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So gut es ging, blendete Katya Antons Finger aus, die ihren Nacken kneteten, sich in ihren Haaransatz gruben. Nichts anderes als diesen Eisberg nahm sie mehr wahr; sie wünschte, sie könnte hinüberspringen und mit ihm davontreiben.

Im Schein der Laterne wischte Katya einen der Töpfe aus und hängte ihn an den Haken. In voller Fahrt rollte und stampfte das Schiff; sie hatte sich längst daran gewöhnt, in den Knien nachzugeben und ihre Schritte auf den Planken auszubalancieren.

»Du bist etwas ganz Besonders, Kostja«, sagte Anton hinter ihr, während er die Abfälle in einen Eimer kehrte. »Das habe ich gleich gemerkt, schon auf dem Kai.«

Katya hörte nur mit halbem Ohr zu; ihre Gedanken waren noch bei dem Eisberg, den sie bereits weit hinter sich gelassen hatten.

Sie fragte sich, wie alt sein Eis wohl war; uralt, sagte ihr Instinkt. Wie ein Einblick in die Schöpfung der Welt und die Ausdehnung der Zeit. Ein Stück Ewigkeit, unermesslich und unberührt.

Was für eine ungeheure Kraft musste nötig gewesen sein, ihn von seinem gewaltigen Muttereis zu lösen. Ein Naturereignis von ungeahnter Wucht, das sicherlich weitere Kräfte freisetzte. Etwas davon musste noch in diesem Eisberg schlummern, so starr und still er auch durch das Wasser trieb.

»Erstaunlich.« Antons Stimme drang erneut zu ihr. »Dass sonst niemand hier an Bord sieht, wie besonders du bist.«

Etwas Lauerndes in seinen Worten ließ sie aufhorchen, auf zärtliche Weise boshaft klang er.

»Der Moses des Schiffs, der nie seinen Pinsel zum Pinkeln rausholen muss.«

Katyas Gesicht wurde heiß.

»Keine Sorge, ich verrat dich nicht.«

Sie spürte ihn hinter sich, in drohender Massigkeit, und seine Finger kämmten durch ihr kurzes Haar.

»So ein hübsches Mädchen bist du.«

Brüsk wandte sie sich ab; sein Arm schlang sich um sie, und er presste sie gegen den Tisch.

»Lass mich los«, stieß sie hervor.

Katya wusste nicht, wovor sie mehr Angst hatte. Dass Anton ihr wehtat oder die Männer des Schiffs herbeizurufen, wenn sie schrie, und dann als Mädchen aufzufliegen.

Etwas Hartes drückte sich in ihren Rücken, und Katya musste nicht erst raten. Sie war mit großen Brüdern aufgewachsen, die beim Baden im See prahlerisch ihre Männlichkeit zur Schau stellten und miteinander verglichen; sie wusste, wie Zicklein und Lämmer zustande kamen und genauso die kleinen Kinder.

Sie stieß ihn mit den Ellbogen und schlug nach ihm, doch sie bekam keinen Arm frei, und ihre Tritte trafen ins Leere. Anton packte fester zu.

»Sei lieb, ja?«

Unter dem Tisch machte er sich mit schwitzigen Fingern an ihrem Hosenbund zu schaffen.

»Zeig mir dein Schneckchen. Einmal wenigstens. Dann sag ich auch keinem was.«

Das Schiff krängte. Mit einer Hand stützte Anton sich ab und fiel trotzdem schwer gegen Katya. Die Tischkante presste ihr den Atem aus dem Brustkorb.

»Lass mich los«, wiederholte sie keuchend.

Eine fleischige Hand auf dem Holz vor Katya, krochen die Finger von Antons anderer Hand in ihre Hose.

»So ist’s gut«, stöhnte er. »Das ist schön.«

Einen sauren Geschmack im Mund, tastete Katya fahrig umher. Ihre Fingerspitzen streiften den Holzgriff eines Messers, das sie noch nicht abgewaschen hatte, weiter reichte sie nicht heran.

Schnaufend rieb Anton sich an ihr und gab verzückte Laute von sich, während seine Finger am Stoff der Hose zerrten, sich zwischen ihre Beine gruben, in die zarte Haut dort kniffen.

Angestrengt reckte Katya sich nach dem Messer. Wieder und wieder stieß sie es an, damit es sich in ihre Richtung bewegte. Bis sie es endlich zu fassen bekam.

Mit einem hässlichen Knirschen stach die Klinge in Antons Hand, und sein Schrei gellte durch den Bauch des Schiffs.

Anton schlug so hart zu, dass Katyas Kopf zur Seite gerissen wurde, sie auf den Boden stürzte. Aber sie war endlich frei, konnte endlich wieder atmen.

