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Doch jetzt ist etwas so Erstaunliches vorgefallen, dass Lao Gu sofort zu Hock Seng geeilt ist. Ein Aufziehmädchen. Eine illegale genetische Missgeburt. Ein Mädchen, dem Mr Lake nachstellt, als wäre er trunken von seiner eigenen Verworfenheit. Lao Gu hat im Flüsterton erzählt, dass Mr Lake mit dieser Kreatur das Bett teilt. Immer wieder. Dass er sich nach ihr verzehrt.

Erstaunlich. Ekelerregend.

Nützlich.

Allerdings wird Hock Seng auf diese Waffe nur im Notfall zurückgreifen — falls Mr Lake wirklich ernst macht und ihn aus der Fabrik jagt. Es ist besser, wenn Lao Gu weiter die Augen offen hält und Informationen sammelt. Wenn Hock Seng sich jetzt eine Blöße gibt, wird er möglicherweise gefeuert.

Als er zum ersten Mal die Dienste Lao Gus in Anspruch nahm, hat er genau eine solche Möglichkeit vorausgesehen. Allerdings darf er dieses Druckmittel nicht verschwenden, nur weil er wütend ist. Und deshalb springt Hock Seng wie ein Affe in der Fabrik herum, um den fremden Teufel zufriedenzustellen, und das, obwohl er so sehr das Gesicht verloren hat, dass fast nichts mehr davon übrig ist.

Hock Seng zieht eine Grimasse, während er durch die Fertigungshalle eilt — Kit hat ihn auf ein weiteres Problem aufmerksam gemacht. Probleme. Nichts als Probleme.

Der Lärm der Reparaturen klingt ihm in den Ohren. Die Hälfte des Räderwerks ist aus dem Boden gerissen und neu eingestellt worden. Von der anderen Seite der Halle tönen die Gesänge der buddhistischen Mönche zu ihnen herüber; sie spannen den heiligen Faden, den die Thai Saisin nennen, und beschwören die Geister, die die Fabrik heimsuchen, damit diese den Betriebsablauf nicht weiter behindern — die meisten davon wahrscheinlich Phii aus der Zeit der Großen Expansion, die empört sind, dass Thai überhaupt für Farang arbeiten. Bei dem Anblick der Mönche muss Hock Seng daran denken, was sie kosten, und verzieht erneut das Gesicht.

»Was ist denn jetzt schon wieder?«, fragt er, als er sich an den Stanzmaschinen vorbeiquetscht und unter dem Fließband hindurchduckt.

»Dort drüben, Khun. Ich zeige es Ihnen«, sagt Kit.

Der salzig warme Algengestank wird stärker, ein feuchter Mief, der schwer in der Luft hängt. Kit deutet auf die Algentanks, die in einer Reihe nebeneinanderstehen — drei Dutzend Brutbottiche, die nach oben hin offen sind. Eine Arbeiterin zieht ihr Netz über die Oberfläche der Tanks und schöpft den Überstand ab. Sie schmiert ihn auf ein mannsgroßes Gittersieb, bevor sie dieses an Hanfseilen zur Decke hinaufzieht, wo Hunderte gleichartiger Siebe hängen.

»Es geht um die Tanks«, sagt Kit. »Sie sind kontaminiert.«

»Und?« Hock Seng betrachtet die Tanks und verbirgt seinen Widerwillen. »Wo liegt das Problem?«

In den gesündesten Bottichen ist der Überstand zehn Zentimeter dick, eine weiche, chlorophyllgrüne Schicht. Sie verströmt den durchdringenden, lebendigen Geruch von Meerwasser. Feuchtigkeit rinnt an der Seite der durchsichtigen Tanks herunter, schmale Rinnsale, die sich auf dem Boden niederschlagen und eine salzweiße Kruste zurücklassen, wenn sie verdunsten. Noch lebende Algen werden zu den rostigen Abflussgittern geschwemmt und verschwinden in der Finsternis.

Schweine-DNA und noch etwas anderes … Flachs, wenn sich Hock Seng nicht täuscht. Flachs, so glaubte Mr Yates, sei der Schlüssel, um diese Algen zu bändigen. Damit sie diesen nützlichen Überstand produzierten. Hock Seng hatte dagegen schon immer etwas für Schweineproteine übrig. Schweine bringen Glück. Dasselbe sollte für diese Alge gelten. Stattdessen haben sie nichts als Ärger gemacht, trotz ihres Potenzials.

Kit lächelt nervös, als er Hock Seng zeigt, wie wenig produktiv die Algen in einigen Tanks nur noch sind — ein Überstand von seltsamer Farbe, und ein Gestank, der eher an Garnelenpaste erinnert und wenig Ähnlichkeit mit dem frischen salzigen Geruch der aktiveren Tanks hat.

