»Ich weiß nicht. Vielleicht.«

Meine Schwester schwieg einen Moment. Dann sagte sie: »Jack, du hast ein Problem. Warum unternimmst du nichts?«

»Zum Beispiel?«

»Geh zur Eheberatung. Oder zum Anwalt.«

»Ach, meine Güte.«

»Findest du nicht, dass das besser wäre?«, fragte sie.

»Ich weiß nicht. Nein. Noch nicht.«

»Jack. Sie ist gestern Nacht nicht nach Hause gekommen, und sie hat nicht mal angerufen. Wenn das kein Wink mit dem Zaunpfahl ist. Wie viel deutlicher hättest du's denn gern?«

»Ich weiß nicht.«

»Du sagst ziemlich oft >Ich weiß nichtc. Weißt du das?«

»Kann sein.«

Eine Pause. »Jack, ist alles in Ordnung mit dir?«

»Ich weiß nicht.«

»Soll ich für ein paar Tage zu euch kommen? Ich hätte Zeit, kein Problem. Ich wollte eigentlich mit meinem Freund wegfahren, aber seine Firma wurde überraschend aufgekauft. Ich könnte also kommen, wenn du willst.«

»Nein. Schon gut.«

»Wirklich? Ich mach mir Sorgen um dich.«

»Nein, nein«, sagte ich. »Du musst dir keine Sorgen machen.«

»Steckst du in einer Depression?« »Nein. Warum?«

»Schläfst du einigermaßen? Machst du Sport?«

»Ja, einigermaßen. Der Sport kommt etwas zu kurz.«

»Verstehe. Hast du wieder einen Job?«

»Nein.«

»Einen in Aussicht?«

»Nicht so richtig. Nein.«

»Jack«, sagte sie. »Du musst dir einen Anwalt nehmen.«