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Hoch über der westlichen Steppe trieb ein Rudel Zirruswolken. Der Shuttle glitt aus den Wolken hinaus in wässriges Tageslicht. Der Wind war friedlich, obwohl aus der fernen Sturmzelle nördlich des Flusstals Vorhänge aus Regen fielen. Das Copper-Gebirge gen Osten war fast in den Wolken verschwunden; ein paar goldene Finger tasteten über die smaragdgrünen Ausläufer. Yambuku lag an einem relativ trockenen, bewaldeten Hang im Herzen des Westkontinents, doch Isis war grundsätzlich eine feuchte Welt. Fast täglich fiel Regen, und der Wind wurde häufig zum Problem, brachte den Fahrplan der Shuttles zum Erliegen und legte die mobile Außenübertragung lahm.

Hayes trat neben den Zweiten Piloten, der kurz nickte. »Bis jetzt nichts Genaues, Dr. Hayes. Die haben alle Hände voll zu tun. Ich denke, Mac Feya war draußen, um irgendwas zu reparieren und dann bekam der Anzug ein Leck… kein offenes, aber die Dekontaminierung treibt sie um, hinzu kommt, dass der Anzug eine Panne hat und Mac nicht vom Fleck kommt.«

»Ich muss runter«, sagte Hayes.

»Wir tun, was wir können.«

* * *

Das Dock war der größte mit der Station verbundene Komplex. Die Kuppel überragte den sterilen Kern der Station, öffnete sich für die vertikale Landung und schloss sich qualvoll langsam über dem Shuttle. Die isische Atmosphäre wurde evakuiert und die Kammer mit steriler Luft geflutet. Dann die dreifache Dekontaminierung: keimtötende Aerosole, ultraviolettes Licht und Wärmestrahlung, die im Ergebnis nur knapp unter der Wiedereintrittshitze lag. Während dieser endlosen Prozedur redete Hayes mit Cai Connor; solange Hayes abwesend und Mac verhindert war, war Connor der operative Chef von Yambuku.

Connor, eine Spezialistin für Organische Chemie, war fast so erfahren wie Mac Feya. Hayes hatte keinen Zweifel, dass sie mit dem Notfall mindestens so gut umging wie er es getan hätte, doch ihm entging nicht, dass ihre Stimme stockte. »Der Kontakt mit Mac ist sporadisch. Wir haben ferngesteuerte Roboter bei ihm, aber er ist nicht kooperativ. Die Dekontaminierung wird im günstigsten Fall eine heikle Sache, und wir wollen kein Gelenk strapazieren, ein Leck reicht uns…«

»Holen Sie Luft, Cai. Von Anfang an, bitte. Ich weiß nur, dass Mac aus einem technischen Grund draußen war.«

»Es gab schon wieder eine undichte Stelle, diesmal am südlichen Roboterhangar. Sie wissen ja, wie Mac sich über diese Ringpannen aufregen konnte. Offen gesagt, er hätte nicht raus gedurft. Der Alpha-Anzug war in der Inspektion, also nahm er den Beta-Anzug, obwohl der nach der letzten Exkursion nicht mehr in der Werkstatt gewesen war. Vermutlich hätte er das nötig gehabt. Mac befand sich am Hangarschott, nahm Proben von der mangelhaften Dichtung und legte gerade eine Perle Dichtungsmaterial aus der Hand, als sich ein Servomotor in seinem rechten Bein überhitzte. Der Homöostat des Anzugs spielte verrückt, bevor er ganz ausfiel. Der große GAU. Der Servomotor schmolz ein Loch in den äußeren Panzer, und es ist gut möglich, dass die Innendichtung ein Leck hat, die Telemetrie ist da nicht eindeutig. Eins steht fest: Macs Bein hat oberhalb des Knies gekocht. Er hat Schmerzen, auch wenn ihn der Anzug mit Analgetika füttert, und die werden allmählich knapp. Außerdem redet er wirres Zeug, sodass wir nicht auf seine Hilfe zählen können.«

Hayes zuckte zusammen. Gott steh dir bei, Mac. Der Junge wurde von einem kaputten Servomotor an den Boden genagelt, hatte Verbrennungen und Schmerzen und wusste nicht — und das musste das Schlimmste sein — ob seine Bioperipherie noch intakt oder ob er praktisch schon ein toter Mann war. »Cai, der Alpha-Anzug, wie lange dauert die Inspektion noch?«

»Moment.« Sie konsultierte jemanden abseits des Wandlers. »Als Mac Alarm schlug, hab ich mich sofort um Alpha gekümmert. Der Anzug hatte die vorbereitende Diagnostik hinter sich und scheint okay, aber die gründlichen Tests dauern noch an.«

