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Ächzend und schwitzend schleppte ich Charley in die Luftschleuse. Ich hievte ihn in eine sitzende Position, gegen das Seitengebläse gelehnt. So kamen seine Füße den Glastüren nicht in die Quere. Und weil immer nur eine Person in der Schleuse sein durfte, trat ich wieder zurück. Und ich wartete darauf, dass sich die Türen schlossen.

Aber nichts passierte.

Ich suchte an der Seitenwand nach irgendeinem Knopf, aber ich konnte nichts entdecken. Die Lichter in der Luftschleuse waren an, Strom war also da. Aber die Türen gingen nicht zu.

Und ich wusste, die Schwärme näherten sich rasch.

Bobby Lembeck und Mae kamen in den Raum auf der anderen Seite gelaufen. Ich sah sie durch das zweite Paar Glastüren. Sie schwenkten die Arme, gestikulierten hektisch, wollten mir offenbar zu verstehen geben, dass ich wieder in die Schleuse gehen sollte. Aber das leuchtete mir nicht ein. In mein Headset sagte ich: »Ich dachte, es darf immer nur einer rein.«

Sie hatten kein Headset und konnten mich nicht hören. Sie winkten wie verrückt, geh rein, geh rein.

Ich hielt fragend zwei Finger hoch.

Sie schüttelten den Kopf. Offenbar wollten sie sagen, dass ich nicht richtig verstand.

Zu meinen Füßen sah ich bereits die ersten Nanopartikel hereinkommen, wie ein schwarzer Strom. Sie drangen durch die Ritzen um die Brandschutztür herum. Mir blieben nur noch fünf bis zehn Sekunden.

Ich trat wieder in die Schleuse. Bobby und Mae nickten zustimmend. Aber die Türen schlossen sich nicht. Jetzt machten sie andere Gesten, wie jemand, der etwas anhebt.

»Ich soll Charley hochheben?«

Ja. Ich schüttelte den Kopf. Charley saß zusammengesackt da, ein schlaffes Gewicht auf dem Boden. Ich schaute nach hinten in den Vorraum und sah, dass er sich mit schwarzen Partikeln füllte, die allmählich einen gräulichen Nebel in der Luft bildeten. Dieser Nebel drang schon in die Luftschleuse. Ich spürte die ersten Nadelstiche auf der Haut.

Ich sah Bobby und Mae an, auf der anderen Seite des Glases. Sie sahen, was passierte; sie wussten, es ging um Sekunden. Wieder gestikulierten sie: Heb Charley hoch. Ich beugte mich über ihn, schob ihm meine Hände unter die Achseln. Ich versuchte, ihn auf die Beine zu ziehen, aber er rührte sich keinen Millimeter.

»Charley, verdammt noch mal, hilf mit.« Ächzend machte ich einen neuen Anlauf. Charley trat mit den Beinen und stieß mit den Armen, und es gelang mir, ihn einen halben Meter vom Boden hochzuhieven. Dann rutschte er wieder nach unten. »Charley, los, noch einmal ...« Ich zog mit aller Kraft, und diesmal half er wesentlich mehr mit, und wir schafften es, seine Beine unter ihn zu bugsieren, und mit einem letzten Ruck stand er. Ich behielt meine Hände unter seinen Achseln; wir standen da wie ein Liebespaar in einer verrückten Umarmung. Charley keuchte. Ich blickte nach hinten auf die Glastüren.

Die Türen rührten sich nicht.

Die Luft wurde immer dunkler. Ich sah Mae und Bobby an, und sie waren vollkommen hektisch, hielten zwei Finger hoch, schüttelten sie, zeigten auf mich. Ich kapierte nicht. »Ja, wir sind zu zweit ...« Was war nur mit den verdammten Türen los? Schließlich beugte Mae sich vor und zeigte ganz deutlich mit einem Finger jeder Hand auf ihre beiden Schuhe. Ich sah ihren Mund: »Zwei Schuhe.« Und sie deutete auf Charley.

»Ja, klar, wir haben zwei Schuhe. Er steht auf zwei Schuhen.«

Mae schüttelte den Kopf.

Sie hielt vier Finger hoch.

»Vier Schuhe?«

Die Nadelstiche irritierten mich, erschwerten das Denken. Ich spürte, wie die alte Verworrenheit mich wieder erfasste. Mein Verstand arbeitete schwerfällig. Was meinte sie, vier Schuhe?

Langsam wurde es dunkel in der Schleuse. Ich konnte Mae und Bobby kaum noch sehen. Ihre Pantomime stellte jetzt etwas anderes dar, aber ich kapierte es nicht. Sie kamen mir weit weg vor, fern und unbedeutend. Ich hatte keine Energie mehr, und mir war alles egal.

