Выбрать главу

Also spielten jetzt alle Theater. Alles war inszeniert. Und ich verstand nicht, warum. Aber als ich Mae mit Julia beobachtete, fiel mir auf, dass sie äußerst vorsichtig mit meiner Frau umging. Fast so, als hätte sie Angst vor ihr, zumindest Angst, sie zu reizen.

Das war eigenartig.

Und ein wenig beunruhigend.

Ich fragte Ricky: »Kriegen wir die Tür irgendwie auf?«

»Ich denke schon. Vince hat einen Dietrich. Aber vorläufig öffnet keiner die Tür, Jack. Nicht, solange der Schwarm da drin ist.«

»Dann können wir also nirgendwo anrufen?«, sagte ich. »Wir stecken hier fest? Von der Außenwelt abgeschnitten?«

»Bis morgen, ja. Der Hubschrauber kommt morgen früh, turnusmäßig.« Ricky sah sich durch die Scheibe die Zerstörung an. »Gottogott. Charley hat bei den Schalttafeln wirklich ganze Arbeit geleistet.«

Ich sagte: »Was glaubst du, warum hat er das getan?«

Ricky schüttelte den Kopf. »Charley war ein bisschen verrückt. Ich meine, er war ein interessanter Typ. Aber dieses ständige Gefurze und Gesumme . Er hatte nicht alle Tassen im Schrank, Jack.«

»Das finde ich nicht.«

»Nur meine Meinung«, sagte er.

Ich stand neben Ricky und blickte durch die Scheibe. Der Schwarm schwirrte um Charleys Kopf herum, und ich sah bereits, wie sich die milchige Schicht auf seinem Körper bildete. Das übliche Muster.

Ich sagte: »Wir könnten doch Flüssigstickstoff reinpumpen? Den Schwarm einfrieren?«

»Wäre wahrscheinlich möglich«, sagte Ricky, »aber es könnte sein, dass die Technik Schaden nimmt.«

»Können wir die Lüftung nicht so weit aufdrehen, dass die Partikel rausgesogen werden?«

»Die Lüftung läuft schon auf vollen Touren.«

»Und einen Feuerlöscher hältst du wohl auch nicht für so geeignet .«

Er schüttelte den Kopf. »Feuerlöscher enthalten Halon. Kann den Partikeln nichts anhaben.«

»Dann sind wir also regelrecht aus diesem Raum ausgesperrt.«

»Würde ich so sehen, ja.«

»Handys?«

Er schüttelte den Kopf. »Die Antennen führen durch den Raum. Jede Kommunikationsform, die wir haben - Handys, Internet, Turbodatenübertragung -, alles läuft durch den Raum.«

Julia sagte: »Charley hat gewusst, dass der Raum luftdicht ist. Ich wette, er ist da rein, um uns Übrige zu schützen. Das war selbstlos, richtig mutig.«

Sie entwickelte eine Theorie über Charley, schmückte sie aus, fantasievoll. Es war ein wenig störend, denn schließlich waren wir mit dem eigentlichen Problem noch keinen Schritt weiter - wie wir die Tür öffnen und den Schwarm außer Gefecht setzen konnten. Ich sagte: »Gibt es in dem Raum noch ein Fenster?«

»Nein.«

»Nur das Fenster in der Tür?«

»Ja.«

»Okay«, sagte ich, »dann verdunkeln wir es und machen da drin das Licht aus. Und warten ein paar Stunden, bis der Schwarm Energie verliert.«

»Tja, ich weiß nicht«, sagte Ricky skeptisch.

»Was soll das heißen, Ricky?«, fragte Julia. »Ich finde die Idee super. Es ist auf jeden Fall einen Versuch wert. Fangen wir gleich an.«

»Also schön«, sagte Ricky und gab sofort klein bei. »Aber ihr müsst sechs Stunden abwarten.«

Ich erwiderte: »Ich dachte, drei Stunden.«

»Eigentlich ja, aber ich möchte drei zusätzliche Stunden, bevor ich die Tür öffne. Wenn der Schwarm entwischt, sind wir alle erledigt.«

So wurde es letzten Endes dann auch gemacht. Wir besorgten schwarzen Stoff, klebten ihn vor das Fenster und darüber noch ein Stück schwarze Pappe. Wir löschten das Licht und klebten den Lichtschalter in der Aus-Position fest. Als wir fertig waren, überkam mich erneut Erschöpfung. Ich sah auf meine Uhr. Es war ein Uhr. Ich sagte: »Ich muss ins Bett.«

»Wir sollten alle etwas schlafen«, sagte Julia. »Es reicht, wenn wir morgen früh wiederkommen.«

Wir machten uns alle auf den Weg zum Wohnmodul. Mae ging plötzlich neben mir. »Wie fühlst du dich?«, fragte sie.

