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Li sagte ohne Umschweife: »Ich wünsche die volle Evakuierung der Meeresstation.«

Degrandpre blinzelte. »Sie wissen, Sie haben nicht die Autorität…«

»Manager, es tut mir Leid, aber jede Minute zählt. Was auch immer Kapsel Sechs zerstört hat, es hat erst die Männer befallen, dann die Elektrik und dann die Struktur der Kapsel — und das alles in weniger als einer Stunde. Ich möchte nicht noch mehr Leute verlieren.«

»Unsere Telemetrie sagt, das Problem blieb bei Kapsel Sechs. Wenn Sie irgendeinen Beweis für das Gegenteil haben, würde ich ihn gerne kennen lernen.«

»Mit allem Respekt, beweisen kann ich überhaupt nichts! Fest steht, dass eins von meinen Laboratorien am Meeresgrund liegt und zwei von meinen Leuten tot sind. Zur fraglichen Zeit befand sich bakterielle Plaque in ihrer Glove-Box. Ich habe keine Ahnung, ob das mit dem Problem zu tun hat oder nicht, aber wir haben ähnliche Organismen in fast jeder Glove-Box. Wenn die Gefahr von dieser Plaque…«

»Woher wollen Sie das wissen?«

»Eben, und genau deshalb…«

»Sie schlagen also vor, wegen eines Unfalls und Ihrer Vermutung eine ungeheuer kostbare Ressource aufzugeben?«

»Wir können die Station jederzeit wieder in Betrieb nehmen.«

»Mit einem enormen Aufwand an Ressourcen und Arbeitsstunden.«

»Manager… wollen Sie wirklich dieses Risiko eingehen?«

Der Mistkerl versucht den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Degrandpre hörte ihn schon vor der Untersuchungskommission aussagen: Obwohl ich mit unmissverständlichen Worten um eine Evakuierung ersucht habe…

»Geben Sie mir jede abgesicherte Information, die sie zufällig haben, Dr. Li, und wir werden sie berücksichtigen.«

Li biss sich auf die Lippe, hütete sich aber zu insistieren. »Wenn Sie sich unsere Telemetrie ansehen, wissen Sie genauso viel wie ich. Heute Morgen ereignete sich irgendetwas Schlimmes in der Kapsel. Kein Lebenszeichen von der Crew, nur die Alarmsirene. Ich ließ die Schotts dichtmachen. Kurz darauf fielen aus ungeklärten Gründen die Lebenserhaltungssysteme und die gesamte Elektrik der Kapsel aus. Eine Stunde später verlor die Hülle ihre Stabilität und gab dem Außendruck nach. Mehr wissen wir nicht.«

»Konnten Sie irgendwelche Wrackteile bergen?«

»Wir haben weder die Roboter noch die Tauchermonturen, um Wrackteile zu bergen.«

»Verstehe. Sie lassen den Shuttle für die Evakuierung vorbereiten, warten aber auf meine Order. Inzwischen versuchen Sie, irgendetwas Beweiskräftiges zu finden, das zufällig an der Oberfläche treibt. Alles bleibt unter Quarantäne, bis auf die Archivproben für die Glove-Boxen.«

»Nehmen Sie zu Protokoll, dass ich dringend dazu rate, die Station auf der Stelle zu evakuieren und alle Nachforschungen ferngesteuert durchzuführen.«

»Verstanden. Danke für Ihre Meinung. Und tun Sie bitte, was ich sage.«

Er überließ die Verbindung einem Untergebenen.

* * *

Nachdem der Vorfall aktenkundig und alles Notwendige veranlasst war — und in Ermangelung eines weiteren Alarms —, ließ Degrandpre sich von seinem Assistenten vertreten und gab Anweisung, ihn zu rufen, falls die Lage sich verschlechtere.

Die Uhr sagte, dass er seit nahezu vier Stunden nichts mehr gegessen hatte — der Grund, warum auch alle anderen in der Leitstelle nichts gegessen hatten. Er veranlasste einen Schichtwechsel und ließ jedem, der noch Dienst tat, eine Mahlzeit bringen, von Robotern, versteht sich.

Dann ging er in die Robotkantine, wo er Corbus Nefford antraf, der versonnen dasaß und geschmorte Paprikaschoten auf Basmati-Reis verspeiste. Die Gärten gaben ein paar Gewürze her und die IOS biosynthetisierte noch ein paar dazu, doch Neffords Teller roch auffallend nach frischem Knoblauch und Basilikum.

