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Aber ich hörte etwas.

Es war ein merkwürdiges, leise trommelndes Geräusch. Zuerst dachte ich an eine Maschine, aber das Geräusch hob und senkte sich, pulsierte wie ein Herzschlag. Weitere Rhythmen kamen hinzu, dann eine Art Zischen, das irgendwie seltsam, unirdisch klang - etwas Vergleichbares hatte ich noch nie gehört.

Wenn ich jetzt daran zurückdenke, so ist unverkennbar, dass mich vor allem das Geräusch erschreckte.

Ich ging schneller. Ich sagte: »Wo sind sie?« »Sie kommen.« »Wo?«

»Jack? Lauf los.«

»Was?«

»Renn!«

Ich konnte noch immer nichts sehen, aber das Geräusch nahm an Intensität zu. Ich begann zu traben. Die Tonfrequenz war so niedrig, dass ich es als Vibration im Körper spürte. Aber ich konnte es auch hören. Dieses schlagende, unregelmäßige Pulsieren. »Renn, Jack.« Ich dachte, Scheiße. Und ich rannte.

Wirbelnd und silbrig glitzernd kam der erste Schwarm um die Ecke des Gebäudes. Das zischende Vibrieren ging von der Wolke aus. Sie glitt an der Gebäudewand entlang auf mich zu. Sie würde viel eher an der Tür sein als ich.

Als ich wieder hinschaute, sah ich einen zweiten Schwarm am anderen Ende des Gebäudes auftauchen. Auch er näherte sich mir.

Das Headset knisterte. Ich hörte David Brooks. »Jack, das schaffst du nicht.«

»Das sehe ich selbst«, sagte ich. Der erste Schwarm hatte die Tür schon erreicht und versperrte mir den Weg. Ich blieb stehen, unsicher, was ich tun sollte. Vor mir sah ich einen Stock auf der Erde liegen, dick, über einen Meter lang. Ich nahm ihn auf, schwang ihn in der Hand. Der Schwarm pulsierte, rührte sich aber nicht von der Tür weg.

Der zweite Schwarm kam weiter auf mich zu.

Es war Zeit für ein Ablenkungsmanöver. Ich kannte den predprey-Code. Ich wusste, dass die Schwärme darauf programmiert waren, die Verfolgung von sich bewegenden Zielen aufzunehmen, und das besonders dann, wenn sie anscheinend vor ihnen flohen. Was würde ein gutes Ziel abgeben?

Ich holte weit aus und warf das schwarze Etui mit dem Sezierbesteck hoch in die Luft, so ungefähr in Richtung des zweiten Schwarms. Das Etui landete und purzelte noch ein Stück weiter.

Sogleich steuerte der zweite Schwarm darauf zu.

Im selben Augenblick entfernte sich auch der erste Schwarm von der Tür, um das Etui zu verfolgen. Es war, als würde ein Hund einem Ball nachjagen. Ich war erleichtert, als ich das sah. Es war schließlich doch nur ein programmierter Schwarm. Ich dachte: Das reinste Kinderspiel. Und eilte auf die Tür zu.

Das war ein Fehler. Denn meine schnelle Bewegung war offenbar ein Auslöser für den Schwarm, der jäh stockte und dann wieder zurückwirbelte, um mir erneut die Tür zu versperren. Dort verharrte er, pulsierende Silberstreifen, wie eine Messerklinge, die in der Sonne glitzerte.

Mir den Weg abschneidend.

Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, was das bedeutete. Meine Bewegung hatte den Schwarm nicht veranlasst, mich zu verfolgen. Er hatte mich gar nicht gejagt. Stattdessen versperrte er mir den Weg. Er ahnte also meine Bewegungen voraus.

Das stand nicht im Code. Doch dieser Schwarm erfand neues Verhalten, entsprechend der Situation. Statt mich zu verfolgen, war er an seinen alten Standort zurückgekehrt und hatte mir eine Falle gestellt.

Er war über seine Programmierung hinausgegangen - und zwar erheblich. Mir war unerklärlich, wie das geschehen konnte. Ich dachte, dass es sich um eine Art zufälliges Reinfor-cement handeln musste, also etwas vom System selbstständig Gelerntes. Weil die einzelnen Partikel nur sehr wenig Speicher hatten, war die Intelligenz des Schwarms zwangsläufig begrenzt. So schwierig konnte es also nicht sein, ihn auszutricksen.

Ich täuschte eine Bewegung nach links an, dann nach rechts. Die Wolke ging mit, aber nur ganz kurz. Dann kehrte sie wieder zur Tür zurück. Als wüsste sie, dass mein Ziel die Tür war und dass sie Erfolg haben würde, wenn sie einfach da blieb, wo sie war.