Männer drängten sich polternd und dröhnend in den engen Raum und brüllten sie an, Schläge und Tritte hagelten auf Katya ein. Es war ihr egal.

Für den Moment fühlte sie sich wie der Eisberg, genauso fern und stolz und unberührbar.

Die Robbenfelle im finsteren Laderaum stanken nach altem Fisch, darunter dumpfer Moder. Wenigstens war es warm; eine feuchte Wärme, die von der Decke tropfte und sich klebrig auf die Haut legte.

»Es tut mir leid, dass ich dich da mit hineingezogen habe.«

Katya zerquetschte ein Insekt, das über ihren bloßen Fuß krabbelte; ihre dünne Stimme wurde kräftig.

»Aber es tut mir nicht leid, dass ich zugestochen habe.«

Niemand hatte hören wollen, was sie zu sagen hatte. Alles, was zählte, war, dass sie einen der Männer mit einem Messer angegriffen hatte, und noch schwerer wog, dass sie sich mit einer Lüge hier an Bord geschlichen hatte.

Mädchen hatten an Bord nichts zu suchen, Mädchen brachten einem Schiff nur Unglück.

Mädchen hatten zu dienen und Männern zu Willen zu sein; Katya hatte geglaubt, nur ihr Vater und die drei ältesten Brüder dachten so. Bei ihrem Großvater hatte sie nichts als Wärme und Güte erlebt, und Grischa neckte sie manchmal, aber er hatte ihr nie das Gefühl gegeben, dass sie weniger wert war.

Doch offenbar hielt sich jeder dahergelaufene Bursche, jeder schmutzige und zahnlückige Seemann für etwas Besseres, weil er dieses Anhängsel zwischen den Beinen hatte. Eine Ungerechtigkeit, die sich glühend durch Katya brannte, tiefer als die Spuren der Schläge, der Tritte.

Grischa regte sich neben ihr. »Das muss dir nicht leidtun.«

Mit Ellbogen und Fäusten hatte er sich durch das Gedränge in der Kombüse gekämpft, dem lautstarken Tumult aus Hohn und Jähzorn und dem sadistischen Spaß daran, dass an Bord endlich etwas los war.

Einen fleckigen und blutverschmierten Lappen um die Hand gewickelt, hatte Anton einen Fluch nach dem anderen ausgespuckt – Luder, Miststück, Möse –, während ein Matrose Katya im Nacken gepackt hielt wie einen bissigen Welpen. Ihr Gesicht war gerötet und geschwollen gewesen, doch hinter unerwünschten Tränen hatte ein erbitterter Zorn gefunkelt.

Mehr hatte Grischa nicht sehen müssen und sich auf Anton gestürzt; die Kraft zweier Männer war nötig gewesen, Grischa von ihm fortzureißen.

Dieselben zwei Männer, die ihn auf Befehl Kapitän Borodins in den Laderaum geschleift hatten, während ein anderer eine um sich schlagende Katya über der Schulter trug, als wäre sie ein Sack Korn.

Seine Finger lockerten sich, um sich gleich darauf wieder zu Fäusten zu ballen.

Sein Hass auf Anton und den Kapitän und die anderen Männer versickerte zunehmend in einem Gefühl der Erleichterung.

Mit so vielen fremden Männern auf engstem Raum zusammengepfercht zu sein hatte ihn verwirrt. Das Spiel ihrer Muskeln an Deck, ihre zotigen Witze und Prahlereien und wie sie sich gegenseitig gegen die Schulter boxten und grölend in den Schwitzkasten nahmen, ließ Grischas Blut mal in seinen Kopf schießen, dann wieder in seinen Unterleib.

Wie früher zu Hause, zur Erntezeit auf den Feldern des Grundherrn, wenn ein hübsches Bauernmädchen auf einem Karren vorbeifuhr oder die Brüste der Frauen beim Sensen und Garbenbinden wogten, ihre Blusen halb durchsichtig vor Schweiß.

Unter dem Gestank an Bord lag etwas dunkel Triebhaftes in der Luft. Hier unten eingesperrt zu sein, das befreite ihn für den Moment von dieser verstörenden Verlockung, mit der er nichts anzufangen wusste.

»Was haben sie mit uns vor?«, fragte Katya in seine Gedanken hinein.

Dass sie heute an etwas weit Schlimmerem als Antons schweißfeuchten Händen und Prügel vorbeigeschrammt war, das sie hier an Bord jederzeit doch noch einholen konnte, schmeckte gallebitter auf ihrer Zunge.

Grischa konnte ihre Angst heraushören.