Zwei Schuhe, vier Schuhe.

Und dann verstand ich. Ich drehte Charley den Rücken zu, lehnte mich gegen ihn und sagte: »Leg deine Arme um meinen Hals.« Er tat es, und ich packte seine Beine und hob seine Füße vom Boden.

Sofort gingen die Türen zischend zu.

Das war's, dachte ich.

Das Gebläse pustete auf uns ein. Die Luft wurde rasch klar.

Mit letzter Kraft hielt ich Charley hoch, bis ich sah, dass das zweite Paar Türen sich entriegelte und aufglitt. Mae und Bobby kamen in die Schleuse geeilt.

Und ich fiel einfach hin. Charley landete auf mir. Ich glaube, es war Bobby, der ihn von mir runterzog. Von da an weiß ich kaum noch was.

III.

DAS NEST

6. Tag, 18.18 Uhr

Ich erwachte in meinem Bett im Wohnmodul. Die Lüftung dröhnte so laut, dass es sich im Raum wie in einem Flughafen anhörte. Mit trüben Augen wankte ich zur Tür. Die Tür war abgeschlossen.

Ich klopfte eine Weile, aber niemand machte auf, auch nicht, als ich laut rief. Ich ging zu dem kleinen PC auf dem Schreibtisch und schaltete ihn ein. Ein Menü erschien, und ich suchte nach irgendeiner hausinternen Kommunikationsfunktion. Ich fand nichts, obwohl ich eine ganze Weile im Interface herumstöberte. Irgendetwas hatte ich aber wohl aktiviert, denn ein Fenster öffnete sich, und Ricky tauchte auf und lächelte mich an. Er sagte: »Du bist ja wieder wach. Wie fühlst du dich?«

»Schließ die verdammte Tür auf.«

»Ist deine Tür abgeschlossen?«

»Schließ auf, Mann.«

»Das war nur zu deinem Schutz.«

»Ricky«, sagte ich, »mach die verdammte Tür auf.«

»Hab ich schon. Sie ist auf, Jack.«

Ich ging zur Tür. Er hatte Recht, sie ließ sich öffnen. Ich sah mir das Schloss an, es gab einen ferngesteuerten Schließmechanismus. Ich nahm mir vor, ihn abzukleben.

Auf dem Monitor sagte Ricky: »Du möchtest bestimmt gern duschen.«

»Ja, möchte ich. Wieso ist die Klimaanlage so laut?«

»Wir haben die Lüftung in deinem Zimmer voll aufgedreht«, erwiderte Ricky. »Für den Fall, dass noch ein paar Partikel übrig sind.«

Ich kramte in meiner Reisetasche nach Kleidungsstücken. »Wo ist die Dusche?«

»Brauchst du Hilfe?«

»Nein, ich brauche keine Hilfe. Sag mir einfach, wo die verdammte Dusche ist.«

»Du klingst verärgert.«

»Leck mich, Ricky.«

Die Dusche tat gut. Fast zwanzig Minuten lang ließ ich dampfend heißes Wasser über meinen schmerzenden Körper laufen. Ich hatte einige blaue Flecke abbekommen - auf der Brust, dem Oberschenkel -, aber ich konnte mich nicht erinnern, wie.

Als ich aus der Dusche kam, saß Ricky davor auf einer Bank und wartete auf mich. »Jack, ich bin sehr besorgt.«

»Wie geht's Charley?«

»Wieder ganz gut. Er schläft.«

»Hast du sein Zimmer auch abgeschlossen?«

»Jack. Ich weiß, du hast die Hölle durchgemacht, und ich möchte dir sagen, dass wir dir alle sehr dankbar sind für das, was du getan hast - ich meine, die Firma ist dankbar, und .«

»Die Firma kann mich mal.«

»Jack, ich versteh ja, dass du sauer bist.«

»Lass den Scheiß, Ricky. Keiner hier hat mir geholfen. Weder du noch sonst wer.«

»Ich versteh ja, dass du das so siehst .«

»Es ist so, Ricky. Keiner hat mir geholfen.«

»Jack, Jack. Bitte. Das alles tut mir schrecklich Leid. Ich fühl mich richtig mies. Ehrlich. Wenn ich es irgendwie ungeschehen machen könnte, ich würde es tun.«

Ich blickte ihn an. »Ich glaube dir nicht, Ricky.«

Er setzte ein gewinnendes, kleines Lächeln auf. »Ich hoffe, das wird sich irgendwann ändern.«

»Bestimmt nicht.«

»Du weißt, dass mir unsere Freundschaft immer viel bedeutet hat, Jack. Sie war für mich immer das Wichtigste.«