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Auf der anderen Seite der Schleuse standen Ricky und Mae und sahen mich an. Ich hörte Ricky rufen: »Mach schon, Jack! Schnell!«

Meine Augen brannten schmerzhaft. Das Schwindelgefühl wurde rasch schlimmer. Ich lehnte mich gegen die Wand, um nicht hinzufallen. Mein Hals fühlte sich dick an. Das Atmen fiel mir schwer. Keuchend wartete ich darauf, dass die Glastüren aufgingen, aber sie blieben geschlossen. Ich stierte stumpfsinnig auf die Luftschleuse.

»Du musst vor den Türen stehen! Stehen!«

Ich hatte das Gefühl, als würde die Welt sich in Zeitlupe bewegen. Meine ganze Kraft war verschwunden. Mein Körper war schwach und zittrig. Das Stechen wurde schlimmer. Der Raum wurde dunkler. Ich dachte, ich würde mich nicht mehr auf den Beinen halten können.

»Du musst stehen! Jack!«

Irgendwie drückte ich mich von der Wand weg und torkelte auf die Schleuse zu. Zischend glitten die Glastüren auf.

»Los, Jack. Mach schon!«

Flecken tanzten vor meinen Augen. Mir war schwindelig und übel. Ich taumelte in die Schleuse, schlug gegen das Glas, als ich eintrat. Mit jeder Sekunde, die verging, fiel mir das Atmen schwerer. Ich wusste, dass ich erstickte.

Draußen vor dem Gebäude hörte ich, wie das tiefe Trommeln wieder einsetzte. Ich drehte mich langsam um, wollte hinausgucken.

Die Glastüren schlossen sich.

Ich schaute an meinem Körper hinunter, aber ich konnte kaum etwas sehen. Meine Haut sah schwarz aus. Ich war voller Sand. Mein Körper tat weh. Auch mein Hemd war schwarz vor Sand. Der Sprühnebel brannte schmerzhaft, und ich schloss die Augen. Dann setzte das Gebläse ein, laut zischend. Ich sah, wie der Sand von meinem Hemd gesaugt wurde. Meine Sicht wurde klarer, aber ich konnte noch immer nicht atmen. Das Hemd rutschte mir aus der Hand, klatschte flach auf den Rost, auf dem ich stand. Ich bückte mich, um es aufzuheben. Mein Körper fing an zu zittern, schlotterte. Ich hörte nur noch das Rauschen des Gebläses.

Übelkeit überkam mich. Meine Knie gaben nach. Ich sackte gegen die Wand.

Durch die zweite Glastür sah ich zu Mae und Ricky hinüber. Sie wirkten weit weg. Und während ich sie ansah, wichen sie immer weiter zurück, entschwanden in der Ferne. Bald waren sie für mich viel zu fern, um mir noch länger Gedanken zu machen. Ich wusste, dass ich sterben würde. Als ich die Augen schloss, fiel ich zu Boden, und das Dröhnen des Gebläses verklang zu Totenstille.

6. Tag, 11.12 Uhr

»Nicht bewegen.«

Etwas Eiskaltes strömte durch meine Venen. Ich fröstelte.

»Jack. Nicht bewegen. Nur eine Sekunde, ja?«

Etwas Kaltes floss meinen Arm hinauf. Ich öffnete die Augen. Das Licht war direkt über mir, gleißend, grünlich hell; ich zuckte zusammen. Der ganze Körper tat mir weh. Als wäre ich verprügelt worden. Ich lag ausgestreckt auf der schwarzen Arbeitsplatte in Maes Labor. Gegen das grelle Licht blinzelnd, sah ich Mae neben mir stehen, über meinen linken Arm gebeugt. Eine Infusionsnadel steckte in meiner Armbeuge.

»Was tust du da?«

»Jack, bitte. Nicht bewegen. Ich hab das bisher nur bei Versuchstieren gemacht.«

»Wie beruhigend.« Ich hob den Kopf, um zu sehen, was sie da machte. Meine Schläfen dröhnten. Ich stöhnte und legte mich wieder hin.

