Ich sagte: »Das hilft uns auch nicht .«
Und dann brach ich ab, weil Mae hinter sich auf den Rücksitz des Wagens deutete. Aus dem Ritz zwischen den Polstern zischten Partikel in den Wagen wie schwarzer Rauch.
Ich sah genauer hin und entdeckte im Fond auf dem Boden eine Decke. Auch Mae sah sie und warf sich förmlich nach hinten, hechtete zwischen die Sitze. Sie trat mir dabei gegen den Kopf, aber sie hatte die Decke und stopfte sie in den Spalt. Mein Headset fiel ab und blieb am Lenkrad hängen, als ich nach hinten klettern wollte, um Mae zu helfen. Es war eng im Wagen. Aus dem Kopfhörer hörte ich eine blecherne Stimme.
»Komm schon«, sagte Mae. »Schnell.«
Ich war größer als sie. Im Fond war nicht viel Platz für mich, deshalb lehnte ich mich mit dem Oberkörper über den Fahrersitz, packte die Decke und half Mae, sie zwischen die Polster zu stopfen.
Ich bekam nur mit einem Ohr mit, dass sich die Beifahrertür des Toyota knallend öffnete, und dann sah ich Charleys Fuß aus dem Dunkel auftauchen. Er wollte sein Glück draußen versuchen. Vielleicht sollten wir auch den Wagen verlassen, dachte ich, während ich Mae mit der Decke half. Die Decke würde nicht viel nützen, das war bloß eine Verzögerungstaktik. Ich spürte bereits, wie die Partikel durch den Stoff drangen; der Wagen füllte sich unaufhaltsam. Es wurde dunkler und dunkler. Ich fühlte Nadelstiche überall auf der Haut.
»Mae, raus hier.«
Sie gab keine Antwort, sie stopfte nur die Decke weiter in den Spalt, immer fester. Wahrscheinlich wusste sie, dass wir draußen keine Chance hätten. Die Schwärme würden uns einholen, sich uns in den Weg stellen, uns zu Fall bringen. Und wenn wir erst am Boden lagen, würden sie uns ersticken. Wie sie es bei den anderen getan hatten.
Die Luft wurde dicker. Ich musste husten. Im Halbdunkel hörte ich weiter eine blecherne Stimme aus den Headsets. Ich konnte nicht sagen, woher sie kam. Auch Mae war das Headset heruntergefallen, und ich meinte, es auf dem Vordersitz gesehen zu haben, aber inzwischen war es so dunkel, dass ich nichts mehr erkannte. Mir brannten die Augen. Ich hustete ständig. Auch Mae hustete. Ich wusste nicht, ob sie noch immer mit der Decke beschäftigt war. Sie war nur noch ein Schatten im Nebel.
Ich schloss fest die Augen gegen den stechenden Schmerz. Meine Kehle schnürte sich zu, und mein Husten war trocken. Wieder wurde mir schwindelig. Ich wusste, dass wir nicht länger als eine Minute überleben konnten, vielleicht weniger. Ich sah wieder zu Mae, aber ich konnte sie nicht sehen. Ich hörte sie husten. Ich wedelte mit der Hand, versuchte den Nebel zu lichten, damit ich Mae erkennen konnte. Es half nicht. Ich wedelte mit der Hand vor der Frontscheibe, und sie wurde für einen Moment klarer.
Trotz meines anhaltenden Hustens sah ich das Labor in der Ferne. Die Sonne schien. Alles war normal. Es machte mich wütend, dass alles so normal und friedlich wirkte, während wir uns zu Tode husteten. Ich konnte nicht sehen, was mit Charley war. Er war nirgendwo in der Wüste vor mir. Aber - ich wedelte wieder mit der Hand - ich konnte ohnehin nichts erkennen vor lauter .
Wehendem Sand.
Herrgott, wehender Sand.
Der Wind war wieder stärker geworden.
»Mae.« Ich hustete. »Mae. Die Tür.«
Ich wusste nicht, ob sie mich hörte. Sie hustete stark. Ich streckte die Hand nach der Fahrertür aus, tastete nach dem Griff. Ich war verwirrt und desorientiert. Ich hustete ohne Unterlass. Ich berührte heißes Metall, riss daran.
Die Tür neben mir schwang auf. Glühende Luft fegte herein, wirbelte den Nebel durcheinander. Der Wind war tatsächlich stärker. »Mae.«
Sie wurde von Husten geschüttelt, konnte sich vielleicht schon nicht mehr bewegen. Ich hechtete zur Beifahrertür mir gegenüber. Mit den Rippen prallte ich auf den Schalthebel. Der Nebel war schon dünner, und ich sah den Türgriff, zog und drückte die Tür auf. Der Wind schlug sie wieder zu. Ich schob mich ein Stück vor, drückte den Griff erneut runter, stieß die Tür auf und hielt sie mit der Hand offen.
