Выбрать главу

»Nicht mit AgriGen.«

Jaidee lächelt verbittert und zieht die Hand von dem gestürzten Baum zurück. »Nein, mit denen nicht. Aber mit ihresgleichen, das schon. Mit Genfledderern. Kalorienmännern. Sogar mit PurCal, wenn die Hungersnot richtig schlimm wird. Warum sonst lassen wir zu, dass sie sich draußen auf Koh Angrit ausbreiten? Für den Fall, dass wir versagen und sie um Reis und Weizen und Soja anflehen müssen!«

»Wir haben jetzt unsere eigenen Genfledderer.«

»Dank der Voraussicht Ihrer königlichen Majestät Rama XII.«

»Und dank Chaopraya Gi Bu Sen.«

»Chaopraya.« Jaidee verzieht das Gesicht. »Niemand, der so böse ist, sollte sich mit einem so ehrenvollen Titel schmücken dürfen.«

Kanya zuckt mit den Achseln, lässt sich aber auf keine Diskussion ein. Bald haben sie den Bobaum hinter sich gelassen. An der Srinakharin Bridge steigen sie aus. Der Geruch der Garküchen zieht Jaidee geradezu magnetisch an. Er bedeutet Kanya, ihm zu folgen, und bahnt sich einen Weg in eine kleine Soi. »Somchai hat erzählt, hier unten gäbe es einen guten Som-Tam-Stand. Schöne, saubere Papayas.«

»Ich habe keinen Hunger«, sagt Kanya.

»Deshalb haben Sie ja auch immer so schlechte Laune.«

»Jaidee …« Kanya beendet den Satz nicht.

Jaidee wirft ihr einen fragenden Blick zu — ihr sorgenvoller Gesichtsausdruck ist nicht zu verkennen. »Was ist denn? Los, raus damit!«

»Ich mache mir Sorgen wegen der Ankerplätze.«

Jaidee zuckt mit den Schultern. »Dazu gibt es keinen Grund.«

Entlang der Gasse reihen sich dicht an dicht Garküchen und Tische. Kleine Schüsseln Nam Plaa Prik stehen ordentlich in der Mitte der zweckentfremdeten Holzplanken. »Sehen Sie? Somchai hatte Recht.« Er entdeckt den Salatstand, nach dem er gesucht hat, und begutachtet die Gewürze und Früchte. Als Kanya zu ihm tritt — eine kompakte Wolke düsterer Stimmung —, bestellt er bereits.

»Zweihunderttausend Baht ist auch für Akkarat eine Menge Geld«, murmelt sie, während Jaidee die Som-Tam-Verkäuferin bittet, noch mehr Chilis aufzutun.

Die Frau rührt die zerstampften Papayas unter die Gewürzmischung, und Jaidee nickt nachdenklich. »Das ist wahr. Ich hatte keine Ahnung, dass da draußen so viel Geld verdient wird.«

Es wäre genug, um ein neues Gentech-Labor zu finanzieren oder fünfhundert Weißhemden anzuheuern, um Inspektionen in den Buntbarsch-Farmen von Thonburi durchzuführen … Er schüttelt den Kopf. Dabei war das nur eine einzige Razzia gewesen!

Er kann es noch immer nicht fassen.

Es gibt Augenblicke, da glaubt er, die Welt zu verstehen; und dann wieder, wenn es ihm gelingt, einen weiteren Skandal aufzudecken, der in der Heiligen Stadt unter den Teppich gekehrt wurde, stößt er auf Kakerlaken, wo er nie welche vermutet hätte. In der Tat, etwas Neues.

Er schlendert zur nächsten Garküche weiter; dort werden mit Chilis gespicktes Schweinefleisch und Bambusspitzen von RedStar feilgeboten. Schlangenkopf-Plaa, erst heute aus dem Chao Phraya gezogen und in Backteig knusprig gebraten. Er bestellt sich noch mehr zu essen, genug für sie beide, und Sato zu trinken. Er lässt sich an einem nicht überdachten Tisch nieder, und das Essen wird gebracht.

Wie er so nach getaner Arbeit auf einem Bambushocker schaukelt und ein Reisbier seinen Bauch wärmt, kann Jaidee über seine mürrische Untergebene nur lächeln.