»Einigermaßen. Der Rücken tut mir ein bisschen weh.«

Sie nickte. »Ich seh mir das besser an.«

»Wieso?«

»Lass mich einfach einen Blick draufwerfen, bevor du ins Bett gehst.«

»Ach, Jack, Schatz«, rief Julia. »Du Armer.«

»Was ist denn?«

Ich saß am Küchentisch und hatte das Hemd ausgezogen. Julia und Mae standen hinter mir und schnalzten besorgt mit der Zunge.

»Was ist denn?«, fragte ich wieder.

»Du hast ein paar Brandblasen«, sagte Mae.

»Ein paar?«, sagte Julia. »Sein ganzer Rücken ist voller ...«

»Ich glaube, wir haben Verbandszeug für Brandverletzungen«, sagte Mae und griff nach dem Erste-Hilfe-Kasten unter der Spüle.

»Ja, das hoffe ich doch.« Julia lächelte mich an. »Jack, es tut mir so entsetzlich Leid, was du alles hast durchmachen müssen.«

»Jetzt brennt es vielleicht ein bisschen«, sagte Mae.

Ich wusste, dass Mae allein mit mir sprechen wollte, aber es gab keine Gelegenheit dazu. Julia würde uns nicht eine Sekunde allein lassen. Sie war schon immer auf Mae eifersüchtig gewesen, schon vor Jahren, als ich Mae in mein Team geholt hatte, und jetzt kämpfte sie mit ihr um meine Aufmerksamkeit.

Das schmeichelte mir ganz und gar nicht.

Der Verband kühlte zuerst, als Mae ihn anlegte, doch gleich darauf brannte es schmerzhaft. Ich verzog das Gesicht.

»Ich weiß nicht, was für Schmerztabletten wir dahaben«, sagte Mae. »Du hast eine recht großflächige Verbrennung zweiten Grades.«

Julia kramte hektisch im Erste-Hilfe-Kasten, nahm Sachen heraus und warf sie nach links und rechts. Tuben und Döschen schepperten zu Boden. »Hier ist Morphium«, sagte sie schließlich und hielt ein Fläschchen hoch. Sie strahlte mich an. »Das müsste helfen!«

»Ich will kein Morphium«, sagte ich. Im Grunde wollte ich nur, dass sie ins Bett verschwand. Julia war mir lästig. Ihre Aufgekratztheit ging mir auf die Nerven. Und ich wollte allein mit Mae sprechen.

»Sonst ist nichts da«, sagte Julia, »außer Aspirin.«

»Aspirin reicht.«

»Ich fürchte, das wird nicht .«

»Aspirin reicht.« »Du musst mir nicht gleich den Kopf abreißen.«

»Tut mir Leid. Mir geht's nicht gut.«

»Ich versuche bloß, dir zu helfen.« Julia machte einen Schritt zurück. »Ich meine, wenn ihr zwei allein sein wollt, braucht ihr es nur zu sagen.«

»Nein«, sagte ich, »wir wollen nicht allein sein.«

»Wie gesagt, ich versuche bloß zu helfen.« Sie wandte sich wieder dem Erste-Hilfe-Kasten zu. »Vielleicht finde ich ja noch was -« Pflasterpackungen und Plastikfläschchen mit Antibiotika fielen zu Boden.

»Julia«, sagte ich. »Bitte lass das.«

»Was mache ich denn? Was mache ich denn so Schreckliches?«

»Lass es einfach.«

»Ich versuche bloß zu helfen.«

»Das weiß ich.«

Hinter mir sagte Mae: »So. Fertig. Das müsste bis morgen halten.« Sie gähnte. »Und wenn ihr nichts dagegen habt, gehe ich jetzt ins Bett.«

Ich dankte ihr und sah ihr nach, wie sie den Raum verließ. Als ich mich wieder umdrehte, hatte Julia ein Glas Wasser und zwei Aspirin für mich in der Hand.

»Danke«, sagte ich.

»Ich konnte die Frau noch nie leiden«, sagte sie.

»Gehen wir schlafen«, sagte ich.

»Hier gibt es nur Einzelbetten.«

»Ich weiß.«

Sie kam näher. »Ich möchte mit dir zusammen sein, Jack.«

»Ich bin hundemüde. Wir sehen uns morgen, Julia.«

Ich ging in mein Zimmer und torkelte zum Bett. Ich machte mir nicht mal die Mühe, mich auszuziehen.

Ich weiß nicht mehr, wie mein Kopf das Kissen berührte.

7. Tag, 4.42 Uhr