Der Arzt betrachtete ihn mit unverhohlenem Vergnügen. »Sie leisten mir Gesellschaft, Manager?«

Müde, wie er war, ließ Degrandpre sich auf einem freien Stuhl gegenüber Nefford nieder. »Ich nehme an, Sie haben davon gehört.«

»Von dem Zwischenfall in der Meeresstation? Ein bisschen.«

»Weil ich nämlich nicht darüber reden möchte.«

»Die Sache ist ausgestanden?«

»Ja.« War das Wunschdenken? »Die Sache ist ausgestanden.«

»Zwei Tote?«

»Scheint, als wären sie genauso gut informiert wie ich. Nun reden Sie von was anderem, Corbus, oder Sie halten den Mund und lassen mich essen.« Der Robotkellner wartete. Degrandpre war hungrig, verlangte aber etwas Leichtes — einen Salat mit Proteinstreifen.

Der Zurechtgewiesene schwieg kurz, ehe ihm ein neues Thema einfieclass="underline" »Es gibt frische Turing-Generatoren von der Erde, wie man hört.«

»Wenn wir Sie nicht hätten, Corbus. Wusste gar nicht, dass Sie auch an technischen Prozessen interessiert sind.«

»Nur, soweit sie meine Zukunft beeinflussen, Manager. Vielleicht noch die Ihre.«

»Neue Turing-Generatoren? Ich kann mich nicht erinnern, einer Umstellung zugestimmt zu haben… oder handelt es sich um die Algorithmen vom nächsten Jahr?«

»Nagelneue Generatoren, wie es scheint, laut Technik mit Dringlichkeitsstufe Eins markiert.«

»Wir haben alle Hände voll zu tun, um die Wartungsprogramme einzuhalten. Wir werden unsere Quoten anpassen müssen, es sei denn, das ist eine Festschreibung.«

»Wenn es nach Devices & Personnel geht, dann sollen unsere Turing-Fabriken Teile für ein Planeteninterferometer herstellen.«

»Unfug. Die haben diese Idee vor Jahren in die Welt gesetzt. Naja, irgendwann wird, muss es dazu kommen… Vermessen der lokalen Sterne, vielleicht sogar Higgs-Transfers von hier nach Irgendwo… aber nicht in absehbarer Zukunft.« Ein isisches Interferometer wäre in der Lage, Welten abzubilden, die ein terrestrisches gar nicht entdecken könnte. Aber das alles war Theorie und das würde wahrscheinlich noch lange so bleiben. Weder das Kartell noch die Familien hatten eine rasche galaktische Expansion im Sinn. Die einzigen Stimmen, die einer Beschleunigung das Wort redeten — mit allen fiskalischen Opfern, die damit verbunden waren — gehörten Dissidenten bei Devices & Personnel.

Es sei denn…

Devices & Personnel waren inzwischen so mächtig, dass sie neue Turing-Generatoren verlangen konnten. Würde der Konzern, würde das Kartell wirklich die Hände in den Schoß legen und dabei zusehen?

Er war zu lange nicht mehr auf der Erde gewesen, um das beurteilen zu können.

»Manager?«

Nefford sabberte fast, so sehr wartete er auf eine Reaktion. Degrandpre wollte ihm den Gefallen nicht hin. »Tut mir Leid, Corbus. Ich musste gerade an etwas anderes denken.«

Die Miene des Arztes entgleiste.

»Entschuldigen Sie mich«, sagte Degrandpre und stand auf.

»Und was ist mit Ihrem Salat, Manager?«

»Soll mir aufs Quartier gebracht werden.«

* * *

Acht Stunden später war noch keine neue Entwicklung eingetreten. Sogar Freeman Li war ruhiger geworden und verlangte keine sofortige Evakuierung mehr, drängte aber auf einen ›Plan für alle Fälle‹ — was durchaus vernünftig war. Degrandpre war einverstanden, die Shuttles startbereit zu halten, befahl eine umgehende Untersuchung und ordnete die Kuiper-Frau Elam Mather von Yambuku zum maritimen Außenposten ab, um den Prozess zu beaufsichtigen. Auf ihre Art war sie eine kompetente Kraft und brachte als Pionier-Wissenschaftlerin alles mit, was man zur Überwachung vor allem der Quarantäne- und Isolationsmaßnahmen brauchte.