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Ich starrte ihn bloß an. Ricky hörte mir gar nicht zu. Er hatte lediglich diesen albernen Lächle-und-alles-wird-gut-Ausdruck auf dem Gesicht. Ich dachte: Ist er auf Drogen? Auf jeden Fall benahm er sich sonderbar.

»Na, wie dem auch sei.« Er atmete durch und wechselte das Thema. »Julia kommt zu uns raus, das ist schon mal eine gute Nachricht. Sie müsste irgendwann heute Abend hier sein.«

»Aha. Warum kommt sie?«

»Na, doch bestimmt, weil sie sich Sorgen wegen der Schwärme da draußen macht.«

»Allzu groß kann ihre Sorge ja nicht sein«, sagte ich. »Diese Schwärme hätten nämlich schon vor Wochen vernichtet werden können, als die Evolutionsmuster zum ersten Mal deutlich wurden. Aber das ist nicht geschehen.«

»Ja. Na ja. Die Sache ist die, damals hat das noch keiner so richtig begriffen ...«

»Ich denke, doch.«

»Aber nein.« Es gelang ihm, den zu Unrecht Beschuldigten und leicht Gekränkten zu mimen. Aber ich hatte sein Theater allmählich satt.

»Ricky«, sagte ich. »In dem Hubschrauber, der mich hergebracht hat, saßen auch ein paar PR-Leute. Wer hat die verständigt, dass es hier ein PR-Problem gibt?«

»Ich weiß nichts von irgendwelchen PR-Leuten.«

»Man hatte ihnen gesagt, dass sie den Hubschrauber nicht verlassen sollten. Dass es hier gefährlich sei.«

Er schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung . Ich weiß nicht, wovon du redest.«

Ich hob abwehrend die Hände und verließ das Badezimmer.

»Ich weiß es wirklich nicht!«, rief Ricky mir beteuernd hinterher. »Ehrenwort, ich weiß nichts davon!«

Eine halbe Stunde später brachte Ricky mir den fehlenden Code, um den ich gebeten hatte, wahrscheinlich als eine Art Friedensangebot. Es war nicht viel, bloß ein Blatt Papier.

»Tut mir Leid«, sagte er. »Musste erst ein Weilchen suchen. Rosie hatte vor ein paar Tagen ein ganzes Unterverzeichnis offline genommen, um einen Teil zu überarbeiten. Ich schätze, sie hat vergessen, es wieder ins System zu geben. Deshalb war es nicht im Hauptverzeichnis.«

»Aha.« Ich überflog das Blatt. »Woran hat sie gearbeitet?« Ricky zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. An irgendwelchen anderen Daten.«

/*Mod Compstat_do*/

Exec (move {0 ij (Cxi, Cyl, Czl)}) /*Initialisierung*/ {dij (xl,yl,zl)} /*Zustand*/ {dikl (xl,yl,zl) (x2,y2,z2)} /verfolgen*/ Push (z(i)} /*speichern*/

React <advan> /*ref. Zustand*/

ßl{(dx(i,j,k)}{(place(Cj,Hj)} ß2 {(fx,(a,q)} Place {z(l)} /*speichern*/ Intent <advan> /*ref. Intention*/

ßijk{(dx(i,j,k)}{(place(Cj,Hj)} ßx {(fx,(a,q)} Load {z(i)} /*speichern*/ Exec (move {0 ij (Cxi, Cyl, Czl)}) Exec (pre{0ij (Hxl,Hyl,Hzl)})

Exec (post{0 ij (Hxl,Hyl,Hzl)})

Push {dij (xl,yl,zl)}

{Sikl (xl,yl,zl) move (x2,y2,z2)} /* verfolgen*/ {0,1,0,01}

»Ricky«, sagte ich, »der Code sieht fast genauso aus wie das Original.«

»Ja, find ich auch. Die Veränderungen sind minimal. Ich weiß nicht, warum da so ein Drama draus gemacht wird.« Er zuckte die Achseln. »Ich meine, sobald wir die Kontrolle über den Schwarm verloren hatten, wurde der genaue Code doch irgendwie nebensächlich. Man konnte ihn ja doch nicht än-dern.«

»Und wie habt ihr die Kontrolle verloren? In dem Code hier gibt es keinen Evolutionsalgorithmus.«

Er breitete die Arme aus. »Jack«, sagte er. »Wenn wir das wüssten, wüssten wir alles. Dann hätten wir den ganzen Schlamassel hier nicht.«

»Aber man hat mich hergeholt, damit ich mich um den Code kümmere, den mein Team damals geschrieben hat, Ricky. Mir wurde gesagt, die Agenten würden ihr Ziel aus den Augen verlieren .«

