Hock Seng hält in seiner Arbeit inne und horcht.
Aus dem Zimmer nebenan dringt ein Rascheln herüber, aber nichts weist darauf hin, dass jemand sein mäuseartiges Wühlen belauscht. Er macht sich wieder daran, ein verkleidetes Bambuspaneel aus dem Balken zu lösen, wobei er darauf achtet, das Sägemehl für später aufzubewahren.
Nichts ist gewiss — das ist die erste Lektion. Die fremden Teufel haben das im Laufe der Kontraktion erfahren müssen, als der Ölmangel sie zwang, an ihre eigenen Küsten zurückzukehren. Er selbst hat das in Malakka gelernt. Nichts ist gewiss, nichts ist sicher. Aus einem reichen Mann wird ein armer Mann. Aus einem lärmenden chinesischen Clan, der fett und glücklich das Frühlingsfest feiert und sich den Bauch mit Nasi Goreng und Huhn nach Hainan-Art vollgeschlagen hat, wird ein einziger ausgemergelter Yellow Card. Nichts ist ewig. Wenigstens darüber sind sich die Buddhisten im Klaren.
Hock Seng grinst humorlos und fährt mit seiner lautlosen Grabearbeit fort. Er folgt einer Linie, die am oberen Rand der Vertäfelung entlangführt, kratzt noch mehr festgedrücktes Sägemehl heraus. Er lebt jetzt in Saus und Braus, mit seinem geflickten Moskitonetz und seinem kleinen Brenner, auf dem er zweimal am Tag grünes Methan entzündet, wenn er denn bereit ist, den hiesigen älteren Bruder dafür zu bezahlen, so dass dieser ihm etwas aus den städtischen Gasleitungen abzweigt. Er hat seinen eigenen Satz Regenurnen aus Ton in dem winzigen Innenhof aufgestellt, der an sich schon ein erstaunlicher Luxus ist, und so stehen sie unter dem Schutz der Ehre und der Rechtschaffenheit seiner Nachbarn — bitterarmen Menschen, die wissen, dass alles — jedes Leid und jede Verkommenheit — seine Grenzen haben muss. Und so besitzt er Regenfässer voller Moskitoeier, die in dem grünen Schleim gedeihen, und kann sich sicher sein, dass niemand je daraus etwas stehlen wird, selbst wenn er direkt vor seiner Tür ermordet werden oder die Frau nebenan jedem Nak Leng zum Opfer fallen könnte, der sie vergewaltigen will. Hock Seng zieht an dem winzigen Paneel in der Bambusstrebe und hält die Luft an, um ja kein Geräusch zu machen. Er hat sich für dieses Zimmer wegen der freiliegenden Balken und der Ziegel an der niedrigen, dunklen Decke entschieden. Wegen der vielen Ecken und Winkel und Möglichkeiten. Überall um ihn herum wachen die Slumbewohner auf, jammern und stöhnen und zünden ihre Zigaretten an, während er, vor Anspannung schwitzend, sein Versteck öffnet. Es ist töricht, hier so viel Geld aufzubewahren. Was ist, wenn ein Brand ausbricht? Wenn das WeatherAll Feuer fängt, weil irgendein Narr eine Kerze umwirft? Was ist, wenn der Mob kommt und er hier drin in der Falle sitzt?
Hock Seng hält inne und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Ich bin verrückt. Niemand wird kommen. Die Grünen Brigaden befinden sich jenseits der Grenze in Malaya, und die Armeen des Königreichs werden sie fernhalten.
Und sollten sie doch kommen, liegt zwischen ihnen und mir ein ganzer Archipel, der mir die Zeit verschafft, mich auf ihre Ankunft vorzubereiten. Tagesreisen mit Spannfederzügen, und auch nur, wenn die Generäle der Armee der Königin nicht die Gleise sprengen. Vierundzwanzig Stunden mindestens, selbst wenn sie bei ihrem Angriff Kohle einsetzen. Und wenn nicht? Wochenlanges Marschieren. Genügend Zeit. Ich bin hier sicher.
Das Paneel öffnet sich und fällt ihm in die zitternden Hände. Darunter kommt ein Hohlraum zum Vorschein. Das Bambusrohr ist wasserdicht, von der Natur perfektioniert. Er greift mit seinem dünnen Arm hinein und tastet blind.
Einen Moment lang glaubt er, jemand hat ihn bestohlen, während er fort war, aber dann berühren seine Finger Papier, und er fischt Rollen von Bargeld heraus, eine nach der anderen.
Im Zimmer nebenan diskutieren Sunan und Mali über ihren Onkel, der möchte, dass sie cibi.11.s.8-Ananas schmuggeln — mit einem Boot von der Quarantäneinsel Koh Angrit der Farang. Schnelles Geld, wenn sie bereit sind, das Risiko einzugehen, die verbotenen Nahrungsbestände der Kalorienmonopolgesellschaften einzuführen.
Hock Seng hört ihrem Gemurmel zu, während er das Bargeld in einen Umschlag steckt und in seinem Hemd verschwinden lässt. Die Wände um ihn herum sind mit Diamanten, Baht und Jade gespickt; trotzdem tut es ihm weh, dieses Geld jetzt mit sich fortzunehmen. Es läuft seinem Hamsterinstinkt zuwider.