Wind blies durch den Wagen.
Innerhalb weniger Sekunden war die schwarze Wolke verschwunden. Der Rücksitz war noch immer dunkel. Ich kroch zur Beifahrertür hinaus und öffnete die hintere Tür. Mae streckte mir die Hand entgegen, und ich zog sie heraus. Wir husteten beide heftig. Maes Beine gaben nach. Ich zog ihren Arm über meine Schulter und schleppte sie hinaus in die offene Wüste.
Selbst jetzt weiß ich nicht, wie ich es zurück zum Laborgebäude geschafft habe. Die Schwärme waren verschwunden; der Wind blies kräftig. Mae war ein schlaffes Gewicht an meiner Schulter, ihr Körper kraftlos, die Füße schleiften über den Sand. Ich hatte keine Energie. Immer wieder schüttelten mich Hustenanfälle, die mich zwangen, stehen zu bleiben. Ich konnte nicht richtig atmen. Ich war benommen, orientierungslos. Die grelle Sonne hatte einen Stich ins Grüne, und Sterne tanzten vor meinen Augen. Mae hustete schwach; ihr Atem ging flach. Ich hatte das Gefühl, dass sie nicht überleben würde. Ich stapfte weiter, setzte einen Fuß vor den anderen.
Irgendwie ragte plötzlich die Tür vor mir auf, und es gelang mir, sie zu öffnen. Ich brachte Mae in den dunklen Vorraum. Auf der anderen Seite der gläsernen Luftschleuse warteten Ricky und Bobby Lembeck. Sie feuerten uns an, aber ich konnte sie nicht hören. Mein Headset lag im Auto.
Die Schleusentüren öffneten sich zischend, und ich bugsierte Mae hinein. Sie schaffte es zu stehen, obwohl sie vor Husten vornübergebeugt war. Ich trat zurück. Der Wind begann, sie sauber zu pusten. Ich lehnte mich gegen die Wand, außer Atem, schwindelig.
Ich dachte, hab ich das nicht schon mal erlebt?
Ich sah auf die Uhr. Es war gerade drei Stunden her, dass ich dem letzten Angriff knapp entronnen war. Ich beugte mich vor und stützte die Hände auf die Knie. Ich starrte zu Boden und wartete, dass die Luftschleuse frei wurde. Ich blickte zu Ricky und Bobby. Sie brüllten irgendwas, deuteten auf ihre Ohren. Ich schüttelte den Kopf.
Sahen sie denn nicht, dass ich kein Headset aufhatte?
Ich sagte: »Wo ist Charley?«
Sie antworteten, aber ich konnte sie nicht verstehen.
»Hat er's geschafft? Wo ist Charley?«
Ich zuckte zusammen, als ein scharfes elektronisches Pfeifen ertönte, und dann sagte Ricky über die Sprechanlage: »... nicht mehr viel zu machen.«
»Ist er hier?«, fragte ich. »Hat er's geschafft?«
»Nein.«
»Wo ist er?«
»Hinten im Wagen«, sagte Ricky. »Er hat es nicht aus dem Wagen geschafft. Wusstest du das nicht?«
»Ich hatte zu tun«, sagte ich. »Er ist also noch da draußen?«
»Ja.«
»Ist er tot?«
»Nein, nein. Er lebt.«
Ich atmete noch immer mit Mühe, war noch immer benommen. »Was?«
»Genau ist es auf dem Videomonitor nicht zu erkennen, aber es sieht so aus, als würde er noch leben .«
»Warum zum Teufel holt ihr ihn dann nicht?«
Rickys Stimme war ruhig. »Wir können nicht, Jack. Wir müssen uns um Mae kümmern.«
»Es wird doch hier wohl jemanden geben, der das machen kann.«
»Wir können niemanden entbehren.«
»Ich kann das nicht«, sagte ich. »Ich bin fix und fertig.«
»Ist doch klar«, sagte Ricky, einen beschwichtigenden Ton anstimmend. Eine Leichenbestatterstimme. »Das alles muss entsetzlich für dich gewesen sein, Jack, du hast so viel durchgemacht .«
»Sag mir ... endlich ... wer ihn holen geht, Ricky.«
»Um es mal brutal ehrlich zu sagen«, erwiderte Ricky, »ich glaube nicht, dass es was nützt. Er hatte einen Krampf. Einen schlimmen. Ich denke, er hat nicht mehr viel Kraft.«
Ich sagte: »Es geht keiner zu ihm?«
»Ich fürchte, es nützt nichts, Jack.«
Bobby half Mae jetzt aus der Luftschleuse und führte sie den Korridor hinunter. Ricky stand da. Beobachtete mich durch das Glas.