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»Ebenso könnten irgendwelche Farang dahinterstecken, oder der Kadaverkönig — ihm hat schon immer missfallen, dass du dich im Ring nicht hast bestechen lassen. Oder irgendein anderer Pate, ein Jao Por, der an einer Schmuggeloperation Geld verloren hat.«

»Von denen würde niemand so tief sinken. Das war das Handelsministerium. Da war ein Mann …«

»Hör auf!« Pracha schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch. »Hast du denn überhaupt eine Ahnung, wie viele Feinde du dir in letzter Zeit gemacht hast? Sogar ein Chaopraya vom Palast wurde hier vorstellig und hat sich beschwert. Dahinter könnte jeder stecken!«

»Heißt das, dass du mir die Schuld gibst?«

Pracha seufzt. »Es bringt überhaupt nichts, nach einem Schuldigen zu suchen. Was geschehen ist, ist geschehen. Du hast dir Feinde gemacht. Ich habe es zugelassen.« Er legt den Kopf in die Hände. »Wir müssen uns öffentlich entschuldigen. Sie irgendwie beschwichtigen.«

»Das kommt gar nicht infrage.«

»Nicht?« Pracha lacht verbittert. »Deinen törichten Stolz solltest du besser runterschlucken.« Er streicht über die Fotografie von Chaya. »Was meinst du, was werden sie als Nächstes tun? Solche Heeya hatten wir seit der letzten Expansion nicht mehr. Geld um jeden Preis. Reichtum um jeden Preis.« Er verzieht das Gesicht. »Im Moment haben wir vielleicht noch eine Chance, sie lebend zurückzubekommen. Aber wenn du so weitermachst?« Er schüttelt den Kopf. »Dann werden sie Chaya abschlachten. Das sind Tiere.«

Er hält einen Moment inne und fährt dann fort: »Du wirst dich für das, was du auf den Ankerplätzen getan hast, in aller Öffentlichkeit entschuldigen. Und du wirst degradiert werden. Wahrscheinlich versetzen sie sich in den Süden, wo du Yellow Cards abfertigen und in den Lagern für Ordnung sorgen kannst.«

Er seufzt und betrachtet wieder das Bild. »Und wenn wir sehr sehr vorsichtig sind und sehr viel Glück haben, siehst du Chaya vielleicht wieder. Schau mich nicht so an, Jaidee. Wenn du noch immer im Muay-Thai-Ring stündest, würde ich meinen letzten Baht auf dich verwetten. Aber dieser Kampf wird nach anderen Regeln geführt.«

Pracha beugt sich vor und sagt fast flehentlich: »Bitte. Tu, was ich sage. Beuge dich diesem Wind.«

12

Woher hätte Hock Seng wissen sollen, dass die Ankerplätze geschlossen werden würden? Woher hätte er wissen sollen, dass all die Schmiergelder, die er gezahlt hatte, sich wegen dieses Tigers von Bangkok als nutzlos erweisen würden?

Hock Seng muss an sein Treffen mit Mr Lake denken und verzieht das Gesicht. Er hat sich vor dem blassen Ungeheuer ducken müssen wie vor einem Gott! Und diese Kreatur hat ihn gedemütigt, in einem fort geschrien und geflucht und seinen Kopf mit Zeitungen bearbeitet — Zeitungen, auf deren sämtlichen Titelseiten Jaidee Rojjanasukchai prangte. Der Tiger von Bangkok, Fluch aller ehrlichen Geschäftsleute, schlimmer als alle Dämonen Thailands.

» Khun … «, hat Hock Seng zu widersprechen versucht, aber Mr Lake hat ihm das Wort abgeschnitten.

»Sie haben behauptet, es sei alles in die Wege geleitet!«, brüllte er. »Sagen Sie mir einen guten Grund, warum ich Sie nicht feuern soll!«

Hock Seng hat sich unter dem Angriff geduckt — er musste sich zusammenreißen, um sich nicht zu verteidigen. Er hat versucht sich zu rechtfertigen. »Khun, alle haben etwas verloren. Die Schuld liegt bei Carlyle & Sons. Mr Carlyle steht Handelsminister Akkarat zu nahe. Er provoziert die Weißhemden unablässig. Beleidigt sie und …«

»Lenken Sie nicht ab! Die Algentanks hätten den Zoll schon letzte Woche passieren sollen. Sie haben mir erklärt, Sie hätten die Schmiergelder ausgezahlt. Und jetzt finde ich heraus, dass Sie Geld zurückgehalten haben. Nicht Carlyle ist schuld, sondern Sie. Sie ganz allein.«