Obwohl vor ihr auf dem Tisch gutes Essen steht, bleibt Kanya sich treu. »Khun Bhirombhakdi hat sich im Präsidium über Sie beschwert«, sagt sie. »Er hat erklärt, er würde zu General Pracha gehen und dafür sorgen, dass jemand Ihnen die lächelnden Lippen herausreißt.«

Jaidee schaufelt sich Chilis in den Mund. »Vor dem habe ich keine Angst.«

»Die Ankerplätze gehörten offenbar zu seinem Revier. Wo er Schutzgelder erpresst hat und sich schmieren ließ.«

»Erst machen Sie sich Sorgen um das Handelsministerium, und jetzt zerbrechen Sie sich wegen Bhirombhakdi den Kopf. Der alte Mann hat doch Angst vor seinem eigenen Schatten. Seine Frau muss jedes Gericht vorkosten, damit er keine Rostwelke bekommt.« Er schüttelt den Kopf. »Hören Sie auf, so griesgrämig zu sein. Sie sollten öfter lächeln. Ein wenig lachen. Hier, trinken Sie das.« Jaidee schenkt seinem Leutnant Sato nach. »Früher hieß unser Königreich das Land des Lächelns. « Jaidee veranschaulicht, was er gesagt hat. »Und Sie sitzen da und schauen bekümmert drein, als müssten Sie den ganzen Tag Zitronen essen.«

»Vielleicht hatten wir damals mehr Grund zu lächeln.«

»Tja, das mag richtig sein.« Jaidee stellt seinen Sato zurück auf den zerkratzten Tisch und starrt ihn nachdenklich an. »In unseren früheren Leben müssen wir schreckliche Dinge getan haben, um dieses Leben verdient zu haben. Anders kann ich mir das alles nicht erklären.«

Kanya seufzt. »Manchmal sehe ich den Geist meiner Großmutter, wie sie in dem Chedi in der Nähe meines Hauses herumirrt. Sie hat mir erklärt, sie könne nicht wiedergeboren werden, bevor wir nicht eine bessere Welt erschaffen haben, in die sie zurückkehren kann.«

»Schon wieder ein Phii aus der Zeit vor der Großen Kontraktion? Wie hat sie Sie gefunden? Stammte sie nicht auch aus Isaan?«

»Sie hat mich trotzdem gefunden.« Kanya zuckt mit den Achseln. »Sie ist sehr unzufrieden mit mir.«

»Ja nun, wahrscheinlich werden wir genauso unzufrieden sein.«

Auch Jaidee hat diese Geister gesehen, die manchmal die Prachtstraßen entlangschreiten oder in den Bäumen sitzen. Die Phii sind jetzt allgegenwärtig. Man kann sie schon gar nicht mehr zählen. Er hat sie auf den Friedhöfen gesehen und wie sie sich an die Gebeine durchlöcherter Bobäume lehnten, und alle blickten sie ihn verärgert an.

Spiritistische Medien erzählen unentwegt davon, dass die Phii vor Enttäuschung fast verrückt werden, dass sie nicht wiedergeboren werden können und daher verweilen, wie die Menschenmassen am Bahnhof von Hua Lamphong, die auf eine Fahrt zu den Stränden hoffen. Sie warten auf ihre Wiedergeburt, doch die ist ihnen verwehrt, da sie die Leiden ebendieser Welt nicht verdient haben.

Mönchen wie Ajahn Suthep zufolge ist das allerdings Unsinn. Er verkauft Amulette zum Schutz gegen die Phii, und seiner Meinung nach sind das nichts als hungrige Geister, entstanden durch einen unnatürlichen Tod nach dem Verzehr von mit Rostwelke befallenem Gemüse. Jeder kann an seinem Hausschrein ein Opfer darbringen oder sogar zum Erawan-Schrein gehen, Brahma opfern und vielleicht den Tänzerinnen etwas spenden, damit sie Brahma gewogen stimmen, etwas Hoffnung erkaufen, damit die Geister zur Ruhe kommen und die Reise in ihre nächste Inkarnation antreten können. Eine solche Hoffnung ist nicht völlig unbegründet.

Trotzdem sind die Geister überall. Darüber sind sich alle einig. Die Opfer von AgriGen und PurCal und ihresgleichen.

Jaidee sagt: »Das mit Ihrer Großmutter würde ich nicht persönlich nehmen. Bei Vollmond habe ich auch schon gesehen, wie sich die Phii um das Umweltministerium drängten. Viele Dutzende.« Er lächelt traurig. »Das lässt sich einfach nicht mehr in Ordnung bringen. Wenn ich daran denke, dass Niwat und Surat in dieser Welt …« Er atmet tief durch — Kanya gegenüber will er nicht zeigen, wie sehr ihm das alles nahegeht. Also trinkt er noch einen Schluck. »Jedenfalls ist es gut zu kämpfen. Wenn wir nur ein paar Manager von AgriGen oder PurCal in die Finger bekämen — die würde ich glatt erwürgen. Oder ihnen eine Kostprobe von Rostwelke AG134.s verabreichen. Dann hätte mein Leben einen Sinn, und ich könnte glücklich sterben.«

»Sie werden wahrscheinlich auch nicht wiedergeboren«, stellt Kanya fest. »Sie sind zu gut, um noch einmal in dieser Hölle zu landen.«