Mae sagte: »Dir geht's schlecht, was?«

»Miserabel.«

»Kann ich mir denken. Ich musste dir drei Spritzen geben.«

»Weshalb?«

»Du hattest einen anaphylaktischen Schock, Jack, eine schwere allergische Reaktion. Dein Hals war fast zu.«

»Allergische Reaktion«, sagte ich. »Das war das?«

»Eine schwere.«

»Von dem Schwarm?«

Sie zögerte kurz, dann: »Natürlich.«

»Können Nanopartikel denn so eine allergische Reaktion auslösen?«

»Möglich wär's ...«

Ich sagte: »Aber du glaubst das nicht.«

»Nein, glaube ich nicht. Ich denke, die Nanopartikel sind nicht antigen. Du hast wahrscheinlich auf ein Coliform-Toxin reagiert.«

»Ein Coliform-Toxin . « Meine pochenden Kopfschmerzen kamen in Wellen. Ich holte Luft, atmete ruhig aus. Ich versuchte zu verstehen, was Mae da sagte. Mein Verstand arbeitete langsam; mir tat der Kopfweh. »Ein Coliform-Toxin.«

»Genau.«

»Ein Toxin von E. coli-Bakterien? Meinst du das?«

»Genau. Ein proteolytisches Toxin vermutlich.«

»Und wo sollte so ein Toxin herkommen?«

»Vom Schwarm«, sagte sie.

Das ergab für mich absolut keinen Sinn. Laut Ricky wurden die E. coli-Bakterien nur zur Herstellung von Vorstufenmolekülen verwendet. »Aber in dem Schwarm selbst können doch keine Bakterien sein«, sagte ich.

»Ich weiß nicht, Jack. Ich glaube doch.«

Wieso war sie so zaghaft?, fragte ich mich. Das sah ihr gar nicht ähnlich. Normalerweise war Mae präzise, auf den Punkt genau. »Tja«, sagte ich, »irgendjemand weiß es jedenfalls. Der Schwarm ist entworfen worden. Entweder sind Bakterien eingearbeitet worden oder nicht.«

Ich hörte sie seufzen, als würde ich es einfach nicht verstehen.

Aber was verstand ich nicht?

Ich sagte: »Hast du die Partikel eingesammelt, die in der Luftschleuse weggeblasen wurden? Hast du das Zeug noch?«

»Nein. Alle Partikel aus der Schleuse wurden verbrannt.«

»So was Blödes ...«

»Das ist eine eingebaute Funktion, Jack. Eine Sicherheitsmaßnahme. Wir können sie nicht ausschalten.«

»Verstehe.« Jetzt war ich es, der seufzte. Wir hatten also keine Partikelproben, die wir untersuchen konnten. Ich wollte mich aufsetzen, aber Mae legte mir sanft eine Hand auf die Brust und hielt mich zurück.

»Langsam, Jack.«

Sie hatte Recht, denn dadurch verschlimmerten sich meine Kopfschmerzen erheblich. Ich schwang die Beine über den Rand der Arbeitsplatte. »Wie lange war ich weggetreten?«

»Zwölf Minuten.«

»Ich fühle mich, als hätte mich jemand zusammengeschlagen.« Meine Rippen schmerzten bei jedem Atemzug.

»Du hattest starke Atemprobleme.«

»Hab ich immer noch.« Ich griff nach einem Kleenex und putzte mir die Nase. Jede Menge schwarzes Zeug kam heraus, vermischt mit Blut und Sand aus der Wüste. Ich musste mir vier- oder fünfmal die Nase putzen, bis sie frei war. Ich zerknüllte das Taschentuch und wollte es wegwerfen. Mae streckte ihre Hand aus. »Gib mir das.«

»Nein, schon gut .«

»Gib es mir, Jack.«

Sie nahm das Kleenex und steckte es in einen kleinen Plastikbeutel, den sie dicht verschloss. Erst da wurde mir klar, wie träge mein Verstand arbeitete. Natürlich, in dem Taschentuch befanden sich genau die Partikel, die ich untersuchen wollte. Ich schloss die Augen, atmete tief ein und wartete, bis das Pochen in meinem Kopf ein wenig nachließ. Als ich die Augen wieder aufschlug, war der Raum nicht mehr so grell. Er wirkte fast normal.

»Ach übrigens«, sagte Mae, »Julia hat angerufen. Sie hat gesagt, du kannst sie nicht zurückrufen, sie hat irgendwelche Untersuchungen. Aber sie wollte mit dir sprechen.«

»Alles klar.«

Ich sah, wie Mae den Beutel mit dem Taschentuch nahm und in ein Spezialglas tat. Sie schraubte den Deckel fest zu. »Mae«, sagte ich, »falls in dem Schwarm E. coli sind, können wir das doch rausfinden, indem wir die Probe jetzt testen. Sollen wir das nicht gleich machen?«

»Ich hab im Moment keine Zeit. Ich mach das, sobald ich kann. Ich habe gerade ein kleines Problem mit einer von den Fermentationseinheiten, und ich brauche dafür die Mikroskope.«

»Was für ein Problem?«