Er drückt das Bambuspaneel wieder an seinen Platz zurück. Spuckt in die Hand, vermischt den Speichel mit dem Sägemehl und schmiert ihn in die sichtbaren Ritzen. Er federt auf seinen Absätzen zurück und begutachtet den Bambuspfosten. Es ist fast unsichtbar. Wenn er nicht wüsste, dass er vier Segmente nach oben zählen muss, hätte er keine Ahnung, wo er suchen muss oder nach was.
Das Problem mit den Banken ist, dass man ihnen nicht trauen kann. Das Problem mit Geheimverstecken ist, dass sie nur schwer zu sichern sind. Das Problem mit einem Zimmer in einem Slum ist, dass jeder das Geld nehmen kann, wenn er nicht zu Hause ist. Er braucht noch andere Verstecke, sichere Orte, wo er das Opium und die Juwelen und das Bargeld unterbringen kann, die er sich verschafft hat. Er braucht für alles einen sicheren Ort. Auch für sich selbst, und kein Betrag, den er dafür ausgibt, ist zu groß.
Alle Dinge sind vergänglich. Buddha hat das gesagt, und Hock Seng, der nicht an Karma oder die Wahrheiten des Dharma glaubte, als er jung war, hat im Alter den Glauben seiner Großmutter und die schmerzhaften Wahrheiten, die er verkündet, schätzen gelernt. Sein Schicksal ist es zu leiden. Der Ursprung seines Leids ist die Unfähigkeit, loslassen zu können. Und trotzdem häuft er weiterhin Besitztümer an, schmiedet Pläne und sorgt sich um sein Dasein in einer Welt, in der es ihm so schlecht ergangen ist — er kann einfach nicht anders.
Worin bestehen meine Sünden, dass ich mir dieses bittere Schicksal verdient habe? Dass ich mit ansehen musste, wie mein Clan von roten Macheten zusammengestutzt wurde? Wie meine Geschäfte niederbrannten und meine Klipper untergingen? Er schließt die Augen und verdrängt die Erinnerungen. Bedauern ist Leiden.
Er atmet tief durch, richtet sich steifbeinig auf und lässt den Blick durch das Zimmer schweifen, um sich zu vergewissern, dass alles an seinem Platz ist. Dann dreht er sich um und schiebt seine Tür auf. Holz kratzt über Sand. Er schlüpft hinaus in die enge Gasse, die Hauptdurchgangsstraße des Slums. Die Tür sichert er mit einer Lederkordel. Ein Knoten, mehr nicht. In das Zimmer ist bereits eingebrochen worden. Und nicht zum letzten Mal. Das hat er einkalkuliert. Ein großes Schloss würde nur die Aufmerksamkeit der falschen Leute auf sich ziehen; ein armseliges Stück Leder lockt niemanden.
Der Weg, der aus dem Yaowarat-Slum hinausführt, ist von Menschen gesäumt, die im Dunkeln kauern. Die Hitze der Trockenzeit lastet auf Hock Seng — sie ist so stark, dass sie allen den Atem zu rauben scheint, und das trotz der Chao-Phraya-Deiche, die schattenhaft aufragen. Von der Hitze gibt es kein Entkommen. Sollte der Damm brechen, würde das ganze Elendsviertel in kaltem Wasser ertrinken, aber bis das geschieht, stolpert Hock Seng schwitzend durch das Labyrinth der Gassen und drückt sich gegen zweckentfremdete Blechwände.
Er springt über offene Abflussgräben voller Scheiße. Balanciert über Planken und schlüpft an Frauen vorbei, die über dampfenden Töpfen mit U-Tex-Glasnudeln und stinkendem, in der Sonne getrocknetem Fisch schwitzen. Ein paar der mobilen Garküchen, die entweder die Weißhemden oder den Pi Lien des Slums bestochen haben, unterhalten auf der Straße kleine Dungfeuer, und der dichte Qualm und der Geruch von erhitztem Chiliöl erfüllen die Gassen.
Vorsichtig macht er einen Bogen um dreifach abgeschlossene Fahrräder. Kleider und Kochtöpfe und Abfälle quellen unter Abdeckplanen hervor auf den Bürgersteig. Menschen rascheln die Wände entlang: Ein Mann hustet sich durch die letzten Stadien einer Wasserlunge; eine Frau beklagt sich darüber, dass sich ihr Sohn unablässig mit Lao-Lao betrinkt; ein kleines Mädchen droht ihrem Brüderchen Schläge an. In den aus Planen errichteten Hütten ist Privatsphäre ein Fremdwort, aber zumindest halten die Wände eine höfliche Illusion aufrecht. Das ist auf jeden Fall besser, als zusammen mit den anderen Yellow Cards in den Expansionshochhäusern eingesperrt zu sein. Für Hock Seng ist dieses Elendsviertel ein Luxus. Unter den einheimischen Thai fällt er nicht weiter auf. Hier ist er sogar sicherer als in Malaya. Wenn er den Mund hält und sich nicht durch seinen Akzent verrät, könnte man meinen, er wäre hier geboren.