»Banyat hat gesagt, wir sollen die nicht verwenden. Wir sollten warten, bis Ersatz eintrifft.«

Hock Seng lacht unfreundlich und schüttelt den Kopf. »Da können wir lange warten. Der Tiger von Bangkok verbrennt alles, was auf den Ankerplätzen eintrifft. Du wirst dir mit dem behelfen müssen, was wir haben.«

»Aber sie sind kontaminiert! Und womöglich haben wir es mit einem ansteckenden Keim zu tun. Das Problem könnte sich auf die anderen Tanks ausbreiten.«

»Bist du dir sicher?«

»Banyat hat gesagt …«

»Banyat ist einem Megodonten unter die Füße gelaufen. Und wenn dieses Fließband nicht bald wieder läuft, schickt uns der Farang auf die Straße, wo wir verhungern.«

»Aber …«

»Glaubst du, da draußen warten nicht fünfzig andere Thai auf deinen Job? Und eintausend Yellow Cards?«

Kit schließt den Mund. Hock Seng nickt grimmig. »Sorge dafür, dass die Produktion wieder anläuft.«

»Wenn die Weißhemden hier eine Inspektion durchführen, werden sie sehen, dass die Tanks verunreinigt sind.« Kit fährt mit dem Finger durch eine graue Schaumschicht, die am Rand eines Bottichs klebt. »Das hier dürfte es gar nicht geben. Die Algen müssten viel heller sein. Und auch die Blasen sind ein schlechtes Zeichen.«

Hock Seng betrachtet die Tanks mit gerunzelter Stirn. »Wenn die Produktion nicht bald wieder anläuft, werden wir verhungern.« Er möchte noch etwas hinzufügen, doch da kommt die kleine Mai hereingerannt.

»Khun. Da ist ein Mann, der Sie sucht.«

Hock Seng wirft ihr einen ungeduldigen Blick zu. »Möglicherweise jemand, der etwas von einer neuen Spindel weiß? Oder von einem Teakstamm vielleicht, der aus einem Tempel gerissen worden ist?« Angesichts dieser Blasphemie öffnet und schließt Mai sprachlos den Mund. Hock Seng ist das gleichgültig. »Wenn dieser Mann keine Drehspindel für mich hat, habe ich keine Zeit für ihn.« Er wendet sich wieder Kit zu. »Wäre es möglich, die Bottiche auszukippen und zu schrubben?«

Kit zuckt unverbindlich mit den Achseln. »Wir können es versuchen. Aber Banyat hat gesagt, dass wir nicht neu anfangen können, solange wir keine neuen Nährstofflösungen haben. Sonst sind wir gezwungen, die Lösungen zu verwenden, die aus denselben Tanks stammen. Und das Problem wird sich sehr wahrscheinlich wieder ergeben.«

» Können wir nicht aussieben? Irgendwie filtern?«

»Die Tanks und Lösungen lassen sich nicht vollständig reinigen. Irgendwann werden sich die Keime ausbreiten. Und dann sind alle Tanks kontaminiert.«

»Irgendwann? Ist das alles? Irgendwann?« Hock Seng sieht ihn wütend an. »›Irgendwann‹ interessiert mich nicht. Entscheidend ist dieser Monat. Wenn die Fabrik nichts produziert, werden wir keine Gelegenheit haben, uns um das ›irgendwann‹ zu sorgen, von dem du da redest. Dann bist du wieder in Thonburi, wühlst in Hühnereingeweiden und hoffst, dass du dir keine Grippe einfängst. Und ich werde wieder in einem Yellow-Card-Hochhaus sitzen. Mach dir mal keine Gedanken darüber, was morgen passiert. Sondern sorge dafür, dass Mr Lake uns nicht heute auf die Straße setzt. Gebrauche deine Fantasie. Finde einen Weg, dass diese tamade Algen sich vermehren!«

Nicht zum ersten Mal verflucht er die Tatsache, dass er mit Thai zusammenarbeiten muss. Ihnen fehlt einfach der Unternehmergeist, den jeder Chinese im Blut hat.

»Khun?«

Mai steht immer noch neben ihnen. Als er ihr einen wütenden Blick zuwirft, zuckt sie zusammen.

»Der Mann sagt, das sei Ihre letzte Chance.«

»Meine letzte Chance? Wo ist dieser Heeya?« Hock Seng schiebt die Vorhänge an der Tür des Klärraums beiseite und stürmt in die Fertigungshalle hinaus. Hier mühen sich die Megodonten ab, die Kurbelspindeln am Laufen zu halten, und verbrennen Geld, das nicht zur Verfügung steht. Hock Seng bleibt wie angewurzelt stehen, wischt sich die Überreste der Algen von den Händen und kommt sich vor wie ein verängstigter Narr.