Das war viel zu clever. Es hatte bestimmt zusätzliche Programmierungen gegeben, von denen mir keiner was gesagt hatte. Ich sagte ins Headset: »Was um alles in der Welt habt ihr denn bloß mit den Dingern angestellt?«

David: »Der lässt dich nicht vorbei, Jack.«

Schon allein ihn das sagen zu hören reizte mich. »Meinst du? Das werden wir ja sehen.«

Denn mein nächster Schritt war offensichtlich. So dicht über der Erde war die Struktur des Schwarms anfällig. Er war eine Ansammlung von Partikeln, nicht größer als Staubkörner. Wenn ich ihn auseinander reißen könnte - seine Struktur aufbrechen -, dann müssten sich die Partikel neu organisieren, so wie sich eine aufgescheuchte Schar Vögel in der Luft neu formierte. Das würde mindestens ein paar Sekunden dauern. Und in der Zeit würde ich es durch die Tür schaffen.

Aber wie sollte ich das anstellen? Ich schwang den Stock in der Hand, hörte, wie er durch die Luft zischte, aber er würde nie und nimmer genügen. Ich brauchte etwas mit einer größeren Fläche, wie ein Paddel oder einen Palmwedel - etwas, das einen kräftigen, mitreißenden Wind erzeugte ...

Meine Gedanken überschlugen sich. Ich brauchte irgendetwas.

Irgendetwas.

Die zweite Wolke näherte sich mir von hinten. Sie bewegte sich sprunghaft, im Zickzack, als wollte sie jeden etwaigen Versuch von mir unterbinden, an ihr vorbeizulaufen. Ich beobachtete das entsetzt und fasziniert zugleich. Auch das, so wusste ich, war nicht programmiert worden. Es war selbst organisiertes, emergentes Verhalten - und dessen Sinn lag eindeutig auf der Hand. Der Schwarm pirschte sich an mich heran.

Das pulsierende Geräusch wurde lauter, je näher der Schwarm kam.

Ich musste ihn auseinander reißen.

Ich drehte mich im Kreis und suchte den Boden um mich herum ab. Ich sah nichts, was ich hätte verwenden können. Der nächste Wacholderbaum war zu weit weg. Die Feigenkakteen waren zu dünn. Ich dachte, kein Wunder, dass hier nichts zu finden ist, schließlich bin ich mitten in der verdammten Wüste. Ich ließ den Blick am Gebäude entlanghuschen, hoffte, dass jemand irgendetwas draußen liegen gelassen hatte, vielleicht eine Harke .

Nichts.

Rein gar nichts. Ich stand hier draußen mit nichts als dem, was ich auf dem Leibe trug, und kein Mensch war da, der mir helfen .

Natürlich!

Das Headset knisterte: »Jack, hör zu .«

Aber dann hörte ich nichts mehr. Als ich mir das Hemd über den Kopf zog, rutschte das Headset ab und fiel zu Boden. Und dann schwang ich mein Hemd in ausladenden, zischenden Kreisen durch die Luft. Und aus vollem Hals brüllend, stürmte ich auf den Schwarm an der Tür los.

Der Schwarm vibrierte mit einem tiefen, trommelnden Klang. Er wurde etwas flacher, als ich auf ihn zurannte, und dann war ich mitten in den Partikeln und tauchte in ein seltsames Halbdunkel, wie in einem Sandsturm. Ich konnte nichts sehen, konnte die Tür nicht erkennen, tastete blind nach dem Türknauf, und die Augen brannten mir von den Partikeln, aber ich schwang mein Hemd weiter zischend durch die Luft, und plötzlich verschwand die Dunkelheit. Die Wolke riss auseinander, Partikel wurden in alle Richtungen geschleudert. Ich konnte wieder klarer sehen und auch normal atmen, obwohl meine Kehle wie ausgetrocknet war und wehtat. Dann spürte ich Tausende von winzigen Nadelstichen am ganzen Körper, aber sie verursachten kaum Schmerzen.

Jetzt sah ich die Tür. Der Knauf war direkt links von mir. Ich ließ das Hemd weiter durch die Luft sausen, und mit einem Mal löste sich die Wolke ganz auf, als wollte sie weg von mir. In dem Augenblick schlüpfte ich durch die Tür und knallte sie hinter mir zu.

Ich blinzelte in der plötzlichen Dunkelheit. Ich konnte kaum etwas sehen. Ich dachte, meine Augen müssten sich nach der grellen Sonne erst umgewöhnen, und wartete einen Augenblick, doch meine Sicht wurde nicht besser. Im Gegenteil, ich sah immer weniger. Ich konnte gerade noch die Glastüren der Luftschleuse direkt vor mir erkennen. Ich spürte noch immer die stechenden Nadeln überall auf der Haut. Meine Kehle war trocken, und mein Atem ging rasselnd. Ich hustete. Meine Sicht trübte sich. Mir wurde schwindelig.