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Die Zollbeamten starren ihn fassungslos an. Sie versuchen zu sprechen, aber das Brüllen der Propeller übertönt ihre Stimmen. Ihre Rufe sind nur zu erahnen: »Mai tum! Mai tum! Mai tawng tum! Nein nein neinneinnein!« Sie fuchteln mit den Armen, aber Jaidee rennt bereits über den Landeplatz, schwingt seine Machete und stürzt sich brüllend auf sein neues Opfer.

Seine Weißhemden folgen ihm, ohne zu zögern, einer nach dem anderen. Sie weichen Kisten und Arbeitern aus, springen über Ankertaue, ducken sich unter dem Bauch von Megodonten hindurch. Seine Männer. Seine treuen Kinder. Seine Söhne. Diese närrischen Idealisten und Anhänger der Königin, die seinem Ruf folgen, die nicht bestechlich sind, die die ganze Ehre des Umweltministeriums in ihrem Herzen bewahren.

»Dort drüben! Dort drüben!«

Blassen Tigern gleich eilen sie über das Flugfeld und lassen die Kadaver japanischer Frachtcontainer hinter sich zurück wie Trümmer nach einem Taifun. Die Stimmen der Zollbeamten werden immer leiser. Jaidee hat sie längst vergessen — er verliert sich in dem großartigen Gefühl, seine Beinmuskeln zu spüren, auf der Jagd zu sein, eine eindeutige, ehrenhafte Aufgabe zu haben. Immer schneller rennt er, seine Männer dicht hinter sich. Im Adrenalinrausch spurten sie über den Platz; sie sind nun Krieger und sonst nichts. Die Macheten und Äxte hoch erhoben, stürmen sie auf die riesige Maschine zu, die da gerade landet, sich über ihnen erhebt wie der dreitausend Meter große Dämonenkönig Tosacan, und langsam herabsinkt. Der Größte aller Megodonten, und auf seinem Rumpf prangen Farang-Schriftzeichen, die Worte CARLYLE & SONS.

Jaidee ist sich nicht bewusst, dass er einen Freudenschrei ausgestoßen hat. Carlyle & Sons! Dieser nervtötende Farang, der so beiläufig darüber spricht, das System der Schadstoffguthaben zu ändern, die Quarantäneinspektionen abzuschaffen und alles wegzurationalisieren, was das Königreich am Leben erhalten hat, während andere Länder einen Kollaps erlitten — der Ausländer, der sich unablässig bei Handelsminister Akkarat einschmeichelt und beim Somdet Chaopraya, dem Beschützer der Krone. Das ist wahrhaftig ein guter Fang! Jaidee wird eins mit der Jagd. Er greift nach den Landetauen, während seine Männer an ihm vorbeidrängen; jünger und schneller und loyal bis zum Fanatismus, halten sie begierig auf die Beute zu.

Aber dieses Luftschiff ist klüger als das davor.

Als der Pilot sieht, wie die Weißhemden unter ihm über den Landeplatz schwärmen, richtet er die Turbopropeller neu aus. Jaidee wird von dem Luftstoß fast umgerissen. Die Propeller heulen auf, während der Pilot viele Gigajoule auf den Versuch verschwendet, wieder abzuheben. Die Landetaue des Luftschiffes peitschen einwärts, wickeln sich auf Kurbelspindeln auf wie ein Krake, der seine Tentakel einzieht. Die Turbopropeller gehen auf volle Leistung und werfen Jaidee zu Boden.

Das Luftschiff gewinnt an Höhe.

Jaidee stemmt sich hoch, kneift im heißen Wind die Augen zusammen und blickt dem Luftschiff nach, das in der nächtlichen Finsternis immer kleiner wird. Er fragt sich, ob das Ungeheuer vom Kontrollturm oder von der Zollbehörde gewarnt wurde. Vielleicht war aber auch der Pilot schlau genug, um zu begreifen, dass eine Inspektion durch die Weißhemden seinen Herren nichts Gutes einbringen würde.

Jaidee verzieht das Gesicht. Richard Carlyle. Entschieden zu klug, der Kerl. Ständig konferiert er mit Akkarat, ständig zeigt er sich bei öffentlichen Benefizveranstaltungen für die Opfer von Cibiskose, wirft mit Geld nur so um sich und redet stets über die Vorteile des Freihandels. Er ist nur einer von einem Dutzend Farang, die wie Quallen nach einer Bitterwasserepidemie an die Küsten zurückkehren, aber Carlyle ist der Lauteste von allen. Derjenige, dessen Lächeln Jaidee am meisten auf die Palme bringt.