»Khun, der Tiger von Bangkok hat sich eingemischt. Der Mann ist eine Naturgewalt. Ein Erdbeben, ein Tsunami. Wie hätte ich denn wissen sollen …«

»Ich habe es satt, angelogen zu werden. Glauben Sie denn, weil ich ein Farang bin, sei ich dumm? Ich sehe doch, wie Sie die Bücher fälschen. Wie Sie manipulieren und lügen und …«

»Ich lüge nicht …«

»Ihre Erklärungen und Entschuldigungen interessieren mich nicht! Ihre Worte sind wertlos! Mich interessiert nicht, was Sie sagen. Mich interessiert nicht, was Sie denken oder fühlen. Mich interessieren nur Ergebnisse. Entweder gelingt es Ihnen, die Zuverlässigkeit der Produktion bis Ende des Monats auf vierzig Prozent zu steigern, oder Sie machen, dass Sie in Ihr Yellow-Card-Hochhaus zurückkommen. Sie haben die Wahl. Sie haben einen Monat, bevor ich Sie rauswerfe und mir einen anderen Betriebsleiter suche!«

»Khun …«

»Haben wir uns verstanden?«

Hock Seng hat auf den Boden gestarrt, so dass diese Kreatur seinen verbitterten Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. »Natürlich, Lake Xiansheng, ich verstehe. Ich werde alles tun, was Sie sagen.«

Er konnte seinen Satz kaum beenden — der fremde Teufel hat Hock Seng einfach stehen lassen und ist aus dem Büro stolziert. Das war eine solche Beleidigung, dass Hock Seng daran gedacht hat, Säure auf den großen Tresor zu gießen und die Pläne der Fabrik einfach zu stehlen. Er hat so sehr geschäumt vor Wut, dass er schon vor den Lagerschränken stand, bevor er wieder zu Verstand gekommen ist.

Wenn die Fabrik von irgendeinem Unglück heimgesucht oder der Tresor ausgeraubt würde, würde der Verdacht zuallererst auf ihn fallen. Wenn er in diesem neuen Land jemals etwas aus seinem Leben machen wollte, darf er seinen Namen nicht noch weiter belasten. Die Weißhemden brauchen nur einen einzigen Vorwand, um ihm die Yellow Card zu entziehen. Mit dem größten Vergnügen würden sie einen verarmten Chinesen zurück über die Grenze jagen und den Fundamentalisten ausliefern. Er muss sich in Geduld üben. Und in dieser tamade Fabrik schlicht den kommenden Tag überstehen.

Also treibt Hock Seng die Angestellten unbarmherzig an, bewilligt Reparaturen, die noch mehr Geld kosten, und setzt sogar sein eigenes, mit großer Geduld veruntreutes Geld ein, um alle möglichen Hindernisse aus dem Weg zu räumen, damit die Forderungen von Mr Lake nicht eskalieren, damit der tamade fremde Teufel ihm das Leben nicht noch mehr zur Hölle macht. Sie führen Testläufe mit dem Fließband durch, reißen alte Antriebsketten heraus und suchen in ganz Bangkok nach Teakholz für eine neue Spindel.

Er beauftragt Lachender Chan, jedem Yellow Card in der Stadt eine Prämie zu bieten, der von Gerüchten über alte Gebäude aus der Expansionszeit weiß, die eingestürzt sind und unter denen Wiederverwertbares zum Vorschein gekommen ist. Alles, was es ihnen ermöglicht, die Produktion wieder auf vollen Touren laufen zu lassen, bevor der Monsun die Flüsse endlich wieder schiffbar macht und den Transport einer neuen Teakspindel ermöglicht.

Hock Seng knirscht mit den Zähnen, so frustriert ist er. Seine Pläne stehen kurz davor, Früchte zu tragen, und ausgerechnet jetzt hängt sein Überleben von einer Fertigungsstraße ab, die noch nie richtig funktioniert hat, und von Menschen, für die Erfolg ein Fremdwort ist. Fast lässt er sich dazu hinreißen, es dem fremden Teufel mit gleicher Münze heimzuzahlen und Mr Lake zu offenbaren, dass er sehr genau darüber Bescheid weiß, was dieser sonst noch so treibt. Dank der Berichte von Lao Gu kennt er jeden Ort, dem Mr Lake einen Besuch abgestattet hat, von den Bibliotheken bis hin zu den Wohnhäusern reicher Familien. Auch seine Faszination für Samen ist ihm nicht entgangen.