»Ich würde sagen, sich der Funksteuerung zu entziehen ist nichts anderes, als das Ziel aus den Augen zu verlieren.«

»Aber der Code ist nicht verändert worden.«

»Na ja, der eigentliche Code hat keinen so richtig interessiert, Jack. Es geht um das, was der Code bewirkt. Um das Verhalten, das sich aus dem Code emergiert. Dabei solltest du uns helfen. Schließlich ist es ja dein Code, oder?«

»Ja, und es ist euer Schwarm.«

»Auch wieder wahr, Jack.«

Mit seinem üblichen selbstironischen Achselzucken ging er aus dem Raum. Ich starrte eine Weile auf das Blatt Papier und fragte mich dann, warum er es für mich ausgedruckt hatte. Das bedeutete, dass ich das elektronische Dokument nicht überprüfen konnte. Vielleicht vertuschte Ricky ja schon wieder ein Problem. Vielleicht war der Code ja doch verändert worden, und er zeigte es mir nicht. Oder vielleicht ...

Egal, dachte ich. Ich zerknüllte das Blatt und warf es in den Papierkorb. Wie immer das Problem auch gelöst werden konnte, jedenfalls nicht mit Computercodes. So viel stand fest.

Mae war im Biologielabor und betrachtete aufmerksam ihren Monitor, das Kinn in die Hand gestützt. Ich sagte: »Geht's dir gut?«

»Ja.« Sie lächelte. »Und dir?«

»Bloß müde. Und ich hab wieder Kopfschmerzen.«

»Ich auch. Aber ich glaube, an meinen ist dieser Phage da schuld.« Sie deutete auf den Monitor. Er zeigte ein schwarzweißes Bild von einem Virus, aufgenommen mit einem Rasterelektronenmikroskop. Der Phage sah aus wie eine Granate -wulstiger, spitz zulaufender Kopf, verbunden mit einem schmaleren Schwanz.

Ich sagte: »Ist das der neue Mutant, von dem du gesprochen hast?«

»Ja. Ich habe schon einen Fermentationstank rausgenommen. Das Produktionsvolumen liegt jetzt nur noch bei sechzig Prozent. Aber das spielt ja wohl keine große Rolle.«

»Und was machst du mit dem Tank?«

»Ich teste antivirale Reagenzien«, sagte sie. »Eine begrenzte Anzahl davon hab ich hier. Wir sind eigentlich nicht darauf eingerichtet, Kontaminanten zu analysieren. Das Protokoll verlangt bloß, einen kontaminierten Tank aus der Produktion zu nehmen und zu reinigen.«

»Warum hast du das nicht getan?«

»Ich tu's ja, irgendwann. Aber das da ist ein neuer Mutant, deshalb halte ich es für besser, ein Gegen-Agens zu finden. Das wird dann für zukünftige Produktionen gebraucht. Ich meine, das Virus kommt schließlich wieder.«

»Du glaubst, es wird wieder auftauchen? Sich wieder neu entwickeln?«

»Ja. Vielleicht ein bisschen mehr oder weniger bösartig, aber im Wesentlichen gleich.«

Ich nickte. Ich kannte mich mit der Materie aus, da ich mit genetischen Algorithmen gearbeitet hatte - Computerprogramme, die die Evolution simulierten. Die meisten Leute stellten sich die Evolution als einen Prozess vor, in dem sich alles nur ein einziges Mal vollzog, ein Zusammentreffen zufälliger Ereignisse. Wenn die Pflanzen nicht irgendwann Sauerstoff produziert hätten, hätten sich niemals tierische

Lebewesen entwickelt. Wenn ein Asteroid nicht die Dinosaurier vernichtet hätte, hätten sich die Säugetiere nicht so verbreitet. Wenn ein paar Fische nicht an Land gekommen wären, würden wir immer noch im Wasser leben. Und so weiter.

All das war schon richtig, doch die Evolution hatte noch eine andere Seite. Bestimmte Lebensformen und Lebensweisen tauchten immer und immer wieder auf. So zum Beispiel trat der Parasitismus - ein Lebewesen lebt auf Kosten eines anderen - im Laufe der Evolution sehr häufig auf, unabhängig von anderen Arten. Er war für gewisse Lebensformen eine zuverlässige Möglichkeit zu interagieren, und somit trat er immer wieder in Erscheinung.

Ein ähnliches Phänomen war bei genetischen Programmen festzustellen. Sie neigten dazu, sich gewisse erprobte Lösungen anzueignen. Die Programmierer sprachen in diesem Zusammenhang von »Maxima in der mehrdimensionalen Fitnessfunktion«; sie konnten sie als dreidimensionales Falschfarbengebirge mit Modellierungsprogrammen darstellen. Tatsache war jedenfalls, dass die Evolution durchaus auch eine stabile Seite hatte.