Jaidee erhebt sich und klopft sich seine weiße Hanfuniform ab. Es spielt keine Rolle. Das Luftschiff wird zurückkehren. Wie der Ozean, der über den Strand brandet, ist es unmöglich, die Farang fernzuhalten. Land und Meer müssen zusammenlaufen. Diese Männer, in deren Herzen sich der Profit eingenistet hat, haben keine andere Wahl, sie müssen vorschnell handeln, komme, was da wolle, und er wird immer bereit sein, sie zu empfangen.

Kamma.

Langsamen Schrittes kehrt Jaidee zu dem verstreuten Inhalt der inspizierten Frachtkisten zurück. Er wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht, und sein Atem geht schwer. Mit einer Handbewegung bedeutet er seinen Männern, mit ihrer Arbeit fortzufahren. »Dort! Brecht die dort drüben ebenfalls auf! Ich möchte, dass jede einzelne Kiste untersucht wird.«

Die Zollbeamten warten auf ihn. Er stochert mit der Spitze seiner Machete in den Trümmern einer Kiste herum, während die beiden Männer näherkommen. Sie sind wie Hunde. Man wird sie erst dann los, wenn man sie gefüttert hat. Einer von ihnen versucht Jaidee daran zu hindern, mit seiner Machete eine weitere Kiste zu spalten.

»Wir haben bezahlt! Wir werden eine Beschwerde einreichen. Es wird Untersuchungen geben. Wir befinden uns auf internationalem Boden!«

Jaidee verzieht das Gesicht. »Warum sind Sie überhaupt noch hier?«

»Wir haben einen angemessenen Preis für Ihren Schutz bezahlt!«

»Mehr als angemessen.« Jaidee drängt sich an den beiden Männern vorbei. »Aber ich bin nicht hier, um mich über diese Dinge zu streiten. Es ist Ihr Damma, sich zu beschweren. Und es ist das meine, unsere Grenzen zu beschützen, und wenn das bedeutet, dass ich Ihren ›internationalen Boden‹ betreten muss, um unser Land zu retten, dann soll es so sein.« Er schwingt seine Machete, und eine weitere Kiste platzt auf. WeatherAll-Holz zerbirst.

»Sie haben den Bogen überspannt!«

»Gut möglich. Aber da werden Sie wohl jemanden vom Handelsministerium schicken müssen, um mir das zu sagen. Jemanden, der mehr Macht hat als Sie.« Nachdenklich lässt er seine Machete kreisen. »Oder möchten Sie das jetzt mit mir und meinen Männern ausdiskutieren?«

Die beiden zucken zusammen. Jaidee glaubt, ein Lächeln auf Kanyas Lippen bemerkt zu haben. Überrascht blickt er zu ihr hinüber, aber die Miene seines Leutnants ist wieder völlig ausdruckslos. Es ist schön zu sehen, wie ihre Zähne aufblitzen. Jaidee fragt sich, ob es vielleicht noch etwas gibt, womit er seiner mürrischen Untergebenen ein Lächeln entlocken kann.

Leider haben es sich die Zollbeamten noch einmal anders überlegt; sie weichen vor seiner Machete zurück.

»Glauben Sie nicht, dass Sie uns beleidigen können, ohne dass das Folgen hat.«

»Natürlich nicht.« Jaidee hackt wieder auf die Frachtkiste ein, und sie geht endgültig in die Brüche. »Aber so oder so weiß ich Ihre Geldspende sehr zu schätzen.« Er mustert sie eingehend. »Wenn Sie Ihre Beschwerde einreichen, dann vergessen Sie nicht, dass ich, Jaidee Rojjanasukchai, all das getan habe.« Erneut grinst er. »Und vergessen Sie nicht zu erwähnen, dass Sie wirklich und wahrhaftig versucht haben, den Tiger von Bangkok zu bestechen.«

Seine Männer lachen laut über diesen Witz. Der Boden ist mit den Splittern der Balsaholzkisten bedeckt. Sie sind leicht und stabil konstruiert, und das Bretterwerk ist gut dafür geeignet, Frachtgüter zu transportieren — solange niemand mit einer Machete darauf losgeht.

Die Arbeit geht schnell vonstatten. Waren werden aus Kisten gerissen und in ordentlichen Reihen ausgelegt. Die Zollbeamten weichen den Weißhemden nicht von der Seite und notieren sich ihre Namen, bis Jaidees Männer schließlich mit erhobenen Macheten auf sie losgehen. Daraufhin ziehen die Beamten sich zurück und beobachten das Geschehen aus sicherer Entfernung. Jaidee muss an Tiere denken, die sich um einen Kadaver streiten. Seine Männer fallen über die Abfälle fremder Länder her, während die Aasfresser immer wieder Vorstöße unternehmen — die Raben und Cheshire und Hunde warten alle auf ihre Gelegenheit, sich auf das zu stürzen, was übrig bleibt. Die Vorstellung bedrückt ihn.