»Nehmen Sie ihn und bereiten Sie ihn vor.«

»Das könnte ein Fehler sein.«

»Bereiten Sie ihn vor, Cai, danke. Und schicken Sie den Tunnel.«

»Okay, schon unterwegs.« Cai klang erleichtert — trotz der geäußerten Zweifel; sie war froh, dass er ihr die Last der Verantwortung wieder abnahm. »Es sind nur noch zwanzig Minuten bis zur Freigabe.«

»Ich will, dass der Anzug bereitsteht, sobald ich aus dem Tunnel bin. Bis dahin tun sie, was immer sie bis jetzt getan haben — stellen Sie Mac so ruhig wie es geht und sorgen Sie dafür, dass die Roboter eine Chordalschiene zur Hand haben. Und geben Sie mir die Telemetrie durch, vielleicht kann ich mir einen Reim darauf machen.«

»Jawohl«, sagte sie rasch. Auf der Station herrschte ein zwangloser Umgangston. Cai, eine Kuiper-Freifrau reinsten Wassers, würde niemals »Sir« zu ihm sagen, wie es die terrestrischen Wissenschaftler anders nicht kannten. Es war ihre Stimme, mit der sie ihm Respekt zollte.

Und er spürte förmlich, wie die kantige Last der Verantwortung wieder in seine Schultern schnitt.

Die Neue, Zoe Fisher, das Retortenbaby, kam aus der Passagierkabine — ihr fabrikneuer Panzeranzug steckte leider noch tief im Laderaum des Shuttles. Ihre Miene war ernst, die Stirn kraus. »Gibt es irgendwas, das ich tun kann?«

»Mir aus dem Weg gehen.« Es war ihm herausgerutscht.

Sie nickte und machte kehrt.

Nicht aufgeben, Mac, dachte Hayes.

Yambuku brauchte nicht noch einen Märtyrer. Isis hatte schon zu viele Leben gefordert.

* * *

Der isische Tag war im Schnitt drei Stunden länger als der irdische, der Neigungswinkel der Drehachse des Planeten war nicht so spitz und die hiesigen Jahreszeiten milder. Die Sonne schwebte über dem Copper-Gebirge, als Hayes in seinem unsäglich klobigen Biopanzer Yambuku verließ. Der Wald ringsum war bereits zugeschüttet mit Schatten; in einer guten Stunde würde die lange isische Abenddämmerung beginnen.

Rings um die Station war der Boden kahl; ein gewaltiges Areal war brandgerodet und mit langlebigen Herbiziden versetzt worden. Yambuku, das Kernstück und die vier konzentrischen Ringe, lag wie ein verlorenes Schmuckstück auf dem verkohlten Ödland. Die Zone sollte verhindern, dass die Pflanzen über die Wände aus Gemengepresslingen wucherten, in Eingängen nisteten und Dichtungen angriffen. Doch die Zone erinnerte Hayes an etwas anderes: den leeren Raum zwischen einer Festung und der Außenmauer; an das Schussfeld.

Die Zone half nicht gegen frei schwebende Mikroorganismen — die wahrscheinlich für die ständigen Dichtungspannen sorgten — und schon begann die Vegetation wieder vorzurücken, grüne Kriechpflanzen, die sich wie zögernde Kundschafter aus dem Schutz des Waldes wagten.

Hayes, der in seiner modernen Ritterrüstung schwitzte, hatte das vertraute Gefühl, zwar in der Landschaft zu sein aber nicht dazu zu gehören. Jede Sinneswahrnehmung — das Knistern des verbrannten Bodens unter seinen Füßen, das Flüstern der Blätter im Wind —, alles wurde von den Sensoren des Anzugs übermittelt. Dicke Handschuhe, so feinfühlend und fingerfertig sie auch waren, dämpften jede Berührung; das Gesichtsfeld war eingeengt, sein Geruchssinn taub. Dieses Flusstal war so üppig und wild wie ein Sommergarten, doch er konnte es nur aus zweiter Hand erleben, als Roboter, als halber Mensch.

Es würde ihn zweifellos bei der erstbesten Gelegenheit töten.

Er folgte der gekrümmten Wandung der Station, die sich wie eine Kalksteinklippe im schrägen Sonnenlicht erhob, und erreichte schließlich die Stelle am Roboterhangar, wo Macabie Feya in der Falle saß.

Das Problem war nicht zu übersehen. Das rechte Bein war unterhalb der Hüfte durchgebrannt und hatte eine züngelnde, verkohlte Lücke in der Außenhülle hinterlassen. Die Primär- und Sekundärhydraulik unterhalb der Taille war in einem hoffnungslosen Zustand. Er hockte in einer linkischen Stellung, schien mitten in der Bewegung erstarrt.